Dienstag, 19. Dezember 2023

Die berühmten zwei Prozent

Wie verklickert man einem Volk in Zeiten des Sparens immense und steigende Rüstungsausgaben?
Wie verklickert man einem Volk ohne funktionierendes Schienennetz in Zeiten des Sparens immense und steigende Rüstungsausgaben?
Wie verklickert man einem Volk ohne funktionierendes Schienennetz und ohne Handyempfang in Zeiten des Sparens immense und steigende Rüstungsausgaben?
Wie verklickert man einem Volk ohne funktionierendes Schienennetz und ohne Handyempfang und mit Schulen, die in sich zusammenfallen, in Zeiten des Sparens immense und steigende Rüstungsausgaben? (...ich rede übrigens von der BRD...)

Das ähnelt jetzt dem wunderbaren Spiel «Ich packe meinen Koffer», Sie kennen das sicher, ein Spiel ohne Würfel und ohne Spielbrett und ohne Karten und – man kann das nicht genug hinausschreien – ohne Elektronik, mit dem wir aber unzählige Zugfahrten verkürzten.

Aber ich schweife ab, wir waren bei den Rüstungsausgaben.
War da nicht so ein Weihnachtstext, eine Jesaja-Prophezeiung, in der es «Schwerter zu Pflugscharen» hiess? Nun, Pflugscharen sind ja nun nicht das Problem, aber jemand könnte ja auf die Idee kommen, hier von «Schwerter zu Schienen» oder «Pfeile zu G5-Antennen» oder «Kasernen zu Schulhäusern» zu reden…

Wie verkauft man nun die Devise «Rüstungsetat rauf und Sozialetat runter»?
Die Strategen der NATO haben lange überlegt. Und dann stiessen sie auf die alte Methode, durch einen bestimmten Bezug Ausgaben klein aussehen zu lassen. Die BIP-Idee.
Sie kennen ja alle die Rechnung von den hunderttausend Hilfsorganisationen, die ja gerade in der Adventszeit auf Geldfang gehen:
Nur 1 Euro pro Tag hilft Zuraide, wieder sehen zu können.
Das klingt besser als:
Nur 7 Euro pro Woche hilft Zuraide, wieder sehen zu können.
Noch schlechter klänge:
Nur 30 Euro pro Monat hilft Zuraide, wieder sehen zu können.
Katastrophal, wirklich katastrophal wäre:
Nur 365 Euro pro Jahr hilft Zuraide, wieder sehen zu können.
Obwohl ja nach Adam Riese alle Angaben genau die gleiche Summe angeben.

Die NATO-Werber haben nun das BIP entdeckt.
Das Bruttoinlandsprodukt (in der Schweiz auch Bruttoinlandprodukt, offizielle Abkürzung: BIP; englisch gross domestic product (GDP)) ist eine volkswirtschaftliche Kennzahl, die den Gesamtwert aller Waren und Dienstleitungen angibt, die während eines Wirtschaftsjahres innerhalb der Landesgrenzen einer Volkswirtschaft als Endprodukte erwirtschaftet wurden, nach Abzug aller Vorleistungen. (so Wikipedia)

Die NATO-Staaten haben nun vereinbart, dass jedes Mitglied 2% seines BIP für Panzer, Flugzeuge, Raketen und Bomben ausgibt.
Klingt nicht viel, oder? Das Schöne ist, dass niemand weiss, wie hoch das BIP ist. Und das ist der Trick. Wollen Sie mal schätzen? Ach, Sie liegen garantiert zu tief. Das Bruttoinlandprodukt lag 2022 in der BRD bei 3,88 Billionen Euro. In Zahlen wären das 3880000000000 Euro (mein Erzengel wird jetzt wieder die fehlenden Strichlein monieren, aber ungegliedert sehen eben 3880000000000 Euro noch mehr aus…)
2 Prozent dieses Bruttoninlandproduktes wären dann 77,6 Milliarden. 77,6 Milliarden für Panzer, Flugzeuge, Raketen und Bomben. Rund ein Siebtel der Ausgaben. Das klingt aber nun viel schlechter als die 2 Prozent.
Und deshalb ist die Sache mit dem BIP so überaus genial, weil sie so harmlos klingt.

Allerdings haben die immensen und steigenden Rüstungsausgaben zwei Vorteile:
Der Russe wird uns nicht angreifen, weil wir 2% des BIP spendiert haben und jetzt so viele Panzer, Flugzeuge, Raketen und Bomben besitzen. Von Gewehren und Granaten und anderen schönen Dingen ganz zu schweigen.
Der Russe wird uns aber auch nicht angreifen, weil er dieses kaputtgesparte Land gar nicht mehr will. Was will der Iwan mit einem Land, in dem keine Züge fahren?
Was will der Iwan mit einem Land, in dem keine Züge fahren und die Menschen keine Schulbildung haben?
Was will der Iwan mit einem Land, in dem keine Züge fahren und die Menschen keine Schulbildung haben und sein Handy keinen Empfang hat?
Sehen Sie.

In diesem Sinne also weiter: «Pflugscharen zu Schwertern».

So, genug für heute. Ich gehe einen Kaffee trinken.
Ach, Sie meinen ich gebe zu viel Geld für Kaffee aus. Stimmt gar nicht. Ich sage das Ihnen bald einmal, wenn ich herausgefunden habe, in welcher Relation das am besten aussieht…

 

 

 

 

 

 


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