Dienstag, 25. Oktober 2016

Ein interessanter Abend mit dem starken Putin, Frau Beller?



Heute in 20min unter der Rubrik «Geschmacksache» ein Interview mit Irina Beller.

Neben vielen dummen und unnötigen Zeilen und Informationen – sie kann nicht kochen, trinkt zuerst Bier, dann Champagner und dann Rotwein und weiss nicht, was der teuerste Restaurantbesuch war, weil immer ihr Mann Walter zahlt – sticht das Folgende ins Auge:

Mit wem würden Sie gerne einmal ein gemeinsames Abendessen verbringen?
Mit Vladimir Putin, weil er für mich die interessanteste und stärkste Persönlichkeit ist.

Ich schliesse meine Lider und atme kurz durch. Ich bin noch gar nicht wach. Ich bin am Träumen, ich liege noch im Bett und denke, ich hätte diese Zeilen eben gelesen. So etwas kann ja vorkommen. Ich öffne die Augen und schaue noch einmal auf die Wurfzeitung. Dort steht aber noch immer:

 Mit wem würden Sie gerne einmal ein gemeinsames Abendessen verbringen?
Mit Vladimir Putin, weil er für mich die interessanteste und stärkste Persönlichkeit ist.

Gut, dann halt. Wieder einmal muss man sich dem Schwachsinn dieser Welt stellen.
Frau Beller möchte ihre Abende mit interessanten Persönlichkeiten verbringen? Nun, ich hätte einige zu bieten. Mein Freund Toppy zum Beispiel, dessen Paranoia ihn dazu treibt, in jedem Restaurant zunächst den Tisch nach Abhörgeräten abzusuchen, dann jeden Bissen mit unglaublichem Misstrauen zu kauen und am Ende das Dessert in die Küche zurückzuschleudern, weil er sicher ist, man habe ihm Zyankali unter die Mousse gemischt. Mein Bekannter Rodi zum Beispiel, ein Künstler, der zu Essen grundsätzlich im völlig versauten Malerkittel erscheint und sich sofort am Tisch eine Zigarre ansteckt. Mein Freund Hibbo zum Beispiel, dessen ekklesiogene Neurose ihn dazu treibt, schon beim Apéro auf den Tisch zu springen und eine Predigt über Hosea 6,12 zu beginnen.

Sind nicht auch alle Serienkiller und Attentäter interessante Persönlichkeiten? Alle Sektenführer und Ideologen? Alle Mafiosi und Drogenbosse? Alle Spinner und Spanner, alle Exhibitionisten?
Ich verbringe meine Abende auch gerne mit interessanten Personen. Aber interessanten und NETTEN Leuten, und wenn ich mich zwischen interessant und nett entscheiden muss, dann fällt die Wahl auf nett.

Aber noch mehr als das erste stört mich das zweite Adjektiv. Eine starke Persönlichkeit. Sogar superlativisiert: Die stärkste Persönlichkeit.
Hier werden doch wieder einmal Dinge auf die bescheuertste Art verwechselt. Wenn der eine Politiker sich einer fairen Wahl stellt und, wenn er verliert, seine Niederlage eingesteht, dann ist das Stärke, wenn der andere Politiker seine Gegner zuerst mund- und dann herztot macht, um den Posten zu behalten, dann ist das schwach. Wenn ein Staatsmann Vielfalt in seinem Land schätzt und liebt, wenn es bunt und fröhlich und schrill und queer sein darf, obwohl er selber vielleicht andere Ansichten hat, dann ist das stark, wenn der Staat ein Einheitsbrei ist, in dem alle dem grossen Chef zujubeln, dann ist das schwach. Wenn man internationale Konflikte mit Diplomatie löst, ist das kein Zeichen von Schwäche, sondern von Stärke. Aber Diplomatie heisst eben auch Zugeständnisse machen.

Eine starke Persönlichkeit.
Wenn man Psychogramme der entscheidenden Diktatoren des 20. Jahrhunderts erstellt, wird man entdecken, dass sie eben keine starken oder stärksten Personen waren.
Sie alle überspielten nur eine tiefe Unsicherheit, einen fundamentalen Liebeshunger mit ihrem Gehabe.
Von Ming Don Bung, dem ehemaligen Machthaber von Süd-Dahaou, ist z.B. bekannt, dass er einmal aus heiterem Himmel zehn Mitarbeiter köpfen liess, weil er so schlecht geschlafen hatte. Und er hatte so schlecht geschlafen, weil er beim Zubettgehen seinen Kuschelteddy nicht gefunden hatte.
Von Bubn Babn, einem afrikanischen Diktator, gibt es Fotos mit dem Daumen im Mund, Fotos, deren Macher er natürlich gekillt hätte, wenn er von der Existenz dieser Aufnahmen gewusst hätte.

Mit wem würden Sie gerne einmal ein gemeinsames Abendessen verbringen?
Mit Vladimir Putin, weil er für mich die interessanteste und stärkste Persönlichkeit ist.

Tja, Frau Beller, schade, dass Sie nicht z.B. Daniel Barenboim genannt haben. Mit Wagner in Israel zu kommen, das Konzert zu unterbrechen und dann aber mit den Leuten 2 Stunden diskutieren, das ist stark. Mit Musikern verfeindeten Lagern zu orchestern ist stark und interessant.
Das Ganze hat nur einen Schönheitsfehler:

Persönlichkeiten wie Barenboim wollen mit Ihnen nicht essen.
Was man verstehen kann.
    

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