Sie alle
kennen diesen Spruch: 50% der Männer
finden ihr Ding zu klein – 50% haben ein kaputtes Lineal.
Sie alle
kennen wahrscheinlich auch diesen Spruch:
Die Hälfte der Menschen sind (chronisch oder akut) psychisch krank, die
andere Hälfte ist noch zu wenig psychiatrisch untersucht worden. Man könnte aber auch so weitermachen: 30% der Athleten nimmt vor den Wettkämpfen verbotene Substanzen (you remember, der Trank aus der Hütte, die nachts unbewacht ist und deren Tür nicht schliesst…) – 70% haben es immer geschafft, die Kontrolleure auszutricksen.
Oder man könnte auch so schreiben: Die Hälfte der Autobauer mogelt bei den Abgaswerten – die andere Hälfte hat man noch nicht erwischen können.
Erst war es
nur VW – jetzt sind auch andere Firmen ins Visier der Kontrolleure geraten und
irgendwie hat man das Gefühl: Cosi fan tutti/tutte! Es machen alle, alle tun es,
alle mogeln da ein bisschen herum, die Hälfte ist bisher einfach noch nicht
geschnappt worden.
Es ist ja
immer das Gleiche: Geht der erste in die Falle, ist die hämische Freude bei den
anderen gross: Oh, da hat jemand Mist gebaut, da hat jemand echt Blödsinn
gemacht, da hat jemand tief in die Jauche gelangt. Verfälschung von Messwerten?
Geht gar nicht, würde Angie sagen. Nun, wenn jemand hier so die Pfade des
Legalen verlässt, ist das schlecht für ihn, aber gut für die Konkurrenz. Das
hebt so lange, bis der zweite in Flagranti ertappt wird.
Stellen Sie
sich vor, das Gesundheitsamt schliesst alle örtlichen Filialen von McDonalds®,
weil man beobachtet hat, wie dort zwei alte Ratten mitten in der Nacht Tango
tanzen; nicht der Tango ist das Problem, sondern dass Ratten in Küchen nichts
verloren haben, egal ob sie Tango tanzen oder Poker spielen, man will sie da
einfach nicht. Gut, die fünf Filialen sind dicht und BURGER KING® frohlockt,
wer bislang auf BigMac schwor, stellt auf Whopper um. Bis, ja bis das Amt auch
in den Restaurants des Konkurrenten Unstimmigkeiten entdeckt: Keine Ratten,
sondern Salmonellen und Trichinen, die weder tanzen noch spielen, aber einfach
so rumschwirren und das ist auch nicht so schön. Die Aufsichtsbehörde macht nun
auch die 5 BURGER KING®-Schuppen zu. Nun tritt KFC® auf den Plan, KFC®, das
bislang am Hamburger-Kartell gescheitert ist und seine Chance wittert. Die
Südstaaten-Brathähnchen-Macher kaufen alle 10 Lokalitäten, sanieren, putzen,
verhandeln mit Ratten, Salmonellen und Trichinen über eine Umsiedlung an
bessere Plätze zum Tangotanzen, Herumschwirren und Pokerspielen, sie schrubben
und desinfizieren, sie machen Werbung und warten auf Kundschaft.
Vergeblich.
Vergeblich.
Denn der
Kunde traut auf einmal KEINEM Fast-Food-Etablissement mehr. Wer sagt denn, dass
KFC®, wenn es schon keine Nager und Kleintiere hat, nicht vielleicht Würmer
oder Maden beherbergt? Die dann weder Tangotanzen noch Schwirren sondern
vielleicht einen Literaturkreis gründen, was ja auch schön ist, aber eben nicht
in Lebensmitteln? Nein, auch die Brathuhnstationen bleiben leer. Nun übernimmt
eine Vegikette, wir nennen sie mal MayaGaya®, die 10 Beizen. Aber auch sie
wandert von der hämischen Freude über den Absturz der Fleischmafia in die
glatte Katastrophe: Der Kunde misstraut inzwischen ALLEN, sämtlich ALLEN
Systemgastronomen. Gut, Salmonellen und Trichinen sind bei Käse, Rüebli und
Auberginen selten, aber ist nicht gerade der Käse ein Anziehungspunkt für die
Nager, die vielleicht zwischen Jalousie und
Blue Tango gerne einen Tilsiter,
einen Brie oder einen Emmentaler nagen? Wie sauber sind Karotten und
Auberginen? (Von der artgerechten Haltung will ich gar nicht reden, es soll ja
Farmen geben, in denen Rüben ohne Tageslicht im Boden dahinvegetieren, dicht an
dicht, ohne Auslauf, ohne Scharren und ohne Picken…)
Jedenfalls
macht auch MayaGaya® nah zwei Monaten dicht.Der Sturz des ersten Sünders, von den Branchenkollegen so hämisch, so zynisch belächelt, ist häufig der Anfang eines Problems für die ganze Branche.
Weil der Kunde, weil die Kundin eines begreift:
Cosi fan tutti/tutte.
Alle betrügen, alle mogeln, alle bescheissen (s.v.v.)
Übrigens
auch die kleinen Leute selber. Wer sagt: «Ich fahre nie zu schnell und parke
stets korrekt.» meint in Wirklichkeit: «Ich habe – toi, toi, toi – noch nie ein
Knöllchen bekommen.» Wer sagt: «Meine Steuererklärung stimmt.» meint in
Wirklichkeit: «Das Finanzamt hat meine Rechnung durchgewunken.» Dazu kommen die
vielen, die gar keine Möglichkeit zum Mistbauen haben. Ich zum Beispiel fahre
nie schwarz, ich kann es nämlich gar nicht, ich habe ein GA, selbst wenn ich es
vergesse, wird nur eine Gebühr fällig. Ich fahre auch nie zu schnell, es sei
denn ich sitze in der Linie 8 nach Weil am Rhein, die ist schon ein paar Mal in
der Zone 30 geblitzt worden (kein Witz!). Ich würde auch sämtliche
Briefkastenfirmen-Mogeleien mitmachen (o, wie schön ist Panama), aber dafür
habe ich zu wenig Kohle.
Nein, Phrasen
wie «ehrliche Firma» und «anständige Industrie» sind Paradoxa, genauso wie
«anständige Menschen» oder «ehrliche Leute».
Es gibt nur
die zwei Hälften: Die, die erwischt wurden und die, die man noch nicht
geschnappt hat.
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