from: service@IKEA.ch
Lieber IKEA-Kunde,
Dein vor
7 Wochen bestellter Artikel ist jetzt unterwegs. Er wird morgen zwischen 12.37 und
13.37 bei dir abgegeben. Da wir aufgrund der Corona-Krise die Logistiker und
auch dich schützen möchten, hast du die Möglichkeit uns einen sicheren Ort
anzugeben, an dem wir das Paket abstellen würden. Bitte wähle aus folgenden Möglichkeiten:
Hauseingang
|
|
Briefkasten
|
|
Haustüre
|
|
Treppe
|
|
Rückseite Haus
|
|
Blumentopf
|
Mit lieben
Grüssen
Dein
IKEA-Team
Spannend,
denke ich. Es wäre zwar noch interessant gewesen, warum eine einfache Box 49
Tage braucht – eine ganze Fastenzeit. Es wäre auch nett, wenn die Schweden
dieses Scheiss-Duzen (s.v.v.) endlich mal aufhören würden, aber die Präzision
der modernen Logistik ist schlicht und einfach beeindruckend. Da wird nicht
zwischen 12.30 und 13.30 geliefert, nein, präzis zwischen 12.37 und 13.37. Und
man kann einen Abstellplatz aussuchen. Aber was kreuze ich nun an? Bei mir ist
der Hauseingang, also auch die Türe – gibt es bei uns eigentlich Hauseingänge
OHNE Türen, haben wir das von den Schweden übernommen und gibt es in Bullerbü Eingänge
nur mit Vorhang? – bei den Briefkästen und da ist auch noch eine Treppe. Mutig,
mutig, liebe Brüder, denke ich und kreuze «Hauseingang» an.
Als ich um
14.15 vom Spazierengehen zurückkomme, ist kein Paket da. Aber ich habe eine
Mail in meinem Posteingang:
from: service@IKEA.ch
Lieber
IKEA-Kunde,
Wir haben
um ca. 12.20 versucht, deine Bestellung auszuliefern. Dies war aus folgendem
Grund nicht möglich:
Adresse ist nicht existent
|
|
Adresse ist nicht zugänglich
|
|
Hauseingang ist nicht existent
|
|
Hauseingang ist nicht zugänglich
|
XXXXXXXXXXXX
|
Bei Fragen
kontaktiere 0800 787 6565 434
Mit lieben
Grüssen
Dein
IKEA-Team
Nun wird es
spannend, denke ich, nun wird es spannend. Wieso schreiben die – abgesehen von
dem oben erwähnten Scheiss-Duzen (s.v.v.) – von «circa» 12.20? Um warum zwanzig
nach Zwölf? Sollte das Paket nicht EXAKT zwischen 12.37 (also nicht 12.36,
12.35, usw. und erst recht nicht 12.20) und 13.37 abgegeben werden? Und was war
mit meinem Hauseingang? Der war sicher zugänglich, denn wir sind 10 Parteien im
Haus, und die müssen ja von (exakt!) 00.00 und (exakt!) 23.59 hinaus- und
hineinkommen können. Ich rufe also die 0800 787 6565 434 an.
Nach 45
Minuten Vertrösten und 78 mal «Strangers in the Night» anhören – ich habe über
Hotlines ja auch schon glossiert und gesatirikt – habe ich endlich die Info: Es
sei ein «böser Hund» auf der Treppe gesessen.
Lucrezia!
Ach, Lucrezia,
du böses Tier!
Lucrezia ist
die Hündin meiner Nachbarin Lola. Lola, die ich nun auch sofort aufsuche.
Lola
bestätigt mir, dass sie mit Lucrezia Gassi gehen wollte, dann etwas vergessen
hatte und nochmal in den 5. Stock fuhr. In dieser Zeit, es seien aber keine 10
Minuten gewesen, habe Lucrezia auf der Treppe gewartet. Während wir noch am Reden
sind, kommt Lucrezia aus der Wohnung, schaut mich schmachtend an, streift um
meine Beine und leckt ein wenig zärtlich an meinem Fuss. Nein, ich habe keine
Angst vor ihr, denn…
denn…
Denn
Lucrezia ist eine Zwergpudeldame.
Ach, denke
ich ein paar Stunden später, SIC TRANSIT GLORIA MUNDI.
Es ist nicht
alles besser geworden in der Logistik. Gut, in meiner Jugend
……konnte
niemand beim Absender sagen, ob das Päckchen schon losgegangen ist.
……konnte
niemand dir eine genaue Lieferungs-Zeit sagen.
……konnte man
keinen Abstellort angeben.
……konnte
kein Mensch seine Lieferung «nachverfolgen».
Aber die
Briefträger waren Helden!
Sie kamen zu
Fuss (und nicht im Elektrokärrelein wie jetzt), sie kamen bei Wind und Wetter,
bei Hagel und Sturm, sie kamen bei Blitz und Donner, sie erschienen bei Schnee
und Graupel, bei Tornado und Meteoritenfall. Und sie nahmen es mit jedem Hund
auf, keine Dogge war ihnen zu gross und kein Schäfer zu bissig, kein Boxer war
ihnen zu gefährlich und kein Bernhardiner zu mächtig. Notfalls wurde mit Waffen
gearbeitet, die Pöstler hatten Schleudern, Blasrohre und Pfefferspray dabei, und
notfalls auch mal einen Colt.
Ja, das
waren noch Zeiten!
Ich werde
Spenden sammeln für ein Denkmal:
DEM TAPFEREN
BRIEFTRÄGER
Es wird so
ähnlich aussehen wie der Tell in Bern.
Also
natürlich: Spenden sammeln nach Corona, jetzt hat ja niemand Geld übrig.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen