Freitag, 21. Juni 2019

Löcher


Wissen Sie, was das ist? Eine
durch Beschädigung, [absichtliche] Einwirkung o. Ä. entstandene offene Stelle, an der die Substanz nicht mehr vorhanden ist (nach Duden)
???

Ganz einfach. Es ist ein Loch.
Löcher faszinieren. Löcher sind eben nach dieser Definition ein Nichts, aber ein Nichts, das ohne ein Etwas nicht existieren kann. Wenn ihre Hose ein Loch hat, und Sie verbrennen die Hose, dann verschwinden auch das Loch; wenn Sie Löcher in einer Bretterwand haben und sie reissen die Bretterwand ein, nun, dann ist auch das Loch kaputt. Genauso verhält es sich mit Löchern im Emmentaler (Vernichtung durch Aufessen) oder Löchern im Papier (Vernichtung durch Zerrupfen).
Nun können Sie einwenden, dass man Löcher auch durch Ausfüllen, Stopfen, dass man sie durch Ergänzen und Zukleben, dass man Löcher durch Spachteln und Gipsen, durch Ausspänen und Dichten beseitigen könnte.
Kann man eben nicht. Die Archäologie kennt den Spruch «Nichts ist so beständig wie ein Loch.» Will heissen, ein vor 2000 Jahre ausgehobenes Fundament ist immer noch erkennbar, auch wenn x-mal Erde nachgefüllt wurde.

Ich hoffe, Sie können gerade lesen? In Ruhe? Und sind nicht gerade in einem Funk-Loch?
Ich möchte Ihnen nämlich drei der schönsten Löcher und Löcherarten vorstellen.

a)  Das Meier-Loch

Die Sprachgeographie des Deutschen kennt das Phänomen, dass in der Mitte Deutschlands der Name Meier praktisch kaum auftritt (auch nicht in den Varianten Meyer, Maier oder Mayer). Man kann lange rätseln, was die Meiers, Meyers, was die Maiers und die Mayers von dieser Mitte ferngehalten hat. Die Lösung ist ganz einfach: Der Hofverwalter eines fürstlichen Hofes hiess dort Hofmann (oder Hoffmann) und nicht Meier. Es wäre nun spannend zu erfahren, wie sich ein Meier (oder Meyer oder Mayer oder Maier) vor 150 Jahren im Meier-Loch gefühlt hat. Gab es bei jeder Vorstellung, bei jeder Nennung seines Namens ein Stirnrunzeln. Schaute man ihn oder sie so an, wie man heute jemand mit komischer Hautfarbe oder komischer Kleidung ansieht? Wie fremd hat er oder sie sich gefühlt? Das werden wir nie herausbringen.

b) Das Leipziger Loch

Das vom Gewandhausorchester eine Zeit lang gepflegte Warten vor dem Schlusston eines Stückes (da-dada-damm-da…………………….daaaaaaa) ging als Leipziger Loch in die Musikgeschichte ein. Zur Entstehung ist nichts bekannt, aber wahrscheinlich ist es – wie viele Marotten, wie viele Ticks, so wie viele Unarten, Unsitten, so wie viele Spleens und Meisen zufällig entstanden. Vielleicht hat da mal ein Dirigent einfach zu lange mit dem Einsatz für den letzten Ton gewartet und das Orchester spielte eben jenen letzten Ton eben diesen Moment später. Und dann entspann sich folgender Dialog:
Orchestermusiker:          Chef, was war da mit dem Schlusston?
Dirigent:                              (denkt:) Üble Panne. (sagt :) Fand ich schön.
Orchestermusiker:         Machen wir das jetzt immer?
Dirigent:                              (denkt:) Sicher nicht. (sagt:) Ja, natürlich.
So geht es mit vielen Unsitten, die eigentlich Pannen waren. Zum Glück ist das Leipziger Loch wieder aus der Musik und damit aus der Kultur
verschwunden.

c) Das Sommerloch

Laut Wikipedia
eine Bezeichnung in Bezug auf die Massenmedien, besonders der Tagespresse und der Nachrichtenagenturen, für eine nachrichtenarme Zeit, die vor allem durch die Sommerpause der politischen Institutionen und Sport-Ligen, ferner auch der kulturellen Einrichtungen bedingt ist.
So weit, so gut.
Das Spannende ist, dass 2019 ein Jahr ohne Sommerloch zu werden scheint. Allen Journalisten und Publizisten, allen Reportern und Korrespondenten, allen Medienschaffenden und Medienverantwortlichen, allen Rundfunk- und TV-Leuten müsste eigentlich der Sommerurlaub gestrichen werden.
England hat eine Regierungskrise.
Österreich hat eine Regierungskrise.
Ja, und schliddert auch die Bundesrepublik in eine Regierungskrise, die SPD hat keine Führung mehr (oder, besser gesagt, nun auch offiziell keine Führung mehr) und die GroKo steht auf dem Spiel.
So fällt in vielen Journalistenfamilien der Satz: «Mallorca (Ibiza, Teneriffa, Tunesien, Côte d’ Azur…) ist gestrichen, bedanke dich bei May (Kurz, Nahles…)»

So, das waren drei schöne Löcher.
Aber nun genug mit diesen offenen Stellen.
Ich gehe jetzt Golf spielen.



  

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