Donnerstag, 21. Dezember 2017

Leichte Sprache

Wir machen jetzt ein kleines Quiz: Kennen Sie diese Passagen?

Ich bin sehr glücklich.
Ich bin nämlich weg.
Lieber Freund!
Das Herz von uns Menschen ist merkwürdig.
Ich mag dich.
Ich bin oft mit dir zusammen.
Und trotzdem gehe ich weg.
Und bin glücklich.

Alphons Clenin war Dorf*polizist in Twann.
Er fand am 3.11.1948 ein Auto.
Das Auto stand an der Strasse von Lamboing.
Die kommt an dieser Stelle aus dem Wald.
Der Wald gehört zur Twann*bach*schlucht.
Das Auto war ein blauer Mercedes.



Er stand oben auf seinem Dach.
Er sah auf die Insel.
Er war der Insel*herrscher.
Er war sehr vergnügten.
Er hatte einen Gast: den König von Ägypten.
Zu dem sagte er: «Das alles regiere ich! Ich bin sehr glücklich!»

Haben Sie die Beispiele erkannt?
Nein?
Es waren die Anfänge von Die Leiden des jungen Werthers von Goethe, Der Richter und sein Henker von Dürrenmatt und Der Ring des Polykrates von Schiller.

Zugegebenermassen in einer etwas anderen Form.

Man nennt das «Leichte Sprache», und eben diese ist ein Wunderding, das sich hoffentlich bald durchsetzen wird. Die Leichte Sprache wird unser Leben vereinfachen, simplifizieren, sie wird es erleichtern und beglücken, sie wird uns Zeit und Nerven zurückschenken. Nie mehr vor einem Amtsbrief sitzen, den nur ein Jurist verstünde, nie mehr vor den Klassikern zurückschrecken, endlich auch bei Diskussionen über Adorno oder Hegel mitreden können, endlich alles kapieren. Die Leichte Sprache ist also sozusagen der Sprühreiniger der Linguistik, sie ist der Reissverschluss der Sprachwissenschaft, sie ist der Allesaufeinenruckzerkleinerer der Deutschdidaktik.

Die Leichte Sprache funktioniert nach wenigen, aber klaren Grundregeln:
Kurze Sätze.
Hauptsätze.
Wenig Fremdwörter.
Zusammengesetzte Wörter werden durch einen Punkt getrennt, den Medio*punkt.

Und nun hören wir natürlich schon wieder die Ewiggestrigen, die Berufsnörgler, wir hören die Stetsquerulanten und die Altbackenen, hören die Bildungsbürger und Sprachfetischisten jammern:
Verarmung der Sprache! Ende des Deutschen!


Und nun hören wir auch wieder die Vergeistigten, die Philosophischen, die Schöngeister, wir hören die Steinerleute und die Lyrikfetischisten, die anmerken, dass eine komplexe und schwierige Sprache für einen schönen Text eben manchmal nötig sei, dass es eben das Literarische an der Sprache ausmache, nicht immer einfach zu sein.

Aber wir werden uns nicht diesen Leuten richten. Die Rettet-die-Deutsche-Sprache-Fraktion ist nämlich eindeutig in der Minderheit.
Zum Glück.
Was sind denn das für Heinis, die «heterogen» sagen, wenn man auch «nicht einheitlich» sagen könnte, die von «Anthropologie» reden, wenn es «Menschen*kunde» gibt? Was sind das für Deppen, die Gedichte auswendig lernen oder – viel, viel schlimmer – sie auch noch tanzen? Was sind das für Leute, die in jedem Satz einen Nebensatz, der einen Nebensatz, der ebenfalls einen Nebensatz provoziert, einhält, einbauen müssen?
Es sind verquaste, blutarme und körperlose Typen.
Typen, die mit ihrer komplexen Sprache die Schwachheit ihres restlichen Lebens kaschieren. Machen Sie den Test! Lassen Sie mal einen Kerl, der «heterogen» und Anthropologie» sagt, der Ihnen Gedichte vortanzen will und in jeden Satz einen Nebensatz, der einen Nebensatz, der ebenfalls einen Nebensatz provoziert, einhält, einbaut, sein T-Shirt ausziehen. Werden Sie dort ein stahlhartes, definiertes Sixpack sehen, einen Waschbrettbauch, der auf jedes CK-Plakat könnte?
Mitnichten.
Da schwabbelt es.
Mit der scheinbar schönen und komplizierten Sprache wird nur vom untrainierten Körper abgelenkt.

Freuen wir uns also auf den Einzug der Leichten Sprache.
Freuen wir uns auf einfache, unverquaste, auf lesbare Texte.

Auch dieser Blog wird ab 2018 in Leichter Sprache geschrieben.


Gelegentlich. 




















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