Stellen Sie sich vor, Sie sässen mit Freunden in einem
gemütlichen Ristorante und verzehrten eine Platte Antipasti misti für acht
Personen. Nun hätte aber der Wirt ein kleines Sauberkeitsproblem und es wären
etliche ziemliche wüste Keime und Substanzen in die Pomodori secci und den
Parmaschinken geraten, kommt ja vor, dass Menschen einfach keinen Hang zum
Putzen haben. Einer von Ihnen wäre der Erste, er würde probieren und sofort tot
umfallen: Damit hätte er Ihnen und sechs anderen das Leben gerettet, sie würden
nämlich Pomodori, Prociutto und wahrscheinlich auch Pepperoni und Parmesan
stehen lassen und die Polizei rufen.
Stellen Sie sich vor, Sie gingen auf einem schmalen
Bergpfad, sagen wir mal im Berner Oberland mit Blick auf Eiger, Mönch und
Jungfrau. Und weil Eiger, Mönch und Jungfrau so atemberaubend schön wären,
sagen wir mal es wäre ein ganz klarer Sommermorgen mit stahlblauem Himmel und
klitzkleinen (sic) Schäfchenwolken, würde niemand von Ihnen den Verlauf des
Pfades beachten, bis der Erste abstürzt. Wieder hätte einer den anderen das
Leben gerettet.
Stellen Sie sich nun vor, aus Nbogo, Ihrem Dorf in der
Sahara, machten sich drei, vier Leute auf den Weg ins Gelobte Land: Sie
bezahlten einen Haufen Geld, nähmen all ihren Mut zusammen, führen auf holprigen
Karren bis zum Mittelmeer und bestiegen dort ein Schiff. Nun dränge nach
etlichen Wochen die Nachricht bis nach Nbogo, dass alle drei (oder vier) die
Europäische Küste zwar erreicht hätten, aber nicht lebendig. Würden Sie sich
weiterhin überlegen, es diesen gleichzutun? Oder würden Sie nicht beschliessen,
daheim zu bleiben?
Sehen Sie.
Es ist also völlig fies, der EU vorzuwerfen „mit
Budgetkürzungen den Tod von Flüchtlingen in Kauf zu nehmen“. Nein, mit jedem
Afrikaner, der ertrinkt, wird einem anderen das Leben gerettet. Weil der
nämlich dann zuhause bleibt. Es müssten jetzt einfach genügend sterben, und der
Rest bleibt zuhause und stirbt nicht.
Dass wir dann auch keine Probleme mit
überfüllten Unterbringungen, mit Asylanträgen, mit Fremdheit und Islam, mit
Überfüllung und Raumnot hätten, ist nur ein kleiner, kleiner, klitzkleiner
(sic) positiver Nebeneffekt, ein Kollateralnutzen.
Die EU schottet sich also nicht ab, weil wir die Afrikaner
nicht wollen, sondern sie rettet nicht alle, damit nicht noch mehr sterben.
Vielleicht hilft sie im Geheimen sogar noch ein bisschen
nach, vielleicht ist ein Frachtschiff, das beim überfüllten Boot vorbeikommt,
um angeblich zu retten, gar kein Fracht-, sondern ein Kriegsschiff, das einen
winzigen Torpedo loslässt. Und nachher kann man unter Tränen behaupten, dass
die alle auf eine Bootsseite rannten, um den Frachter zu sehen und kenterten
und man nur die Leichen bergen konnte.
Vielleicht werden auch schon Haie dressiert oder Wale, die
mit gezielten Stössen und Hieben, mit Schwanz- und Flossenschlägen so einen
Kahn zum Umkippen bringen.
Wer weiss.
Eine gute Methode ist sicher auch das
Wir-werfen-uns-aus-dem-Boot-Spiel. Insofern sollte man die 15 Männer, die 12
andere ins Wasser warfen, nicht verdammen, sondern sie loben. (Kleiner Exkurs:
Ich bin mir sicher, der Aufschrei wäre kleiner gewesen, wenn nicht die Muslime
die Christen ins Meer geschmissen hätten sondern umgekehrt die Christen die
Muslime, und sagen Sie jetzt bitte nicht, Christen seien zu so etwas nicht fähig.)
Man könnte dies sogar institutionalisieren: Einer von zehn
bekommt sofort einen EU-Pass, d.h. wenn 50 losfahren, wirft man andere so lange
ins Wasser, bis 5 übrig sind. Diese werden dann in Italien mit Glanz und Gloria
empfangen, auf verschiedene EU-Staaten verteilt und es wird ihnen am nächsten Tag die
deutsche, spanische, italienische oder niederländische Staatsbürgerschaft
verliehen.
Oder warum nicht das Ganze als TV-Spiel (ähnlich wie Amélie
Nothomb es in Reality Show beschreibt, wo eine Art Big Brother in einem KZ stattfindet)?
So ein Boot wird gefilmt und Zuschauerinnen entscheiden, wer weiter darf,
sprich die anderen ins feuchte Nass befördern. Die knackigsten Hintern, die
heissesten Sixpacks und die stärksten Bizepse erreichen den südeuropäischen
Strand und werden vom Fleck weg von Helga, Antje, Claire, Antonella oder Carmen
geheiratet, schliesslich sollen diese Afrikaner ja unglaublich im… na, sie
wissen schon.
Auf jeden Fall sollten nicht alle ankommen, damit sich
niemand mehr der Gefahr aussetzt.
Und wenn Sie mich jetzt für abgrundtief zynisch und boshaft,
für einen schlimmeren Misanthropen als den von Molière halten, wenn Sie mir
alles Mögliche vorwerfen, dann kann ich nur sagen: Etliche sind meiner Meinung,
so z.B. ein italienischer Staatsmann, der klar sagte, dass die Küstenwache die
Strände von Palermo und Apulien und nicht die von Libyen bewachen solle, was ja
im Subtext heisst: Je weiter ihr von Afrika wegbleibt, umso weniger Leute
kommen an und müssen versorgt werden.
Natürlich wäre es besser, um nochmal auf die oberen
Beispiele zu kommen, ein Lokal einfach zu schliessen, das mehr Viren und
Bakterien und Gifte beherbergt als die städtische Müllkippe.
Natürlich wäre es besser, einen Bergpfad, der Wanderer, die
auf die berühmte Trias blicken statt auf die Erde, ins Jenseits schickt, zu
sperren.
Natürlich wäre es besser, zu schauen, dass der südliche
Kontinent mit all seinen Resourcen, seiner Kraft und Energie, seinem Boden und
seinen Menschen ein Auskommen und Zukunft findet.
Aber das scheint in allen Fällen ein irgendwie schwieriger
Weg zu sein.
Irgendjemand müsste irgendwas tun, und das sind einfach zu
viele irgend.
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