Freitag, 24. April 2015

Die neuen alten Nationalhymnen oder: Kriegshymnen machen mehr Spass

Ich habe neulich für die neue Nationalhymne abgestimmt.

Doch, doch, das durfte ich, das war ein reines Meinungsbild, da genügte eine Schweizer Handynummer. Ich habe mich nach halbstündigem Anhören, Mitlesen, Begutachten, Mitsingen, Nachdenken für den einigermassen flotten Vorschlag D entschieden, aber so ganz hat mich nix vom Hocker gerissen: Von den sechs Liedern benutzen schon mal drei die alte Melodie, die, wenn man sie langsam spielt, sämig und zäh klingt, aber wenn man sie lüpfig spielt, eine Mazurka (polnischer Nationaltanz) wird. Drei haben neue Melodien, die aber auch seltsam am Ohr vorbeigehen.

Und die Texte?
Ach, du liebe Zeit. Da will man es allen recht machen und macht es niemand recht, dass – ich formuliere frei nach – GOTT unsern BUND schützen soll, der auch den FREMDEN miteinschliesst, sowas verärgert sowohl die Linken (zu viel Christentum!) als auch die Rechten (zu viel Multikulti!). Ausserdem sind die Worte, abgesehen von den Max-macht-ein-Gedichtlein-Reimen (Hand auf Land, wie superoriginell) alle seltsam altmodisch, antiquiert, sie riechen nach Keller und Meyer und klingen nach 19.Jahrhundert. Ich meine, wenn man einen verstaubten Text auf die alte Melodie macht, warum nicht gleich den Schweizerpsalm behalten?
Der ja gar nicht so schlecht ist...

Die Schweiz hat es ja schwer mit der Hymne, denn ihrer Geschichte fehlt es an den Zutaten, die eine gute Hymne hervorbringen: Blutiger Kampf und Monarchie. Ich bitte Sie, so ist es doch, die schönsten Hymnen sind die Kriegslieder, die zweitschönsten die Königsgesänge. Nach wie vor ist die Marseillaise eine der schönsten Hymnen der Welt. Und von was handelt sie? Vom Blut der Feinde, das den Acker tränken soll; aber die Vorstellung vom Bajonettstechen gibt ihr auch den melodiösen Schwung. Das Gleiche gilt für die italienische und für die polnische. Auch eine oberschöne ist die englische Hymne, God save the Queen, eine prunkvolle Tonfolge, die ja früher auch von der Schweiz und Deutschland benutzt wurde, und heute noch von Liechtenstein verwendet wird.

Die Eidgenossen müssten also, um eine richtig fetzige Nationalhymne zu bekommen entweder in ein Nachbarland einfallen oder die Monarchie einführen, beides steht, glaube ich, gerade ausser jeder Diskussion.

Jetzt aber halt mal:
Habe ich nicht oben geschrieben, dass die englische Hymne früher auch die Deutsche war?

Heil Dir im Siegerkranz
Herrscher des Vaterlands
Heil, Kaiser, Dir.

Und dann hat man sich eine neue Hymne gemacht, deren Töne man sich nun von den Österreichern holte. Aus Gott erhalte Franz, den Kaiser wurde Deutschland, Deutschland über alles.
Und die Bewohner von Tirol, Steiermark und Salzkammergut kriegten eine neue:

Land der Berge, Land am Strome
Land der Äcker, Land der Dome.

Was das nun heisst?
Die Zukunft liegt im Hymnentausch.
Wir könnten z.B. den Ostnachbarn die Hymne abschwatzen, so idyllisch, wie sie tun, sind die nämlich gar nicht. Und passen würde es eh: Berge haben wir höhere, Äcker reichere, wir haben Rhein und Aare und zur Not geht das Grossmünster als Dom durch.
Oder wir texten um:

Land der Schoggi, Land der Uhren
Land der geraden und krummen Touren…

Damit meine ich natürlich Bergtouren, im Steilaufstieg oder Serpentinen, was dachten Sie denn?
Besser aber als das Abschwatzen ist das Übernehmen von abgelegten, überholten und überflüssigen Liedern. Da wäre zum Exempel die alte DDR-Hymne zu haben.
Auferstanden aus Ruinen könnte da zu Eidgeschworen auf dem Rütli werden.
Auch die Annexion von Gebieten setzt ja ständig Hymnen frei. Wenn Land B seine Grenzen ein wenig verschiebt, schlimmstenfalls so, dass von Land C nichts mehr übrig ist, dann braucht C ja auch kein Lied mehr.
Die Schweiz meldet sich hiermit schon für folgende Hymnen an:
Ukraine
Griechenland
Jemen
...

Haben Sie auch schon abgestimmt? Schauen Sie doch mal die Vorschläge an. Leider kann man keinen Button: NOCH MEHR UND BESSERE VORSCHLÄGE drücken.
Vielleicht machen wir es auch wie die Spanier: Da das Land so gross und die Mentalitäten so unterschiedlich sind, vom gebirgig-verschlossenen Norden bis zum sprudelnd-glühenden Süden, hat die Spanische Hymne einen idealen Text:

Keinen.
Wäre auch leichter für die Fussballspieler. 

Und die Bundesräte, die ja auch nicht sattelfest im Schweizerpsalm sind. 

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