Heute in
20min unter der Rubrik «Geschmacksache» ein Interview mit Irina Beller.
Neben vielen
dummen und unnötigen Zeilen und Informationen – sie kann nicht kochen, trinkt
zuerst Bier, dann Champagner und dann Rotwein und weiss nicht, was der teuerste
Restaurantbesuch war, weil immer ihr Mann Walter zahlt – sticht das Folgende
ins Auge:
Mit wem würden Sie gerne einmal ein
gemeinsames Abendessen verbringen?
Mit Vladimir Putin, weil er für mich die
interessanteste und stärkste Persönlichkeit ist.
Ich schliesse
meine Lider und atme kurz durch. Ich bin noch gar nicht wach. Ich bin am
Träumen, ich liege noch im Bett und denke, ich hätte diese Zeilen eben gelesen.
So etwas kann ja vorkommen. Ich öffne die Augen und schaue noch einmal auf die
Wurfzeitung. Dort steht aber noch immer:
Mit wem
würden Sie gerne einmal ein gemeinsames Abendessen verbringen?
Mit Vladimir Putin, weil er für mich die
interessanteste und stärkste Persönlichkeit ist.
Gut, dann
halt. Wieder einmal muss man sich dem Schwachsinn dieser Welt stellen.
Frau Beller
möchte ihre Abende mit interessanten Persönlichkeiten verbringen? Nun, ich
hätte einige zu bieten. Mein Freund Toppy zum Beispiel, dessen Paranoia ihn
dazu treibt, in jedem Restaurant zunächst den Tisch nach Abhörgeräten abzusuchen,
dann jeden Bissen mit unglaublichem Misstrauen zu kauen und am Ende das Dessert
in die Küche zurückzuschleudern, weil er sicher ist, man habe ihm Zyankali
unter die Mousse gemischt. Mein Bekannter Rodi zum Beispiel, ein Künstler, der
zu Essen grundsätzlich im völlig versauten Malerkittel erscheint und sich
sofort am Tisch eine Zigarre ansteckt. Mein Freund Hibbo zum Beispiel, dessen
ekklesiogene Neurose ihn dazu treibt, schon beim Apéro auf den Tisch zu springen
und eine Predigt über Hosea 6,12 zu beginnen.
Sind nicht
auch alle Serienkiller und Attentäter interessante Persönlichkeiten? Alle
Sektenführer und Ideologen? Alle Mafiosi und Drogenbosse? Alle Spinner und
Spanner, alle Exhibitionisten?
Ich
verbringe meine Abende auch gerne mit interessanten Personen. Aber
interessanten und NETTEN Leuten, und wenn ich mich zwischen interessant und
nett entscheiden muss, dann fällt die Wahl auf nett.
Aber noch
mehr als das erste stört mich das zweite Adjektiv. Eine starke Persönlichkeit.
Sogar superlativisiert: Die stärkste Persönlichkeit.
Hier werden
doch wieder einmal Dinge auf die bescheuertste Art verwechselt. Wenn der eine
Politiker sich einer fairen Wahl stellt und, wenn er verliert, seine Niederlage
eingesteht, dann ist das Stärke, wenn der andere Politiker seine Gegner zuerst
mund- und dann herztot macht, um den Posten zu behalten, dann ist das schwach.
Wenn ein Staatsmann Vielfalt in seinem Land schätzt und liebt, wenn es bunt und
fröhlich und schrill und queer sein darf, obwohl er selber vielleicht andere Ansichten
hat, dann ist das stark, wenn der Staat ein Einheitsbrei ist, in dem alle dem
grossen Chef zujubeln, dann ist das schwach. Wenn man internationale Konflikte
mit Diplomatie löst, ist das kein Zeichen von Schwäche, sondern von Stärke.
Aber Diplomatie heisst eben auch Zugeständnisse machen.
Eine starke
Persönlichkeit.
Wenn man
Psychogramme der entscheidenden Diktatoren des 20. Jahrhunderts erstellt, wird
man entdecken, dass sie eben keine starken oder stärksten Personen waren.
Sie alle
überspielten nur eine tiefe Unsicherheit, einen fundamentalen Liebeshunger mit
ihrem Gehabe.
Von Ming Don
Bung, dem ehemaligen Machthaber von Süd-Dahaou, ist z.B. bekannt, dass er
einmal aus heiterem Himmel zehn Mitarbeiter köpfen liess, weil er so schlecht
geschlafen hatte. Und er hatte so schlecht geschlafen, weil er beim Zubettgehen
seinen Kuschelteddy nicht gefunden hatte.
Von Bubn
Babn, einem afrikanischen Diktator, gibt es Fotos mit dem Daumen im Mund,
Fotos, deren Macher er natürlich gekillt hätte, wenn er von der Existenz dieser
Aufnahmen gewusst hätte.
Mit wem würden Sie gerne einmal ein
gemeinsames Abendessen verbringen?
Mit Vladimir Putin, weil er für mich die
interessanteste und stärkste Persönlichkeit ist.
Tja, Frau
Beller, schade, dass Sie nicht z.B. Daniel Barenboim genannt haben. Mit Wagner
in Israel zu kommen, das Konzert zu unterbrechen und dann aber mit den Leuten 2
Stunden diskutieren, das ist stark. Mit Musikern verfeindeten Lagern zu orchestern ist stark und interessant.
Das Ganze hat nur einen Schönheitsfehler:
Persönlichkeiten wie Barenboim wollen mit Ihnen nicht essen.
Was man verstehen kann.
Das Ganze hat nur einen Schönheitsfehler:
Persönlichkeiten wie Barenboim wollen mit Ihnen nicht essen.
Was man verstehen kann.
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