Dienstag, 21. August 2018

Vom Entsorgen der Dinge (2)


Und weiter geht es im fröhlichen Entsorgen von Dingen, ganz nach dem Motto «Simplify your life» – «Beschränke dich auf das Nötigste» – «Ausmisten macht Spass» – «Die Freiheit des Wenigen»

Pflanzen
Wer eine Pflanze grossgezogen hat, wer sich einen Ableger holte, diesen eine Weile in ein Wasserglas stellte und zusah, wie er Wurzeln schlug, wer dann diesen in Erde tat und ihn hegte und pflegte, ihn düngte und begoss, wird diese Pflanze irgendwann liebgewinnen. Ausgeschlossen, so ein Wesen einfach abzuhauen und auf Müllsäcke zu verteilen. Das Problem bei den Pflanzen allerdings ist – und das unterscheidet sie von Tischen und Sesseln, von Betten und Büchern, das trennt sie von Stereoanlagen und Kleidern, dass sie seit dem letzten Umzug GEWACHSEN sind. Nehmen wir nur meinen Ficus: Ich weiss gar nicht mehr, von wem ich ihn geschenkt bekam oder ob ich selber kaufte, jedenfalls war er damals ein zarter Teenager von 50 cm Höhe und 70 cm Breite. Nun, als ich ein neues Heim für ihn finden musste, war er zu einem stattlichen Baum von weit über zwei Meter Höhe und weit über drei Meter Breite angeschwollen. Wohin also mit ihm? Wie gesagt, unmöglich ihn zu töten, ich wäre mit weniger Skrupel auf die Strasse gerannt und hätte zwei Passanten erstochen. Nun, beim Ficus hatte ich Glück, eine Kollegin holte ihn für ihren Wintergarten, schön, dass ich hier weiss, dass die Pflanze in besten Händen ist, es blieben aber immer noch 22 weitere. Einige konnte ich verschenken, es waren aber immer noch zwölf da. Hier kam nun der Geheimtipp: Der Zoo Basel nimmt Pflanzen.
Anruf beim Zoo: «Ich habe gehört, dass man bei Ihnen Pflanzen…» «Schon längst nicht mehr, versuchen Sie es mal bei der Stadtgärtnerei oder dem Garten-Lehrbetrieb Basel.»
Anruf bei der Stadtgärtnerei: «Ich habe gehört, dass man bei Ihnen Pflanzen…» «Schon längst nicht mehr, versuchen Sie es mal beim Zoo oder dem Garten-Lehrbetrieb Basel.»
Anruf beim Garten-Lehrbetrieb Basel: «Ich habe gehört, dass man bei Ihnen Pflanzen…» «Schon längst nicht mehr, versuchen Sie es mal bei der Stadtgärtnerei oder dem Zoo.» «Die haben schon abgelehnt, was mache ich jetzt?» «Wegwerfen.» «Aaaaarrrgggggggggggggggggghhhhhhhhh!»
Fakt ist:
Alle meine zwölf Kinder sind mit mir umgezogen, Freiheit des Wenigen hin oder her.

Geschirr
Auch eine schwer komplizierte Sache. Natürlich braucht der Mensch ein paar Teller, ein paar Tassen, er braucht ein paar Gläser und einen Topf, in meinem Fall war es nun so, dass es in der oberen Wohnung alles hat. Dazu kommt, dass «lustige Tassen» ein beliebtes Mitbringsel sind und dann stapeln sich eben die «Guten Morgen-Gute Laune»-Tassen, die «Weimar bei Nacht»-Tassen (das sind die, die von schwarz auf Bild wechseln, wenn Heisses hineinkommt), die Sprichwort-, Redensart-, die Joke- und Witztassen in ihrem Schrank.
So, und nun kommt das Entscheidende: Sie dürfen Tassen, Gläser und Töpfe nicht einfach in Müllsäcke tun, sie gelten als Unbrennbares und Unbrennbares muss separat wie Sperrgut angemeldet werden und kostet beim Entsorgen. Theoretisch dürfen Sie Unbrennbares niemals in den Hausmüll tun, theoretisch dürfen Sie nicht einmal eine einzige kaputte Tasse in den Mülleimer fallen lassen, eben weil sie Unbrennbares ist. Und die Basler Abfallwirtschaft gilt als streng, es sind schon Leute mit 100.- Busse belegt worden, weil sie ihren Müllsack eine Stunde früher als erlaubt auf die Strasse stellten. Die Basler Abfallwirtschaft gilt als streng, was Privathaushalte anbelangt, dass Sie 3000 Tonnen giftige Schwellen lagern können (wir berichteten) oder am Wochenende Ihren Partymüll ungebüsst auf dem Barfüsserplatz lassen können (davon am Freitag), das steht auf einem anderen Blatt.
Was ich also gemacht habe?
Natürlich habe ich das Geschirr in Abfallsäcke gesteckt und es so mit Textilien drapiert, dass es beim Hineinwuchten in den Müllwagen nicht klappert. Und die Stadtreinigung hat alles mitgenommen.
Aber:
Bitte verpfeifen Sie mich nicht! Ich bekomme den grössten Ärger und im schlimmsten Fall drohen bis zu 5 Tagen Gefängnis.

Möbel
Vergleichsweise einfach. Einiges konnte ich verschenken, einiges holte ein Elsässer Abholer, ein paar grössere Sachen gingen auf www.tutti.ch weg und nur wenige Stücke musste ich als Klein- und Grobsperrgut entsorgen. Hier allerdings stellt sich ein kleines Problem, nämlich das, dass pro 10 Kilogramm eine Abfallvignette anzubringen ist. Wie wiegt man Möbel? Indem man – wie übrigens auch bei Koffern für Flugreisen – sich auf die Personenwaage stellt und dann den Stuhl, Hocker oder Tisch in die Hand nimmt: Sie wiegen ohne Hocker 76 kg, Sie wiegen mit Hocker 80 kg, dann wiegt der Hocker nach Adam Riese und Eva Zwerg 4 kg. Bei sperrigen Möbeln ist dieses Wiegen eine ziemliche Akrobatik, so kippte ich beim Wiegen eines sperrigen Beistelltischchens von der Waage und zog mir eine üble Zerrung zu. Wie man übrigens ein Sofa wiegt, dass konnte mir Frau Hotline von der Basler Abfallentsorgung auch nicht beantworten…

«Simplify your life»
Unter diesem Titel weibeln Lebensberatungsbücher und Lebensverbesserungskurse für eine Reduktion, ein Reduzieren, für ein Zurückschrauben und Wenigermachen der vielen Dinge, die uns umgeben, egal ob Zen oder Franziskanisch, egal ob norddeutsch-protestantisch oder Fernost: Überall her klingt es: «Simplify! Brauchst du die vielen Ordner wirklich?», «Beschränkung! Sind 10 Hosen nicht genug!» «Ausmisten! Hast du die hässlichen Porzellanfiguren jetzt nicht lange genug angeschaut?» «Freiheit des Wenigen! Einfach weg damit!»

Ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass es einfacher ist, kompliziert zu bleiben…
  




Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen