Und weiter
geht es im fröhlichen Entsorgen von Dingen, ganz nach dem Motto «Simplify your
life» – «Beschränke dich auf das Nötigste» – «Ausmisten macht Spass» – «Die
Freiheit des Wenigen»
Pflanzen
Wer eine
Pflanze grossgezogen hat, wer sich einen Ableger holte, diesen eine Weile in
ein Wasserglas stellte und zusah, wie er Wurzeln schlug, wer dann diesen in
Erde tat und ihn hegte und pflegte, ihn düngte und begoss, wird diese Pflanze
irgendwann liebgewinnen. Ausgeschlossen, so ein Wesen einfach abzuhauen und auf
Müllsäcke zu verteilen. Das Problem bei den Pflanzen allerdings ist – und das
unterscheidet sie von Tischen und Sesseln, von Betten und Büchern, das trennt
sie von Stereoanlagen und Kleidern, dass sie seit dem letzten Umzug GEWACHSEN
sind. Nehmen wir nur meinen Ficus: Ich weiss gar nicht mehr, von wem ich ihn
geschenkt bekam oder ob ich selber kaufte, jedenfalls war er damals ein zarter
Teenager von 50 cm Höhe und 70 cm Breite. Nun, als ich ein neues Heim für ihn
finden musste, war er zu einem stattlichen Baum von weit über zwei Meter Höhe
und weit über drei Meter Breite angeschwollen. Wohin also mit ihm? Wie gesagt,
unmöglich ihn zu töten, ich wäre mit weniger Skrupel auf die Strasse gerannt und
hätte zwei Passanten erstochen. Nun, beim Ficus hatte ich Glück, eine Kollegin
holte ihn für ihren Wintergarten, schön, dass ich hier weiss, dass die Pflanze
in besten Händen ist, es blieben aber immer noch 22 weitere. Einige konnte ich
verschenken, es waren aber immer noch zwölf da. Hier kam nun der Geheimtipp:
Der Zoo Basel nimmt Pflanzen.
Anruf beim
Zoo: «Ich habe gehört, dass man bei Ihnen Pflanzen…» «Schon längst nicht mehr,
versuchen Sie es mal bei der Stadtgärtnerei oder dem Garten-Lehrbetrieb Basel.»
Anruf bei
der Stadtgärtnerei: «Ich habe gehört, dass man bei Ihnen Pflanzen…» «Schon
längst nicht mehr, versuchen Sie es mal beim Zoo oder dem Garten-Lehrbetrieb
Basel.»
Anruf beim
Garten-Lehrbetrieb Basel: «Ich habe gehört, dass man bei Ihnen Pflanzen…»
«Schon längst nicht mehr, versuchen Sie es mal bei der Stadtgärtnerei oder dem
Zoo.» «Die haben schon abgelehnt, was mache ich jetzt?» «Wegwerfen.»
«Aaaaarrrgggggggggggggggggghhhhhhhhh!»
Fakt ist:
Alle meine
zwölf Kinder sind mit mir umgezogen, Freiheit des Wenigen hin oder her.
Geschirr
Auch eine
schwer komplizierte Sache. Natürlich braucht der Mensch ein paar Teller, ein
paar Tassen, er braucht ein paar Gläser und einen Topf, in meinem Fall war es
nun so, dass es in der oberen Wohnung alles hat. Dazu kommt, dass «lustige
Tassen» ein beliebtes Mitbringsel sind und dann stapeln sich eben die «Guten
Morgen-Gute Laune»-Tassen, die «Weimar bei Nacht»-Tassen (das sind die, die von
schwarz auf Bild wechseln, wenn Heisses hineinkommt), die Sprichwort-, Redensart-,
die Joke- und Witztassen in ihrem Schrank.
So, und nun
kommt das Entscheidende: Sie dürfen Tassen, Gläser und Töpfe nicht einfach in
Müllsäcke tun, sie gelten als Unbrennbares
und Unbrennbares muss separat wie
Sperrgut angemeldet werden und kostet beim Entsorgen. Theoretisch dürfen Sie Unbrennbares niemals in den Hausmüll
tun, theoretisch dürfen Sie nicht einmal eine einzige kaputte Tasse in den
Mülleimer fallen lassen, eben weil sie Unbrennbares
ist. Und die Basler Abfallwirtschaft gilt als streng, es sind schon Leute
mit 100.- Busse belegt worden, weil sie ihren Müllsack eine Stunde früher als
erlaubt auf die Strasse stellten. Die Basler Abfallwirtschaft gilt als streng,
was Privathaushalte anbelangt, dass Sie 3000 Tonnen giftige Schwellen lagern können
(wir berichteten) oder am Wochenende Ihren Partymüll ungebüsst auf dem
Barfüsserplatz lassen können (davon am Freitag), das steht auf einem anderen
Blatt.
Was ich also
gemacht habe?
Natürlich
habe ich das Geschirr in Abfallsäcke gesteckt und es so mit Textilien drapiert,
dass es beim Hineinwuchten in den Müllwagen nicht klappert. Und die
Stadtreinigung hat alles mitgenommen.
Aber:
Bitte
verpfeifen Sie mich nicht! Ich bekomme den grössten Ärger und im schlimmsten
Fall drohen bis zu 5 Tagen Gefängnis.
Möbel
Vergleichsweise
einfach. Einiges konnte ich verschenken, einiges holte ein Elsässer Abholer, ein
paar grössere Sachen gingen auf www.tutti.ch weg und nur wenige Stücke
musste ich als Klein- und Grobsperrgut entsorgen. Hier allerdings stellt sich
ein kleines Problem, nämlich das, dass pro 10 Kilogramm eine Abfallvignette
anzubringen ist. Wie wiegt man Möbel? Indem man – wie übrigens auch bei Koffern
für Flugreisen – sich auf die Personenwaage stellt und dann den Stuhl, Hocker
oder Tisch in die Hand nimmt: Sie wiegen ohne Hocker 76 kg, Sie wiegen mit
Hocker 80 kg, dann wiegt der Hocker nach Adam Riese und Eva Zwerg 4 kg. Bei
sperrigen Möbeln ist dieses Wiegen eine ziemliche Akrobatik, so kippte ich beim
Wiegen eines sperrigen Beistelltischchens von der Waage und zog mir eine üble
Zerrung zu. Wie man übrigens ein Sofa wiegt, dass konnte mir Frau Hotline von
der Basler Abfallentsorgung auch nicht beantworten…
«Simplify
your life»
Unter diesem
Titel weibeln Lebensberatungsbücher und Lebensverbesserungskurse für eine
Reduktion, ein Reduzieren, für ein Zurückschrauben und Wenigermachen der vielen
Dinge, die uns umgeben, egal ob Zen oder Franziskanisch, egal ob
norddeutsch-protestantisch oder Fernost: Überall her klingt es: «Simplify!
Brauchst du die vielen Ordner wirklich?», «Beschränkung! Sind 10 Hosen nicht
genug!» «Ausmisten! Hast du die hässlichen Porzellanfiguren jetzt nicht lange
genug angeschaut?» «Freiheit des Wenigen! Einfach weg damit!»
Ich kann aus
eigener Erfahrung sagen, dass es einfacher ist, kompliziert zu bleiben…
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