Donnerstag, 20. Juli 2017

Ich habe auch keinen Ghostwriter



Wir haben neulich besprochen, dass ich keine Look-a-likes beschäftige.
Nun ist die Frage aufgetaucht, ob alle meine Posts von mir stammen. Die Leute, die man hier einsetzt, heissen allerdings nicht Look-a-likes, sondern Ghostwriter. Und auch hier kann ich Ihnen versichern, ich beschäftige keine solchen Leute.

Und das nicht aus finanziellen Gründen, sondern aus germanistischen.

Der normale Ghostwriter liefert einen solchen Mist, ein solchen (s.v.v.) Scheissdreck ab, dass der Teufel einen Kopfstand macht, dass Cerberus den Schwanz einzieht und Hella zum Friseur rennt, weil selbst für ihre Verhältnisse die Haare zu sehr vom Kopfe stehen. Dies liegt nicht daran, dass Ghostwriter nicht schreiben könnten, dass sie schlechte Texter wären, dies liegt an der Dummheit ihrer Klientel, den Popsängern, Filmschauspielern, It-Personen, den Fussballern und Rennfahrern, an der Dummheit derer, die sich beghostwriten lassen. Ich muss natürlich hier mein Pauschalurteil ein wenig revidieren, es gibt durchaus Intelligenz in den genannten Berufen, ein Bruno Ganz kann jetzt wirklich nicht als doof bezeichnet werden, eine Franka Potente schreibt selber – und nicht einmal schlecht – und einen Profifussballer durfte ich selber zwei Jahre in meiner Klasse unterrichten, dumm war der auf jeden Fall nicht. Aber das Gros derer, die nicht in der Lage sind, ihre eigene Biografie zu verfassen, ist eben doch so dämlich, dass sie einen Ghostwriter schon für einen zweiten Goethe, einen zweiten Mann oder einen zweiten Grass halten, wenn ihnen ihr Leben in ganzen, korrekten und einigermassen flüssigen Sätzen entgegenlacht.
Warum sollte sich dann ein Geistschreiber mehr Mühe geben? Wenn man mit einem Text, der die haltlose Begeisterung des oder der Beschriebenen hervorruft und drei Tage gekostet hat, eine Menge Kohle verdienen kann, warum sollte man da 7 Tage dransetzen?

Eine andere Sache ist Dummheit derer, die solche Biografien lesen. Man stelle sich vor, der Schriftsteller Harmin Gundel begünne (sic) die Lebensbeschreibung des Popstars Didi Popel folgendermassen:

Gemütlich, klein und an die wilden Berge angeschmiegt war Durchheim, jenes Dorf, jener Weiler, in dem Didi am 3. März 1947 als drittes von drei Kindern des Dorfschullehrers das erblickte, was die Menschheit in ihrer Begeisterung als «Licht der Welt» zu nennen pflegt, was allerdings in der Engen Tallage Durchheims durchaus eine Mangelware war.

Versteht keine Sau.
Versteht zumindest kein Fan von Popel.
Ein Anhänger eines Sängers, dessen Refrains nach dem Muster

Komm mit mir / auf die Reise
Komm mit mir / Wind weht leise
Sonne scheint / Regen fällt
Wir sind alleine auf der Welt

gestrickt sind, wären mit so einem Buchanfang heillos, restlos, fundamental und absolut überfordert.
Und diejenigen, die den obigen Beginn interessant finden, sind auf keinen Fall Popelfans.  

Ich würde jeden, der für mich Texte schriebe, zur absoluten Verzweiflung treiben.
Ich würde verlangen, dass meine Ghostwriter etwas tun, was sie seit Jahren nicht getan haben: Überlegen.
Nachdenken.
Hirnen.
Könnte man hier nicht die beiden Sätze verbinden? Würde ich sie fragen.
Könnte man hier nicht ein Synonym verwenden?
Wäre hier nicht die Alliteration «alte Altäre» ganz hübsch?
Könnte man hier nicht ein Pronomen setzen?

Ich würde mit ihnen Satz für Satz durchgehen, würde Verbesserungen fordern, Vorschläge machen, ich würde sie eben nicht für Goethe, Mann oder Grass halten, nur weil sie einen fehlerfreien Satz schaffen, ich würde sie darauf hinweisen, dass meine Leserschaft eben nicht aus Popelfans besteht, ich würde sie zwingen, so zu schreiben, wie sie seit Jahren nicht schreiben dürfen. Ich würde sie so sehr nerven, bis mir das Tablet an den Kopf flöge, gepaart mit dem Ruf:

«Schreib deine Scheissposts doch selber!»

Was ich ja auch mache. 
    

2 Kommentare:

  1. Vllt solltest Du eine Elite-Ghoastwriter Agentur gründen, scheint eine Marktlücke zu sein! Angestellt werden nur gescheiterte Dichter welche nachweisen müssen, dass sie noch nicht vom Popel-Bio schreiben innerlich abgestorben sind. Die Zielgruppe ist noch unklar aber ich nehme an, dass es genügend angesagte Bildungsbürgerpflichliteraurautoren in der Schaffenskrise gibt. 👌

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  2. Super-Idee! Also kommet herbei, ihr gescheiterten Dichter!Eilet, ihr Lyriker, die ihr immer noch Würstchen verkauft! Wir gründen die Agentur und überschwemmen den Markt mit Biographien in Hexametern und Terzinen!

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