Dienstag, 19. September 2017

Hatten Sie einen schönen Montag? oder die unsinnige Montag-Freitag-Geschichte



Hatten Sie einen schönen Montag?

Ja, Sie haben schon richtig gelesen.
Ich habe Sie gefragt, ob Sie einen schönen MONTAG hatten, ich habe Sie nicht gefragt, ob Sie einen schönen SONNTAG oder ein schönes WOCHENENDE hatten.
Warum kommt Ihnen die Frage so seltsam vor?
Warum fragen wir, ob die Leute einen schönen SONNTAG oder ein schönes WOCHENENDE hatten und nicht nach einem schönen MONTAG, oder gar nach einem prächtigen DIENSTAG, warum erkundigen wir uns nicht nach gelungenen MITTWOCHEN oder DONNERSTAGEN, nach einem herrlichen FREITAG?

Abgesehen davon, dass die Dienstage und Freitage sowieso das Schönste der Woche beherbergen, denn dann erscheinen diese Posts, könnte doch jeder Tag in der Woche etwas Schönes, etwas Gelungenes, könnte jeder Tag Prächtiges und Wunderbares enthalten, oder? Am Montag könnte Ihnen doch endlich der Vertragsabschluss mit der SUWIMAG geglückt sein oder am Dienstag der mit der EDOLAG; mittwochs könnten Sie den Stand am SBB entdeckt haben, wo es den Espresso Doppio für 4.- gibt und donnerstags es abends endlich in die neue Regener-Verfilmung geschafft haben. Und freitags wäre einfach ein so exorbitanter Sonnenaufgang gewesen und ein so fulminanter Sonnenuntergang, dass Sie geschwind aus der Hüfte die Fotos Ihres Lebens schossen.

Wieso gehen wir immer noch von der Gleichung
Montag-Freitag gleich Mist
Samstag und Sonntag gleich gut
aus?

Zunächst muss man ja sagen, dass die Anzahl der Menschen, die Monday-till-Friday und Nine-to-Five arbeiten, stetig abnimmt. Sie wäre auch schon ganz verschwunden, wenn nicht gewisse Gruppierungen und vor allem die Kirchen sich so vehement für ein freies Wochenende einsetzen würden, eine ziemlich verlogene Sache. Wenn ich mich am Sonntag gemäss der Bibel erholen soll, wenn ich etwas Schönes und Wundervolles erleben soll, dann kann ich das nur, weil andere arbeiten. Der Ausflug auf den Pilatus, die Wanderung im Jura, der Spaziergang im Kandertal sind nur möglich, weil andere Menschen Trams und Züge fahren, weil sie Schiffe steuern, weil sie Bergbahnen bedienen, sind nur möglich, weil andere Restaurants öffnen und kochen, weil sie servieren und kassieren. Und selbst wenn ich ganz karitativ und ganz selbstlos die Oma oder die Tante in der Altersresidenz besuche, kann ich auch das nur, weil dort Menschen Oma Frieda oder Tante Susi aus dem Bett geholt, sie gewaschen und angezogen, sie in den Garten gebracht und sich generell um sie gekümmert haben.
Wenn ich nun am Sonntag mich beim Shoppen am besten erholen würde, warum sind dann alle Malls geschlossen? Im Übrigen ist es ja witzig, dass in dem Land, in dem sich über 50% der Einwohner als wiedergeborene Christen bezeichnen die Geschäfte 24 Stunden offen sind: In den USA.  



Andererseits scheint es doch noch Leute zu geben, die der in so vielen Liedern besungenen Klassifizierung der Wochentage (böse: Mo-Fr, gut: Sa+So) Recht geben.

Monday I have Friday on my mind…

It’s just another manic Monday, ooooooooooooooo
Wish it was Sunday, oooooooooooooooooo

Entweder diese Leute folgen einfach einem abgenutzten Popmusik-Klischee oder sie haben – was wahrscheinlicher ist – den falschen Job. Oder sind in der falschen Firma. Oder haben den falschen Chef. Oder die falschen Kollegen.
Oder sind im falschen Beruf gleichzeitig in der falschen Firma, haben einen (s.v.v.) Arschlochchef und mobbende Kollegen, dann ist natürlich jeder Montag ein Supergau.
Diese Leute müssten unbedingt etwas ändern, ich halte gerne zu arbeiten für eine Grundbedingung von Gesundheit und Wohlbefinden. Aber wie ändert man sein Leben? Das ist gar nicht so einfach. Da ist z.B. Marco, der als Informatiker bei der RUNAMAG arbeitet und mit seinem Boss Dr. Rutwiler nun wirklich die Hinternkarte gezogen hat. Er kann sich natürlich in eine andere Abteilung versetzen lassen, das Problem ist, dass alle acht Abteilungsleiter der RUNAMAG ähnlich gestrickt sind, wollte man sie mit bekannten Figuren vergleichen, kämen einem Mephisto, Mr. Hyde, der böse Wolf und Goldfinger, kämen einem der Polyphem und der Siegfrieddrache, kämen einem Frankenstein und Norman Bates in den Sinn. Marco könnte sich aber auch bei WOLFLER AG bewerben, nun ja, vom Regen in die Traufe… Zudem hasst Marco inzwischen Computer mit der gleichen Inbrunst wie er Rutwiler und die RUNAMAG hasst. Aber wer finanziert ihm eine Zweitausbildung als Keramiker?
Dennoch sollte er alles tun, um aus den Teufelskreisen rauszukommen.

Hatten Sie einen schönen Montag?
Ich hoffe es doch sehr.

P.S. Den Kaffeestand gibt es wirklich, aber ich verrate Ihnen nicht, wie er heisst, sonst ist da morgen eine Riesenschlange. Und die Regener-Verfilmung gibt es auch. Ich habe sie noch nicht gesehen, aber wenn sie nur halb so witzig wie das Buch Magical Mystery Tour ist, dann ist sie auf jeden Fall sehenswert.

 

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