Was ich
Ihnen schon immer einmal sagen wollte:
Ich hasse
Sie.
Ja, Sie
genau, Sie, die Sie das gerade lesen, ich hasse Sie mit einer enormen Wucht und
Kraft, ich hasse Sie mit voller Überzeugung und aus tiefstem Herzen, ich hasse
Sie grundsätzlich und prinzipiell.
Ich hasse
alles an Ihnen, Ihre Nase und Ihre Ohren, ich hasse Ihren Körperbau und Ihre
Frisur, Ihre Kleidung, Schuhe und Ihre Accessoires. Ich hasse Ihre Art zu reden
und Ihre Art zu schauen, ich hasse Ihre Wohnung, jedes Möbel, jeden Teppich und
jeden Vorhang.
Ich hasse
Sie.
Mein Hass
ist ganztäglich und vollstündlich, mein Hass ist global und weltumspannend, er
ist weltalldurchdringend und äonenlang, er ist tiefgründend, festbohrend und
fundamentalös, er ist nicht zu halten, zu bremsen oder zu stoppen.
Nicht von
Harry (…Potter, Sie Idiot! Nicht der Prinz, der keiner mehr ist…) und nicht von
Frodo und erst recht nicht von Kodo.
(Kodo
hiessen eben die beiden Frauen, die in jenem Song die Liebe bringen wollten – und
ich düse, düse, düse im Sauseschritt und bring die Liebe mit von meinem
Himmelsritt – aber keine Chance gegen die Männer hatten – Hässlich, ich
bin so hässlich, ich bin der Hass.)
Jetzt werden
Sie sich fragen, wodurch Sie meinen Hass ausgelöst haben, und da muss ich Ihnen
sagen: Durch gar nichts, ich hasse einfach fast alle Menschen. Natürlich auch
mich selber, ich selbst stehe ganz an der Spitze meiner persönlichen
Hate-Charts. Ich hasse alle Menschen, ich halte den Homo Sapiens für eine
totale Fehlkonstruktion, eine schlechte Laune der Evolution, die sie eigentlich
längst hätte aussortieren müssen.
Kommen Sie
mir jetzt nicht mit Molière! Alceste im «Misanthrope» ist ja eigentlich gar
keiner, er ist einfach ein Mensch, der ohne Heuchelei lebt und den anderen
stets sagt, was er von ihnen hält und dadurch macht er sich bei Hofe unmöglich,
aber ein wirklicher Hasser ist er nicht.
Ich hasse
Sie. Ich hasse Sie, wenn Sie sich im Zug mir gegenübersetzen und mich anglotzen
und ich hasse Sie, wenn Sie an der Supermarktkasse vor mir stehen und ihre
miserabelen (sic) Einkäufe aufs Band legen. Ich hasse Sie, wenn Sie im
Schwimmbad neben mir unter der Dusche stehen und ich hasse Sie, wenn Sie an
meinem Fenster vorbeilaufen.
Ich hasse
Sie, weil Sie Ausländer sind.
Ich hasse
Sie, weil Sie kein Ausländer sind.
Ich hasse
Sie, weil Sie schwul sind.
Ich hasse Sie,
weil Sie nicht schwul sind.
Nun fragen
Sie sich natürlich, ob es irgendein Gesetz, ob es irgendeine Regel gibt, ob
irgendein Paragraph existiert, der Sie vor meinem Hass schützt.
Und da muss
ich Sie enttäuschen:
Gibt es
nicht.
Sie sind vor
den Auswirkungen meines Hasses geschützt, das wohl, aber gegen meinen Hass
können Sie nichts machen. Ich darf Sie nicht öffentlich beleidigen, ich darf
Sie nicht stalken, ich darf Sie nicht angreifen, das schon, aber hassen darf
ich Sie. Die Paragraphen des Gesetzbuches verbieten mir
·
Ihnen eine tote Ratte in den Briefkasten zu
legen (grober Unfug)
·
Ihnen Kanonenkugeln aufs Dach zu schiessen
(Sachbeschädigung)
·
Ihnen einen Baseballschläger in den Solarplexus
zu rammen (Körperverletzung)
und
neuerdings auch
·
Sie in den Sozialen Medien eine
«schwule/türkische/jüdische/lesbische/afrikanische/islamische Sau» zu nennen
(Diskriminierung)
Aber ich
darf Sie hassen. Ich darf dieses Gefühl haben, solange ich ihm keine Gewalt und
keinen Ausbruch folgen lasse. Gefühle sind erlaubt – vor allem, weil sie nicht
kontrollierbar sind.
Insofern ist
es absolut irreführend, wenn Kampagnen (wie neulich die in der Schweiz) damit
werben, sie könnten «vor Hass schützen». Das können Sie nämlich nicht. Man kann
vor den Auswirkungen des Hasses geschützt werden, vor verbalen oder
materialistischen, der Hass ist nicht verhinderbar.
Das ist zwar
sehr, sehr, sehr schlimm…
Aber so ist
der Mensch. Schon in der zweiten Generation der Menschheit war er da: Kain
hasste seinen Bruder Abel, weil Gott dessen Opfer annahm. Aber Kain wurde nicht
verbannt, weil er Abel hasste, sondern weil er seinem Hass einen ziemlich
drastischen Ausdruck verlieh: Wie Sie wissen, schlug er diesen tot.
Was ich
Ihnen schon immer einmal sagen wollte:
Ich hasse
Sie.
Ja, ich
hasse Sie mit Wucht und Kraft, ich hasse Sie mit voller Überzeugung ich hasse
Sie grundsätzlich und prinzipiell.
Ich hasse
alles an Ihnen, ich hasse Ihren Körperbau und Ihre Frisur, Ihre Kleidung, Ihre
Accessoires.
Aber ich werde
meinem Hass keine Taten folgen lassen.
Insofern
brauchen Sie auch nicht zur Polizei zu gehen.