Ich habe
einen wunderbaren Dermatologen. Als ich das erste Mal bei ihm war, hatte mich
meine Hausärztin geschickt, es ging um eine schwarze Stelle am Rücken, die sie
beim Abhören entdeckt hatte. Er untersuchte den Fleck und stellte beruhigt
fest, dass es sich um eine Warze und um kein Melanom handelte. Als Kenner von
Marc Twain sagte ich darauf: «Aha, da muss ich dann um Mitternacht eine tote
schwarze Katze über die Friedhofsmauer werfen.» (Das machen nämlich Tom Sawyer
und seine Kumpels.) Dr. Krosai zuckte mit keiner Wimper, kein blödes Anglotzen,
kein «Hä?», er meinte nur medizinisch-lakonisch: «Nein, das macht man nur bei
Viruswarzen, Ihre ist eine andere Art, die müssen wir vereisen.» Was er dann
auch tat.
Seitdem
liebe ich ihn.
Ich liebe
ihn natürlich auch wegen des Sonnenbadfreibriefs, den er mir regelmässig
ausstellt; es ist schön, wenn man unbedenklich fünf Stunden in der prallen
Sonne schmoren kann, und weiss, dass man eine Haut hat, die das verträgt. (Ist
selbstverständlich unlogisch, schliesslich hat er meine Epidermis ja nicht
designt, aber so denkt der Mensch.)
Neulich
musste ich ihn wieder aufsuchen. Ich bekam nämlich immer, wenn ich morgens um
5.30 am Messeplatz auf den Zweier wartete, eine Art Ausschlag an den Armen und
am Hals, die Stellen wurden violett und begannen furchtbar zu jucken. Sobald
ich im Tram sass, verschwanden sie und spätestens im Sechsnulldrei nach Moutier
war nichts mehr zu sehen. Dr. Krosai gab mir folgenden Rat: «Achten Sie mal auf
die Werbung des Musical Theaters Basel, die am Messeplatz zu sehen ist, es
könnte sein, dass Sie eine Alliterationsallergie haben, das kommt bei ca. 40%
der Menschen vor.»
Am nächsten
Morgen schaute ich mir also die Leuchtschriftbänder an und – Bingo! Mein
Dermatologe hatte ins Schwarze getroffen:
THE ROCKY
HORROR PICTURE SHOW – BAD, BIZARR AND BLOODY BRILLANT
so leuchtete
es auf der einen Seite
und
WICKED –
BROADWAY'S BIGGEST BLOCKBUSTER
auf der
anderen.
Also achtmal
das B, das hält keine Sau aus, es war einfach die unerträglich dämlich Häufung
von Buchstaben, die den Ausschlag an Armen und Hals versursachte. Leider gibt
es gegen Alliterationsallergie laut Dr. Krosai kein wirksames Gegenmittel,
ausser – warum das so ist, konnte er mir pharmakologisch auch nicht erklären –
Schnaps. Nun kann ich morgens um 5.00 nicht zwei Kurze, zwei Shots, kann ich
nicht einen Raki oder einen Kirsch, kann nicht Ziebärtle oder Ouzo trinken, ich
muss wohl das Armjucken und das Halsjucken ertragen, wenn die PR einer
Produktion auf die Blödidee eines alliterativen Titels gekommen ist. Es ist
wird ja auch nicht immer links und rechts der gleiche Buchstabe sein.
Nun werden
die, die mich kennen, natürlich erstaunt fragen: «Und Wagner?» Richy arbeitet
ja ständig mit Stabreimen.
Nun scheint
es hier eine Zahl zu geben, ein Mass und Ziel des Alliterierens, ein Limit, und
dieses Limit ist drei. Scheinbar erträgt man dreimal den gleichen Buchstaben,
aber nicht fünf- oder gar achtmal.
Wintestürme wichen dem Wonnnemond
Im wilden Walde wucherrt die Welt
Aber so
heisst es eben nicht. Der Grossmeister des Musikdramas dosiert eben sparsamer,
meist sind es genau drei Male, die er den Buchstaben bringt:
Winterstürme wichen dem Wonnemond
Im milden Lichte leuchtet der Lenz.
Wie kann man
nun gegen die Alliterationswut einiger PR-Agenturen, gegen die Stabreimmanie
der Werbeagenturen, gegen die Buchstabenhäufung tun? Es bleibt – wie so häufig
– nur der Gesetzgeber. Ich fordere also die Bildung eines Komitees, das sich
für folgenden Gesetzestext einsetzt:
Bei
öffentlich sichtbaren Sätzen sind nur Alliterationen mit bis zu 3 Repetitionen
eines Buchstabens erlaubt.
Ich freue
mich schon auf die Kampagne:
AUSSCHLAG
UND JUCKREIZ? – ALLITERATIONSGESETZ JA!
FREIHEIT DER
ÄUSSERUNG KAPPEN? – ALITERATIONSGESETZ NEIN!
Aber da ja
nur 40% an der Allergie leiden hat wahrscheinlich das Gesetz keine Chance,
bleibt nur die Einsicht von den PR-Leuten.
Also:
Bitte
aufhören!
PS:
An meinen Erzengel:
Die beiden Zeilen des falschen Wagnerzitates könnten Fehler enthalten, ich kann
sie nicht noch einmal anschauen ohne lila Flecken zu bekommen.
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