Oh – mein
Post vom Dienstag hat ja noch eine ganz andere Bedeutung bekommen. Zum Glück
habe ich darübergeschrieben, was meine Idee war.
Ich habe
einem der grössten Künstler des 20. Jahrhunderts drei Gedichte gewidmet. Und
weil Christo stets die Vergänglichkeit seiner Projekte betonte, vergänglich und
zeitlich befristet seien sie, so wie das Leben selbst, handelten alle drei von
Vergänglichkeit und Vergehen, von Tod, Herbst und Nacht. Wenn Sie sich nicht
erkannt haben, hier noch einmal die Anfänge:
Über allen
Gipfeln
Ist Ruh
Es war,
als hätt der Himmel
Die Erde
still geküsst
Die
Blätter fallen, wie von weit
Als
welkten in den Himmeln ferne Gärten
Und wenn Sie
jetzt denken, was ein Kumpel von mir dachte, nämlich dass ich da einfach so
schwarze Balken in der Gedichtform gemacht hätte… Weit gefehlt! Das wäre Christo
nicht würdig gewesen. Ich habe wirklich verhüllt. Ich habe die Texte
gecopypasted, habe sie dann schwarz unterlegt und die Textfarbe schwarz
gemacht. Das können Sie nur sehen, wenn Sie die Balken markieren.
So wie Sie 1998 in der Fondation Beyeler auch einfach hingehen konnten und die Bäume angucken, wenn die Securitas Sie nicht vorher erwischte.
So wie Sie 1998 in der Fondation Beyeler auch einfach hingehen konnten und die Bäume angucken, wenn die Securitas Sie nicht vorher erwischte.
So weit, so
gut.
Nun habe ich
gemerkt, dass meine Schwärzung noch eine ganz andere Bedeutung hatte. Am
Dienstag publizierten viele Menschen, darunter auch viele Prominente, schwarze
Beiträge im Internet. Und wenn ich «schwarz» schreibe, dann meine ich auch
schwarz. Da wurden schwarze Fotos auf Instagram gepostet und schwarze Videos
auf YouTube. Da war der Bildschirm einfach schwarz.
Diese
Bedeutung hatte ich keineswegs geplant, aber wenn man das so mitlesen möchte,
dann ist das OK.
Zum Glück.
Das ist ja
so eine Sache, manchmal bekommen Dinge auf einmal ganz andere Deutungen. Da
können wir gerade das Gedicht oben nehmen: Als der alte Goethe es wieder las,
waren die letzten Zeilen nicht mehr auf die Nacht, sondern auf den Tod bezogen –
das hatte der junge Johann Wolfgang gar nicht gemeint:
Warte
nur, balde
Ruhest du
auch
Auch Bea
Miller hätte wahrscheinlich nicht gedacht, dass man einen ihrer Songs sehr
missverstehen könnte:
Somebody get me a hammer
Wanna break all the clocks and the mirrors…
Der Song
heisst übrigens «I can`t breathe». Aber es geht nicht um George Floyd,
definitiv nicht, denn Bea hat das Lied 2017 veröffentlicht und da war von Floyd
noch keine Rede. Aber merkwürdig ist es schon.
Und was ist
mit allen den Priestern, die an den nächsten Sonntagen hinknien werden? Wird
das nicht auch als Geste der Solidarität verstanden werden? Oder wird man
begreifen, dass sie nur etwas machen, was sie immer tun? Und was wird der
Pontifex Maximus, der Bischof von Rom, was wird der Nachfolger auf dem Stuhle
Petri und der Stellvertreter Gottes, der gute Franzi dazu sagen? Wird er selber
knien und wie wird man das verstehen?
Ich meine,
diese Ich-halte-meine-Bibel-hoch-und-lasse-dafür-die-Strasse-räumen-Aktion wäre
eigentlich ein Wort wert gewesen, nicht nur seitens amerikanischer Bischöfe. Da
hätte der Pontifex Maximus, der Bischof von Rom, der Nachfolger auf dem Stuhle
Petri und der Stellvertreter Gottes, der gute Franzi schon ein klares Statement
abgeben können:
Don`t hold the Bible!
Read it!
Diese
Bibelsache wäre ja eigentlich so lustig gewesen, dass man vor Lachen nicht mehr
hätte atmen können, wenn sie nicht zum Weinen wäre.
Ich habe
also am Dienstag mein Scherflein zum Blackout Tuesday beigetragen. Völlig
unfreiwillig, aber im Nachhinein gerne. Ich hätte die Gedichte nämlich aus
silbergrau oder rot einfärben können. Aber ich habe Schwarz genommen, obwohl
Christo diese Farbe nie verwendete.
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