Freitag, 14. Juli 2017

Look-a-likes



Am 20.3.2018 platzt die Bombe. Eine Bombe, die die Kulturwelt erschüttert, tiefe Krater in Dramaturgien und Spielpläne reisst und mehrere Gedankengebäude zum Einsturz bringt: Der andalusische Regisseur Burito Caxto wird an zwei Premieren gleichzeitig gesichtet. Einerseits verbeugt er sich auf der Bühne der Komischen Oper in Berlin nach einem tiefergreifenden Wozzeck, andererseits nimmt er nach der ersten Vorstellung von Die Teufel von Loudon in Marseille den Dank des Publikums entgegen. Nun hatte man sich immer schon gefragt, wie Caxto seine über 50 Produktionen pro Jahr schafft, man wusste zwar, dass er eine ganze Firma von Assistenten und Unterassistenten, von Praktikanten und Unterpraktikanten, eine Riesentruppe von Helferinnen und Helfern, Zuarbeiterinnen und Mitarbeitern beschäftigt, hatte sich aber dennoch Gedanken gemacht, wie er bei allen Endproben sein könne. Nun ist es klar: Burito Caxto arbeitet mit einem Look-a like, mit einem Doppelgänger. Als der erste Aufschrei in den Feuilletons von FAZ und SÜDDEUTSCHER verklungen ist, gehen die Theater noch einmal ruhig über die Bücher; einige nehmen die Caxto-Produktionen aus den Spielplänen, einige lassen sie drin, einige setzen ein hübsches Fragezeichen hinter seinen Namen:
Inszenierung: Burito Caxto ?

Nun ist aber die Kulturwelt kein abgeschlossener Bezirk, keine Insel für sich, die Feuilletons von FAZ und SÜDDEUTSCHER werden von vielen Menschen gelesen, und weil auch Rundfunk und Fernsehen über die Affäre berichten, vom Internet ganz zu schweigen, zieht das Ganze weite Kreise. Überall in Europa, auch in anderen Kontinenten beginnen genaue Überprüfungen, starten Tests und Befragungen, überall auf der Welt werden Videos Bild für Bild verglichen, Zeitpläne durchgecheckt und Tabellen erstellt. Das Ergebnis ist erschütternd; kaum ein Staat, ein Land, eine Stadt ist vom Look-a-like-Unwesen frei.

So hat man sich lange schon gefragt, wie Angie nach 13stündigen Verhandlungsmarathons noch so frisch aussehen kann. Es ist ja ein offenes Geheimnis, dass Frau Merkel viele Forderungen und Ideen einfach dadurch durchsetzt, dass sie ihre Partner schlicht und einfach unter den Tisch verhandelt. Jetzt löst sich ihre Toughheit, nein, nicht in Wohlgefallen, sondern in Unwohlgefallen und Missbilligung auf, denn die deutsche Kanzlerin verschwindet stets nach sechs Stunde auf dem Örtchen, aus dem dann eine frische, fitte und unverbrauchte Look-a-like herauskommt und weiterverhandelt, während Angie im Hotelzimmer die Beine hochlegt.

Auch die Tagespensen, die Lisbeth noch scheinbar so mühelos bewältigt, kommen unter die Lupe. Und siehe da: Auch die Queen arbeitet mit Doppelgängerinnen, und zwar mit mehreren. All diese Damen sind erst 70, sehen aber älter aus, da die gute Elizabeth auch gut als 80 durchgehen kann, funktioniert dieser Deal. So ist ein Tag mit drei Kindergartenbesuchen (Look-a-like 1 alias Lady Agatha Bethford aus Sussex), einer Brückeneröffnung (Look-a-like 2 alias Lady Mary Holborn aus Essex), zwei Vernissagen (Look-a-like 3 alias Lady Victoria Miller aus Kent), einem Mittagessen mit Abgeordneten und ein Treffen mit dem Erzbischof von Canterbury (Lisbeth herself) auch für die steinalte Königin mühelos zu schaffen. Kleinere Unterschiede zwischen Bethford, Holborn, Miller und der Queen, wie z.B. die Ohrenform, Haarfarbe und Schädelkontur werden in a wonderful manner vom Kopftuch und von der Brille kaschiert.

Ein besonderes Arrangement hat sich Donald Trump geschaffen: Er hat sich mit Robbie G. Faxman aus der Bronx einen Rüpel-Doppelgänger an Land gezogen, dessen Auftrag es ist, möglichst oft Stunk zu machen. So furzt jener Look-a-like in Lokalen, beleidigt Kellner, er pöbelt auf Vernissagen herum und tritt gegen Filmplakate, Faxman benimmt sich den lieben langen Tag wie die Sau. Je nach Reaktion kann Donnie nun die Aktion autorisieren oder nicht. Kommt der Kinnhaken gegen einen CNN-Reporter bei den Umstehenden schlecht an, hagelt es sofort Kritik und wirft man ihm Bösartigkeit und Brutalität vor, dann kann der Elected President immer noch verkünden: «Wasn’t me, ‘t was a look-a-like». Und er hätte mit dieser Aussage – ausnahmsweise – recht. Finden die Leute aber gut, dass Faxman auf einer Ausstellung die Künstlerin als «bitch» bezeichnet, dann kann Trumpeltier das Ganze als Eigenes verbuchen und auf Twitter noch ein wenig ausschlachten.

Look-a-likes wohin man schaut.
Doppelgänger überall.
Millionen von Menschen atmen auf; sie, die kaum ihr kleines Pensum mit Job und Haushalt bewältigen, denen drei Termine am Weekend schon Stress machen, sie, die sich so schwach, so müde, so kraftlos vorkommen, wird auf einmal klar, WIE die so bewunderten Politiker, Filmstars, wie die Kulturschaffenden und Funktionäre, wie die Hans-Dampf-in-allen-Gassen und die Liese-in-allen-Gassen ihre riesigen Pensen meistern.
So könnten sie es auch!
Mit einem Look-a-like wäre alles zu machen!
Wenn man den Doppelgänger zum Elternabend senden könnte und selber die Küche endlich mal aufräumen, wenn der Look-a-like die Tante Berta besuchen könnte und man selber mal Zeit für die Steuererklärung hätte, wenn die Gleichaussehende in die Vernissage, in die man nur wegen des Geschäftskontaktes muss, ginge und man selber mal früh ins Bett, ja, dann wäre viel zu schaffen!

Jetzt fragen Sie sich natürlich, wie ich mein 150%-Pensum letztes Jahr bewältigt habe.
Auflösung nächster Post…
  


 

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