Also…
Liebe Frau
Heidenreich
Ich wollte
Ihnen immer schon mal schreiben, weil ich das so toll finde, was Sie da so
machen bzw. schreiben, habe ich immer toll gefunden, aber ich habe lange nicht
gewusst, wie ich Sie anreden soll. Ich würde ja «Liebe Elke» lieber als «Frau
Heidenreich» schreiben, aber das könnte ja respektlos wirken. Obwohl Sie ja
damals als Metzgersgattin auch alle möglichen Leute geduzt haben, sogar die
Princess of Wales, die haben Sie sogar mit «Diana, Kind, bist du’s?» angeredet,
aber das war vielleicht etwas anderes, aller Wahrscheinlichkeit nach sicher.
Also…
Liebe Frau
Heidenreich
Ich habe
neulich in meiner Stammbuchhandlung – ja, ich habe eine Stammbuchhandlung, ich
finde, jeder Mensch sollte eine haben, finden Sie nicht auch? Ich finde es
wunderbar, dass einen die Besitzerin und die Buchhändlerinnen kennen, und dass
sie wissen, was einem gefällt und dass sie vor allem die Bücher GELESEN haben,
die sie verkaufen, und nebenbei bekommt man auch noch Kaffee angeboten, wenn
man stöbert, also, ich finde eine Stammbuchhandlung muss der Mensch einfach
haben, Sie sind da sicher meiner Meinung
Aber was
wollte ich eigentlich sagen?
Ach so, ich
habe da neulich im Olymp&Hades, so heisst nämlich meine Buchhandlung,
sollten Sie unbedingt mal besuchen, wenn Sie in Basel sind, ich wohne in Basel,
habe ich das erwähnt?, einen Band mit
Kolumnen von Ihnen gekauft, Morgen wird
alles anders.
Ich kannte
ja schon einiges von Ihnen, aber manche Glossen, manche Texte waren neu für
mich und ich fand sie alle richtig gut. Zauberhaft.
Habe ich
erwähnt, dass ich selber einen Blog mit satirischen Texten habe, die
Dienstag-Freitag-Glosse, habe ich das gesagt? Wahrscheinlich nicht, aber nun
wissen Sie’s: Ich bin auch ein bisschen auf dem Satirentrip, auf dem
Kolumnenpfad, auf dem Glossenweg unterwegs, nicht so gut wie Sie, nicht so
professionell wie Sie, nicht so lustig, nicht so treffend, aber immer bemüht. Ich
kam da eigentlich drauf, weil ich Deutschlehrer bin, und ich fand das immer
schrecklich, dass Deutschlehrer, die ja ständig Texte bewerten und beurteilen,
selber nicht mehr schreiben, und so fing ich einfach an.
Wie ich
jetzt aber Ihre Kolumnen durchlas, stiess ich auf eine, die sich mit dem Wort
«Verständnis» beschäftigte. Sie schreiben darin, dass man Sie nicht um
Verständnis bitten soll und sich nicht für Ihr Verständnis bedanken soll, weil
Sie keines haben.
Nun stutzte
ich, weil ich genau so einen Text geschrieben habe. Genauso einen, ich habe
kein Verständnis und man soll sich auch nicht dafür bedanken.
Also…
Frau
Heidenreich, da haben Sie grob abgeschrieben.
Elke, das
hast du abgekupfert.
Huch.
Jetzt habe
ich gerade noch einmal die Daten verglichen und bin auf einen prekären
Sachverhalt gestossen: Sie haben Ihre Kolumne ja vor dem Jahr 2000
veröffentlicht und meine Glosse ist vom Mai 2018, das ist ja viel später.
Peinlich.
Jetzt werden
Sie mir natürlich vorwerfen, ich hätte bei Ihnen abgekupfert, abgeschrieben,
hätte Sie imitiert und plagiiert, hätte Ihre Worte «geklaut», aber ich schwöre
bei allem was mir heilig ist, beim Klumpfuss meines Grossvaters und beim Gebiss
meiner Grossmutter, ich schwöre bei meinem Kühlschrank und meiner Stereoanlage,
beim letzten Haar meines Grosscousins und beim Hühnerauge meiner Tante:
Ich habe
Ihren Text nicht gekannt.
Also…
Wahrscheinlich
ist es so: Gewisse Sachen liegen auf der Hand, mit einem gewissen kolumnesken
Blick, mit einem gewissen glossistischen Auge, mit einem gewissen satirischen
Grundverständnis stösst man auf die gleichen witzigen Dinge, die gleichen
Blödheiten, die gleichen dummen Sachverhalte.
Die
Menschheit wird ja nicht klüger, nicht?
Die Leute
werden ja nicht gescheiter, gell?
Also…
Liebe Frau
Heidenreich
Nichts für
ungut.
Und Ihre
Kolumnen gehören zum Besten, was ich in den letzten Jahren gelesen habe. Und
Sie müssen unbedingt mal nach Basel kommen, und dann stelle ich Ihnen Yvonne
vom Olymp&Hades vor, und einen Kaffee bekommen Sie natürlich dort auch.
Und dann
gibt es bei uns auf dem Balkon was zu Essen.
Mein Partner
kocht wie ein Gott, habe ich das schon erwähnt?
Also…
In grosser
Verehrung und Dankbarkeit
Ihr
Rolf Herter
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