Dienstag, 12. Dezember 2023

Vom Glück des Chat-Aufräumens

«Rauswerfen macht glücklich.» «Rausschmeissen macht glücklich.»
Wenn Sie diesen Satz googeln, dann erhalten Sie vor allem Links, die sich auf das Ausmisten und Ausräumen von Wohnungen beziehen, so nach dem Motto «Simplify your life». Ich will jetzt gar nicht auf dieses blöde Thema eingehen, es ist deshalb so blöd, weil ja die einen, die das toll finden, eh schon alles ausgemistet haben und die anderen, die es eigentlich anginge, sich von keinem Gegenstand trennen können, nein, ich will jetzt auf das nicht eingehen, das wäre einen eigenen Post wert, ich möchte auf das Rauswerfen, das Rausschmeissen von Menschen eingehen.

Rauswerfen, Rausschmeissen (von Menschen) macht glücklich.
Wenn Sie das Internet befragen, dann werden Ihnen drei verschiedene Varianten genannt:
* das physische Rauswerfen von Leuten aus Räumen, Arealen und Gebäuden
* das Entlassen von Leuten aus Arbeitsstellen
* das Streichen von Leuten aus Listen, Verzeichnissen, Chats, Gruppen usw.

Das physische Rausschmeissen, so toll ich es fände, kommt für mich nicht in Frage. Ich fände es super, Menschen einfach am Schlafittchen zu packen und vor die Türe zu stellen, oder gleich sie flach zu werfen. Aus dem Fenster zu schmeissen. Und das ist jetzt gar nicht so unkultiviert, so pöbelhaft, immerhin lüpften in Prag ja Diplomaten andere Diplomaten aus dem Fenster, immerhin hat Mörike ja ein Gedicht geschrieben, in dem er einen Kritiker die Treppe hinunterwirft. Aber ich schweife ab. Ich wollte sagen, dass die Bodyguard-Masche für mich nix ist. Hier bräuchte ich das, was der Volksmund als Muckis bezeichnet, und das baue ich einfach nicht auf. Ich habe (im Ernst! im Ernst!) einmal ein halbes Jahr Fitness gemacht und damit nur meine Gelenke und Sehnen ruiniert.
Nein, die Am-Kragen-Packen-Sache müssen andere machen.

Auch das Kündigen ist ausserhalb meiner Reichweite, ich habe keine Angestellten. Ich könnte natürlich bei Human Resources anfangen, aber kann ich da beim Vorstellungsgespräch sagen, dass ich den Job nur machen will, weil ich Leute vor die Türe setzen möchte? Und braucht man da nicht auch irgendwie eine Kaufmannsausbildung?

Bleibt also das Streichen von Menschen aus Listen, Chats usw. Und hier gibt es tonnenweise zu tun. Schauen Sie sich doch nur mal z. B. den Whats App-Chat des WG-Hauses Hodlerstrasse 5 in Zürich an, in dem Haus gibt es je eine WG auf den vier Stockwerken, alle mit 3 Personen, macht nach Adam Riese zwölf, aber in dem Chat sind 40. Hier ein Beispiel:

Tristan: Ich habe bis morgen mein Velo vor dem hinteren Keller stehen. Ist das OK?
Marco: Völlig ok.
Finn: Absolut.
Lynn: Kein Problem.
Bea: Marco, schön, dass du es OK findest, aber wieso meinst du, du kannst das erlauben?
Marco: ???
Finn: Du WOHNST nicht mehr hier.
Tristan: Wieso bist du eigentlich noch im Chat?


Bea: Ich bin gerade beim Kuchenbacken und das Mehl reicht nicht.
Marco: Ich habe drei Packungen im Kasten.
Bea: Scherzkeks.
Marco: ???????
Tristan: Du wohnst in Chur. Wie soll Bea an 200 Kilometer entferntes Mehl kommen?
Lynn: Wieso bist du eigentlich noch im Chat?

In allen solchen Kommunikationsplattformen tummeln sich Leute, die längst nicht mehr hineingehören. Daher habe ich eine neue Geschäftsidee entwickelt; meine Firma SpeedExpell® wird Chats aufräumen. Ich mache das in vier Schritten:
Erstens: Ich lasse mich zum Admin ernennen und mir eine Liste der erwünschten Teilnehmer geben.
Zweitens: Ich schreibe sehr nett, dass dies doch ein Orga-Chat sei und dass Ehemalige, die noch Kontakt wünschen, andere Möglichkeiten haben usw. und setze eine Frist.
Drittens: Ich warte, bis einige (es sind stets nur etwa 3%) das Schiff verlassen…
Viertens: Der Hochgenuss, ich gehe an die Arbeit:

Du hast Marco entfernt.
Du hast Sabine entfernt.
Du hast Torben entfernt.
Du hast Bea entfernt.

Kaum eine Sache macht so Spass wie Rauswerfen, Rausschmeissen, Rausbefördern, Expedieren, Expellieren, Entfernen.
Und wenn man die physischen Kräfte, sprich Muckis, nicht hat und auch nicht Chef oder HRler ist, dann muss man es in Chats machen.

Und das macht genauso Spass.

 

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