Sie alle
kennen diesen Vorgang: Wenn Sie eine Datei schliessen möchten, an der sie etwas
gemacht haben, und sei es das Hineinsetzen und spätere Wieder-Hinausstreichen
eines Kommas (wie Oscar Wilde), dann meldet der Computer sofort:
Möchten Sie
die Änderungen an «……………………………» speichern?
Speichern
|
Nicht speichern
|
Abbrechen
|
Das ist sehr
nett von ihm, denn ohne diese liebe Nachfrage würde man vielleicht die Dinge in
den Orkus werfen, an denen man in der letzten Stunde gearbeitet hat. Überhaupt
ist mein Laptop ja der höflichste Mensch, den ich kenne, es hat nie schlechte
Laune, es begrüsst mich jeden Morgen mit «Willkommen»; und «Willkommen» sagt es
auch, wenn ich eine Word-Datei nach einer Weile wieder öffne: «Willkommen
zurück – machen Sie da weiter, wo Sie aufgehört haben…» (Wo eigentlich
sonst???)
Nun arbeiten
wir in der Schule mit MAC und die allerneueste Apple-Version bot mir, als ich
zum ersten Male dort speicherte das Folgende an:
Möchten Sie
die Änderungen an «……………………………» speichern?
Nicht Speichern
|
Speichern
|
Abbrechen
|
Vielleicht
ist «Abbrechen» auch in der Mitte, auf jeden Fall ist das Gegenteil links.
Zum Glück
war das Entscheidende blau unterlegt, sonst wäre mein Text wirklich in den
Hades gewandert.
Was denken
sich die Macher von solchen Programmen? Hocken die zusammen und überlegen, wie
sie ihre Kunden am besten ärgern können? So nach dem Motto: «Du, ich hab’ eine
Superidee, wir tauschen mal «Speichern» und «Nicht Speichern», da kommen die
Leute total draus, da wird dann laufend auf das Falsche geklickt, ein
Heidenspass, ein Riesenklamauk.»
Nun ist es
nicht so, dass ich nicht lesen kann. Natürlich kann ich ein Verb mit einem
Negationszusatz von einem Verb ohne Negationszusatz unterscheiden. Aber meine
Hand will beim neuen Mac immer noch zum falschen Button. So wie ich mich immer
noch aufrecht seitlich im Schlafzimmer gegen die Wand recke um dann zu merken,
dass der Ganzkörperspiegel seit 7 Wochen im Flur steht.
«Der Mensch
ist ein Gewohnheitstier.»
«Das ist so
ein Reflex.»
Wieso sagen
wir das immer mit so einem negativen Unterton? Als ob wir dumm, unflexibel, als
ob wir ewiggestrig und scheisskonservativ, als ob wir innovationsunfreudig und
zukunftsbremsend wären? Also ob ein Reflex etwas ganz Arges wäre, etwas, das
uns hindert mal frisch und neu zu denken?
Leute!
Verachtet mir die Reflexe nicht und ehrt mir ihre Kunst!
Stellen Sie
sich vor, Sie müssten, während Sie einerseits die Schilder auf der Autobahn
studieren und andererseits dem Versuch des LKWs neben Ihnen, Sie an die
Leitplanke zu drücken, ausweichen, auch noch überlegen, wo das Gas ist und wo
der 4. Gang. Sie kämen nicht weit – bis zur Leitplanke. Stellen Sie sich vor,
Sie müssten während des entscheidenden Arbeitsessens mit dem CEO der KUZUMAG
ständig überlegen, wie man ein Messer hält, wie man die Gabel benutzt und wie
Sie ein Weinglas an die Lippen bringen. Den Vertrag mit der KUZUMAG könnten Sie
knicken – und zwar im wahrsten Sinne des Wortes.
Ein Torwart,
der bei jedem auf ihn zurasenden Ball die Liste «oben-Hände
rauf/Mitte-fangen/unten-kicken» durchecken würde, taugte nicht einmal für die
Regionalliga. Er wäre als Torpfosten besser aufgehoben. Ein Dirigent, der
während in WO Kantate 1 gejauchzt und frohlockt wird, sich ständig überlegen
müsste, wie denn ein Dreierschlag geht, hätte ausgejauchzt.
Machen Sie
mal den Test und sagen sich beim Treppensteigen vor, was Sie jetzt zu tun
haben. Es geht kaum mehr. Überlegen Sie sich beim Anziehen der Armbanduhr, wie
die einzelnen Schritte gehen. Sie bekommen sie kaum mehr an.
Im Lehrgang
für Zivildienstleistende im Heimbereich, veranstaltet von der DIAKONIE, teilten
wir uns am vierten Tag in Gruppen auf, um jeweils einen halben Tag in der Welt
unserer zukünftigen Schützlinge zu verbringen. Gruppe 1 fuhr im Rollstuhl,
Gruppe 2 hatte 6 Stunden die Augen verbunden, Gruppe 3 verstopfte sich die
Ohren und kommunizierte mit Zeichen und Gruppe 4 (meine Gruppe) überlegte bei jedem
Vorgang genau, was zu tun ist. Beim Essen, Waschen, Anziehen, beim
Spazierengehen, Türen öffnen und Zähne putzen. Es war höllisch. Aber so
anstrengend sind die einfachsten Verrichtungen für schwer geistig behinderte
Menschen.
Verachtet
mir die Reflexe nicht
Und ehrt mir
ihre Kunst.
Insofern ist
die Platzänderung des «Speichern» beim neuen Mac eine richtige Bösartigkeit.
Die Macher haben hier ihre ganze Schlechtigkeit aufgeboten und tief reingeschlagen.
Und wahrscheinlich sind sie hinterher in die Kneipe und haben sich volllaufen
lassen, tiefbefriedigt, wieder einmal etliche Kunden so richtig unglücklich
gemacht zu haben. Und wenn ich es gewusst hätte, und wenn ich hätte hexen
können, hätte ich ihnen den Schluckreflex weggehext.
Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.
AntwortenLöschen"Historisch gewachsen" - Wenn am Anfang kein Standard gesetzt wird kriegst so Inkonsistenzen nicht mehr weg, weil die User der verschiedenen Systeme eben, genau wie von dir beschrieben, Ihre Gewohnheiten nicht umtrainieren können/wollen.
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