Hatten Sie
einen schönen Montag?
Ja, Sie
haben schon richtig gelesen.
Ich habe Sie
gefragt, ob Sie einen schönen MONTAG hatten, ich habe Sie nicht gefragt, ob Sie
einen schönen SONNTAG oder ein schönes WOCHENENDE hatten.
Warum kommt
Ihnen die Frage so seltsam vor?
Warum fragen
wir, ob die Leute einen schönen SONNTAG oder ein schönes WOCHENENDE hatten und
nicht nach einem schönen MONTAG, oder gar nach einem prächtigen DIENSTAG, warum
erkundigen wir uns nicht nach gelungenen MITTWOCHEN oder DONNERSTAGEN, nach
einem herrlichen FREITAG?
Abgesehen
davon, dass die Dienstage und Freitage sowieso das Schönste der Woche
beherbergen, denn dann erscheinen diese Posts, könnte doch jeder Tag in der
Woche etwas Schönes, etwas Gelungenes, könnte jeder Tag Prächtiges und
Wunderbares enthalten, oder? Am Montag könnte Ihnen doch endlich der
Vertragsabschluss mit der SUWIMAG geglückt sein oder am Dienstag der mit der
EDOLAG; mittwochs könnten Sie den Stand am SBB entdeckt haben, wo es den Espresso
Doppio für 4.- gibt und donnerstags es abends endlich in die neue
Regener-Verfilmung geschafft haben. Und freitags wäre einfach ein so
exorbitanter Sonnenaufgang gewesen und ein so fulminanter Sonnenuntergang, dass
Sie geschwind aus der Hüfte die Fotos Ihres Lebens schossen.
Wieso gehen
wir immer noch von der Gleichung
Montag-Freitag
gleich Mist
Samstag und
Sonntag gleich gut
aus?
Zunächst
muss man ja sagen, dass die Anzahl der Menschen, die Monday-till-Friday und
Nine-to-Five arbeiten, stetig abnimmt. Sie wäre auch schon ganz verschwunden,
wenn nicht gewisse Gruppierungen und vor allem die Kirchen sich so vehement für
ein freies Wochenende einsetzen würden, eine ziemlich verlogene Sache. Wenn ich
mich am Sonntag gemäss der Bibel erholen soll, wenn ich etwas Schönes und
Wundervolles erleben soll, dann kann ich das nur, weil andere arbeiten. Der
Ausflug auf den Pilatus, die Wanderung im Jura, der Spaziergang im Kandertal
sind nur möglich, weil andere Menschen Trams und Züge fahren, weil sie Schiffe
steuern, weil sie Bergbahnen bedienen, sind nur möglich, weil andere
Restaurants öffnen und kochen, weil sie servieren und kassieren. Und selbst
wenn ich ganz karitativ und ganz selbstlos die Oma oder die Tante in der
Altersresidenz besuche, kann ich auch das nur, weil dort Menschen Oma Frieda
oder Tante Susi aus dem Bett geholt, sie gewaschen und angezogen, sie in den
Garten gebracht und sich generell um sie gekümmert haben.
Wenn ich nun
am Sonntag mich beim Shoppen am besten erholen würde, warum sind dann alle
Malls geschlossen? Im Übrigen ist es ja witzig, dass in dem Land, in dem sich
über 50% der Einwohner als wiedergeborene Christen bezeichnen die Geschäfte 24
Stunden offen sind: In den USA.
Andererseits
scheint es doch noch Leute zu geben, die der in so vielen Liedern besungenen
Klassifizierung der Wochentage (böse: Mo-Fr, gut: Sa+So) Recht geben.
Monday I have Friday on my mind…
It’s just another manic Monday,
ooooooooooooooo
Wish it was Sunday, oooooooooooooooooo
Entweder
diese Leute folgen einfach einem abgenutzten Popmusik-Klischee oder sie haben –
was wahrscheinlicher ist – den falschen Job. Oder sind in der falschen Firma.
Oder haben den falschen Chef. Oder die falschen Kollegen.
Oder sind im
falschen Beruf gleichzeitig in der falschen Firma, haben einen (s.v.v.)
Arschlochchef und mobbende Kollegen, dann ist natürlich jeder Montag ein
Supergau.
Diese Leute
müssten unbedingt etwas ändern, ich halte gerne zu arbeiten für eine
Grundbedingung von Gesundheit und Wohlbefinden. Aber wie ändert man sein Leben?
Das ist gar nicht so einfach. Da ist z.B. Marco, der als Informatiker bei der
RUNAMAG arbeitet und mit seinem Boss Dr. Rutwiler nun wirklich die Hinternkarte
gezogen hat. Er kann sich natürlich in eine andere Abteilung versetzen lassen,
das Problem ist, dass alle acht Abteilungsleiter der RUNAMAG ähnlich gestrickt
sind, wollte man sie mit bekannten Figuren vergleichen, kämen einem Mephisto,
Mr. Hyde, der böse Wolf und Goldfinger, kämen einem der Polyphem und der
Siegfrieddrache, kämen einem Frankenstein und Norman Bates in den Sinn. Marco
könnte sich aber auch bei WOLFLER AG bewerben, nun ja, vom Regen in die Traufe…
Zudem hasst Marco inzwischen Computer mit der gleichen Inbrunst wie er Rutwiler
und die RUNAMAG hasst. Aber wer finanziert ihm eine Zweitausbildung als
Keramiker?
Dennoch
sollte er alles tun, um aus den Teufelskreisen rauszukommen.
Hatten Sie
einen schönen Montag?
Ich hoffe es
doch sehr.
P.S. Den
Kaffeestand gibt es wirklich, aber ich verrate Ihnen nicht, wie er heisst, sonst
ist da morgen eine Riesenschlange. Und die Regener-Verfilmung gibt es auch. Ich
habe sie noch nicht gesehen, aber wenn sie nur halb so witzig wie das Buch Magical Mystery Tour ist, dann ist sie
auf jeden Fall sehenswert.
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