Dienstag, 18. Juli 2017

Hatte ich ab September einen Look-a-like?



So, ich muss Ihnen noch erzählen, ob ich letzten Herbst, als ich 150% gearbeitet habe, mit einem Look-a-like operiert habe.
Die Antwort ist: Nein.

Dass ich für die ganzen Auftritte, Proben, dass ich für die Lektionen und Lager, dass ich für alle Sitzungen, Besprechungen und Apéros keinen Doppelgänger engagiert habe, hat einen einzigen triftigen Grund, und dieser Grund ist nicht etwa ein leise aufgetauchter Skrupel, sondern der finanzielle Rahmen.
Ein Look-a-like ist ein teurer Spass.
Nun muss hier noch ein kleiner Exkurs unternommen werden, ein Exkurs, den wir vorigen Post ausgelassen haben, der aber nötig ist:

Es gibt zwei Arten von Look-a-likes. Die eine ist die, die wir auf Einweihungen von Möbelhäusern antreffen, auf Firmenfeiern, runden Geburtstagen und Hochzeitspartys, die wir bei Galas und Shows, bei Fernsehsendungen und Internetauftritten sehen, die Doppelgänger machen hier keinen Hehl draus, dass sie nicht echt sind, der Spass besteht einfach aus dem Gleich-wie-ein-Ei-dem-anderen, aus der Ähnlichkeit mit Merkel, Queen oder Papst. Man ergötzt sich daran, dass zwei Menschen so verblüffend gleich aussehen können und hat seine Gaudi. Wenn also das Möbelhaus LIVING ART® die Eröffnung seiner vierten Filiale in Bottrop ankündigt und darauf hinweist, dass Angie kommt, ist jedem klar, dass es sich um eine Look-a-like-Geschichte handeln muss. Wenn Sie zur Grillparty bei Freunden eingeladen werden und man per SMS oder WhatsApp mitteilt, Justin Bieber komme auch, dann ist Ihnen klar, dass ein Doppelgänger erscheinen wird.
Diese Art von Look-a-likes ist nicht ganz billig, aber bezahlbar.

Die andere Art ist die, die wirklich den Platz des Prominenten einnimmt. Sie erscheint nicht WIE das Original, sondern STATT dem Original, und hier ist natürlich die höchste Verschwiegenheitsstufe von Nöten. Man stelle sich nur vor, dass die letzthin erwähnten Damen Holborn, Bethford und Miller auspackten, dass sie der SUN oder sogar der TIMES erzählten, dass die letzten 60 Kindergärten, die 50 letzten Vernissagen von einer von ihnen besucht wurden, dass die 45 Brücken, 23 Krankenhäuser und 367 Spielplätze der letzten zehn Jahre NICHT von der Queen eingeweiht worden sind. Man stelle sich nur vor, jene Dame, die bei Gipfeln und Staatstreffen die zweite Verhandlungsrunde übernimmt, würde BILD ein Exklusivinterview geben und die Schlagzeile des nächsten Tages wäre ANGIE NICHT ECHT – SO VERHANDELT DIE KANZLERIN. Man stelle sich vor, alle Doppelgängerinnen und Doppelgänger würden ihr Geheimnis lüften, Staats- und Bankenkrisen, eine Erschütterung des Welthandels und des Weltfriedens, ein Erdbeben in den internationalen Beziehungen wäre die Folge.
So ist ein solcher Look-a-like schweineteuer, weil man ausser seiner verblüffenden Ähnlichkeit auch noch seine Verschwiegenheit bezahlen muss.

Und das konnte ich mir nicht leisten.

Und hier kommen wir zu einem interessanten Phänomen: Ab einem gewissen Gehalt kann man sich Hilfen leisten, die es einem ermöglichen, noch mehr Gehalt zu generieren. Und das ist eigentlich affenunfair. Der Jurist mit 3 Vorstands- und 4 Verwaltungsratsposten kann sich einen Look-a-like gönnen, der ihm dann hilft, sein Engagement auf 5 Vorstandposten und 7 Verwaltungsratsposten aufzustocken, die schweinehohen Doppelgängerspesen bleiben immer noch unter den Mehreinnahmen von ca. 34 Millionen. Der Ordinarius für Neuere Deutsche Literatur, der versucht, durch Mitarbeit in diversen Gremien, durch Vorträge und Expertenrollen sein mageres Gehalt aufzubessern, wird rasch merken, dass sich ein Look-a-like niemals lohnt. Selbst eine Gage von 10.000.- für einen zweitätigen Workshop zum Thema «Die Wiederkehr des Romantischen Gedankens in der Literatur nach 1945» wird unter den Kosten für einen Doppelgänger liegen.
Eine gleiche Rechnung können wir mit Fahrtkosten machen. Viele Musiker könnten, was Energie, Zeit und Begeisterung angeht, noch einiges an Mehrarbeit machen. Es lohnt einfach nicht, wenn sie für den dritten Chor ein Auto bräuchten, wenn Taxi- oder Übernachtungskosten anfallen, wenn auswärts gegessen werden muss oder sie am Bahnhof Kaffee benötigen. Wenn mir ein Ensemble im Appenzell 1000.- pro Monat zahlt, ich aber dort übernachten muss und von St. Gallen ein Taxi brauche, weil nach 18.00 kein Bus mehr fährt etc., etc. Wenn ich IT-Fachmann bin und das 4,5fache wie bei einer Chorleiterstunde verrechnen kann, dann sieht das alles anders aus, dann kann ich fröhlich durch die Welt tigern und immer mehr Geld scheffeln.
Ab einem gewissen Stundenlohn kann man sich Hilfen leisten, die es einem ermöglichen, noch mehr Geld zu produzieren.
Und ich habe noch gar nicht von legalen Steuersparmodellen und solchen Dingen geredet.

Jedenfalls wissen Sie jetzt: Ich war im Herbst 2016 immer echt.
Ehrenwort.
Ob ich alle meine Posts selber schreibe, werde ich zu gegebener Zeit beantworten.

1 Kommentar:

  1. Deshalb ist die mind. 50% remote operierende IT Brache sehr gemütlich: http://www.computerworld.ch/news/it-branche/artikel/it-angestellter-liess-chinesen-fuer-sich-arbeiten-62294/

    👌🏼

    AntwortenLöschen