Dienstag, 21. November 2023

Die weinende Aussenministerin

Es gibt echte und falsche Tränen.

Echte Tränen weinen wir alle, wir weinen, wenn uns der Mensch neben uns im Bus auf den Fuss tritt, wenn ein Organ schmerzt, wenn der Doktor uns piekt, wir weinen aber auch, wenn das Leben es schlecht mit uns meint, wenn wir Unglück und Schmach erfahren, wenn uns die Liebe entzogen wird und wir verlassen werden. Und das obwohl die Zarah sang:

Nur nicht aus Liebe weinen
Es gibt im Leben nicht nur den einen…

Aber manchmal hält man es aber mit Rosenstolz

Kein Make-up, verletzte Seele
Lass den Tränen freien lauf
Brauch den Arm, der mich jetzt festhält
Bitte fang mich wieder auf…

Unechte Tränen weinen wir, wenn chemische Substanzen unsere Netzhaut und unsere Augen reizen. Das klassische Beispiel ist hier das Zwiebelschneiden, die Zellwand der Zwiebel enthält die schwefelhaltige Aminosäure Iso-Alliin. Beim Schneiden wird das Enzym freigesetzt und kommt so in Kontakt mit der Aminosäure, das Ergebnis: Das reizende Gas Propanthial-S-oxid entsteht. Sobald es verdunstet und die Gase in unsere Augen gelangen, fangen sie an zu tränen.
Genauso werden die Augen gereizt, wenn Sie sich auf Demos begeben und da Stunk machen: Das heisst ja nicht umsonst «Tränengas».
Schauspielerinnen und Schauspieler, die weinen müssen, tun etwas Ähnliches: Sie verwenden keine Zwiebeln, aber Glyzerin.

Nun gibt es aber auch die halbechten Tränen. Halbechte Tränen sind Tränen, die man produziert, aber ohne chemische Substanzen. Die Fähigkeit, einfach auf Befehl loszuheulen, loszuflennen, die Zähren fliessen zu lassen, das ist eine Sache, die nur wenigen Menschen vorbehalten ist.
Aber eine praktische Sache.
Wenn Sie weinen, dann sind Sie das Opfer, dann haben Sie recht.
Wenn Sie heulen, dann bilden Sie wie einen Kokon der Schutzbedürftigkeit um sich.
Wenn Sie flennen, wird man sie weiter nicht behelligen.
Wenn Sie greinen, sind Sie König.

Meine Oma (nicht die Berliner!) konnte das, als sie, zum ersten Mal in ihrem Leben fliegend, und dann gleich von Stuttgart nach Miami, am JFK umsteigen musste, war sie natürlich vollständig überfordert. Sie stellte sich dann einfach irgendwo hin und weinte. Lange und hemmungslos. Und es kam ein Offizier der US-Luftwaffe, der die «old German Lady» einfach unterm Arm zum richtigen Gate bugsierte…

Eine Meisterin des Weinen-Könnens war Margarethe Schreinemakers. Die Talkerin liess so mitfühlend, so empathisch, sie liess so emotional und therapeutisch ihre Zähren rinnen, dass die Menschen, die bei ihr sassen, vergassen, wo sie waren. Sie wähnten sich in einer mitfühlenden, empathischen, therapeutischen Zweierrunde und waren doch für 4000000 Leute sichtbar. Sie erzählten alles, und erst viel später merkten sie den Betrug.
Dies war so unverschämt und impertinent, dass sogar das Magazin «Psychologie Heute» sich der Sache annahm und darüber berichtete – und warnte!
Und der Witz ging um:
Was heisst «Margarethe Schreinemakers» auf Schwedisch?
«Flenne-Henne»

Natürlich hat auch Meister-Talkerin Oprah Winfrey die Mit-Heulerei in ihrem Programm, aber dezenter. Sie kann schlicht und einfach alle Gefühle auf Knopfdruck abrufen und ist deshalb wohl die begehrteste Talkerin der USA. (Und wahrscheinlich auch die reichste…)

Neu im Stall der Flenne-Hennen (bitte die Sonanten «l» und «n» sehr lange aussprechen, dann klingt es so schön schwedisch: Fllllllllllennnnnnnnnnnne Hennnnnnnnnnnnnne) ist Annalena Baerbock. Die deutsche Aussenministerin faket ihre Gefühle nicht, aber sie ist in der beneidenswerten Lage, zum passenden Gefühl die passenden Tränen abrufen zu können. Und insofern sind ihre Zähren halt auch nur halbecht und nicht echt:
Baerbock steht an Yad Vashem und ihre Augen gehen über.
Baerbock steht in Kiew und die Tränen fliessen.
Baerbock denkt an hungernde Kinder und heult.
Baerbock redet über die Not der Welt und in ihren Augen glitzert es. 
Und all das wird ihr als «emotionale Politik», ja gar als «authentische Politik» ausgelegt. Merkt denn niemand, dass sie quasi betrügt?
Also quasi.
Wirklicher Betrug wäre es, wenn sie Glycerin oder Zwiebeln benutzen würde, das macht sie nicht.

So.
Genug für heute.
Ich gehe ein wenig Weinen üben, wer weiss, wann man das noch braucht.

P.S. Die Stuttgarter Oma war die Schwiegertochter der Bauersfrau.

P.P.S. Natürlich muss man auch die Songs von der Leander mit gelängten Sonanten singen: Nnnnnnnnnurrrrrrrrrr nnnnnnnnicht aus Llllllllllllliebe weinnnnnnnnnnnnnnennnnnnnnn



 

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