Freitag, 19. Juni 2020

Das Chrüsimüsi bei den Bädern


Seit einer Woche kann ich endlich wieder ins Gartenbad St. Jakob. Ich habe mein Abo gelöst (dieses Jahr nur 65.--) und ich habe meine Kabine gemietet (dieses Jahr nur 70.--) und bin sehr glücklich. Endlich kann man wieder seine Bahnen ziehen.

Aber halt!
Stopp!
Stopp und Halt!

Eigentlich kann man schon seit dem 11.5.2020 wieder ins Hallen- oder Freibad. Seit diesem Datum erlaubt der Bundesrat der Eidgenossenschaft die Öffnung der Bäder. Ich erinnere mich noch: Am Wochenende vor jenem Montag ging ich auf die Homepage der Schweizer Badefanatiker, www.badi-info.ch, (jetzt staunen Sie, die Homepage gibt es wirklich!!!) und machte mich schlau. Ich versuchte mich schlau zu machen, denn die Info war enttäuschend. Es hiess dort, man müsse sich noch ein wenig gedulden, viele (eigentlich alle) Bäder blieben geschlossen, ausser zwei Hallenbäder in Bern. Und da ich in Solothurn arbeite, wurde das Hallenbad Hirschengraben zu meinem Sportort. Sie hatten das dort optimal gelöst, Eingang und Ausgang getrennt, zwei Desinfektionsspender aufgestellt, maximal 20 Leute im Bad – c`est tout. Der Hinweis auf den Abstand war obsolet, denn normale Menschen halten in einer Garderobe sowieso Abstand, niemand nimmt einen Schrank direkt neben einem belegten und in der Dusche geht man auch nicht in den Nachbarstrahl.

Dann: O Wonne! Oberwil (vor der Toren Basels) öffnete sein Hallenbad. Wobei «öffnen» hier eine etwas merkwürdige Bedeutung hat. Man nahm sich nicht etwa die Erfahrungen aus Bern zum Vorbild, man versuchte sich nicht mit ähnlichen Strategien, nein, man ging hier einen eigenen, strengeren, einen rigideren und härteren Weg:
*  Das Bad wurde je 90 Minuten für 4 Personen geöffnet, die dann je eine eigene Bahn hatten. Nach 90 Minuten wurde die Anlage 30 Minuten gereinigt und desinfiziert.
** Natürlich mussten die Personen sich vorher telefonisch anmelden. (Kleines zusätzliches Bonmot: Jede Person musste eine eigene Telefonnummer angeben, auch wenn zwei Personen in EINEM Haushalt leben, man wollte ZWEI Nummern.)
*** Ich habe in meinem ganzen Leben noch nie so viel Absperrband gesehen! Jeder Zentimeter, jeder Millimeter, jede Ecke und jeder Winkel, alles, wohin man aus Versehen gehen könnte, war mit Absperrband zugeklebt. Man beachte bitte noch einmal: Es waren eh nur 6 Personen im Bad, zwei Bademeister und 4 Schwimmer.

Aber immerhin: Oberwil versuchte es, wenn auch ungeschickt und übertrieben. Anders das Hallenbad, in dem ich eigentlich ein Abo besitze, das Hallenbad Muttenz. Hier liest man auf der Homepage:
Coronavirus: Das Hallenbad steht bis zur ordentlichen Schliessung während den Sommerferien weiterhin nur für die Schwimmvereine zur Verfügung. Eine öffentliche Nutzung bedürfte eines komplexen Schutzkonzeptes, welches die Umsetzung für die kurze Zeit bis zu den Sommerferien nicht rechtfertigt. Während der Sommerferien finden Unterhaltsarbeiten statt.
Das ist entzückend! 
Erst öffnet man NICHT am 11.5., was man vom Bund her ja gedurft hätte, man lässt sich Zeit und dann lohnt es eh nicht mehr, und in den Sommerferien hat man sowieso zu. 
Nett.

Gut, werden Sie sagen, jetzt ist eh Gartenbadzeit, im Juli ist man nicht im Hallenbad, aber auch hier kann man verblüfft werden:
Nach Abwägen der verschiedenen Aspekte hat der Gemeinderat entschieden, das Freibad Büren an der Aare in der Saison 2020 nicht zu eröffnen. (Meldung vom 15. Mai)
Es ist schon ein wenig merkwürdig, dass man es nicht schafft, ein sinnvolles Schutzkonzept zu entwickeln. Denn man wusste ja seit Ende April, dass Lockerungen kommen werden. Die Läden und Restaurants haben es geschafft, merkwürdig, gell? Es könnte – das ist jetzt nur eine ganz vage Vermutung – damit zusammenhängen, dass Läden und Restaurants Geld verdienen müssen, und staatliche und städtische Einrichtungen eben nicht. Oder sogar umgekehrt: Man spart Geld. Es ist zu hoffen, dass die Bürener auf die Barrikaden gehen, sonst heisst es nämlich: Geht doch, geht doch auch ohne Badi, auch 2021 und 2022 bleiben wir zu, die Gemeindekasse freut sich.

Was machen nun Menschen, deren Badi oder Hallenbad geschlossen ist? Sie gehen in die Nachbargemeinde oder in den Nachbarkanton, die Schweiz ist ja, sagen wir mal eher kleingliedrig. So gehen z. B. die Menschen aus – um hier ein rein zufälliges Exempel zu nennen – Büren an der Aare ein wenig nach Osten und dann über eben diese Aare nach Grenchen, und die Badi dort darf sich über einen vermehrten Andrang (und Mehreinnahmen) freuen. Darf sie eben nicht, da auch jenseits des Stromes nur eine begrenzte Anzahl in die Badi darf. Dass aber der Gemeindepräsident von Grenchen den Kollegen aus dem Nachbarkanton (Grenchen ist Solothurn und Büren Bern) als «hirnloose Schoofseggel» beschimpft haben soll, ist ein nicht bestätigtes Gerücht…

Flickenteppich.
So nennen das die Deutschen, bei denen ja auch in jedem Bundesland andere Bestimmungen gelten.
Die Schweizer haben hier ein wunderbares Wort:
Chrüsimüsi.
Chrüsimüsi könnte mit Chaos, Durcheinander, Uneinheitlichkeit übersetzt werden. Wenn bei einer Sitzung herauskommt, dass die Aufgaben nicht klar verteilt sind, dann ist das Chrüsimüsi. Wenn Akten durcheinandergeraten, dann ist das Chrüsimüsi. Und wenn jede Badi macht, was sie will, dann ist das eben auch Chrüsimüsi.

Seit einer Woche kann ich endlich wieder ins Gartenbad St. Jakob. Ich habe mein Abo gelöst (dieses Jahr nur 65.--) und ich habe meine Kabine gemietet (dieses Jahr nur 70.--) und bin sehr glücklich.

Und das ist doch die Hauptsache.




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