Montag, 14. Januar 2013

puutuu moolaa oder die Welt will belogen sein

Ich habe im letzten Post geschrieben, puutuu moolaa hiesse nächste Haltestelle, das ist zwar grottenfalsch, klingt aber echt finnisch. Darf man so etwas? Ich weiss nicht, was das Zivilgesetz dazu sagt, aber es machen alle. Gut, das ist jetzt keine Entschuldigung, falsch parkieren und andere Völker überfallen tun auch alle, aber es ist wirklich Usus.
Ich will nun gar nicht auf die 2000 Scheinangliszismen zu sprechen kommen (Handy, Oldtimer usw.), sondern ein paar schöne Beispiele bringen.
In den Achtzigern lancierte die Niederländische Dosenmilchfirma B&B ihr Produkt in Deutschland mit dem wunderschönen Slogan
DRÖPJE FOR DRÖPJE QUALITEIT
Dabei drehte sich jedem Oranjer der Magen um; nicht von der Dosenmilch, von der natürlich auch - benutzt eigentlich noch irgendjemand diese giftgelbe Pampe, diese Standardsauce des deutschen Wirtschaftswunders, diese Beleidigung jedes guten Kaffees, die so schrecklich an ranzig gewordenen Eierlikör erinnert? - nein, von der unmöglichen Sprache, denn auf Holländisch müsste es
DRUBBELTJE VOOR DRUBBELTJE KWALITEIT
heissen, aber man wählte einen Schmarrn, der sich nach Niederlande anhört und noch irgendwie verständlich ist. In Holland musste man seine Giftmilch ja so nicht absetzten.
Wer sich für den russischen Titel der wunderbaren Horrorsaga Wächter der Nacht interessiert und auf der DVD nachschaut, liest das Folgende:
  Иосниоі dоzоR
Wohl dem, der kein Kyrillisch lesen kann, er oder sie wird mühelos Nochnoi Dozor entziffern. Weh dem, der einen Abschluss in Slawistik hat oder sogar eine Promotion oder wer nur einige Male am Schwarzen Meer war. Da geht dann gar nix mehr, denn einige Buchstaben exisitieren nicht, das umgedrehte N ist ein I, das C ein S und das H ein N. Aber es sieht einfach schrecklich russisch aus...
Die Welt will belogen sein.
In Film und Fernsehen ist dieses Verfahren längst Standard, die Frage ist nie: Liegt diese Location in Spanien, sondern: Sieht sie spanisch aus? Und wenn Madrid nicht spanisch genug ausschaut, dann wird statt in Madrid halt in Lissabon gedreht.
Am schlimmsten hat man, glaube ich, dem Schwarzwald mitgespielt. Schon das Schwarzwaldmädel war eine bodenlose Frechheit, da kullern die Chordamen aus dem Blasier Dom, in der evangelischen Tracht Bollenhut, und stimmen, vom Tannenduft und den Fingerhüten berauscht, ein Liedchen an:
Mädel aus dem schwarzen Walde
sind nicht leicht zu haben.
Nur ein Schwabe
Hat die Gabe...
Wenn es so wäre, wären die Schwarzwälder seit 100 Jahren ausgestorben, denn der Black Forest ist zu 80% badisch. Und dann kam die Schwarzwaldklinik und Tausende von Norddeutschen irrten auf der Suche nach der Filmkulisse durch die Landschaft: Wo ist der See, auf den der schnuckelige Sascha Hehn immer von der Terrasse blickte? Da ist kein See, man hatte alles zusammengeschnitten, Glottertal, Titisee, Nord- und Süd- und Hinterschwarzwald. So verbrachten die Hamburger viele Tage im Schwarzwald, weil halt die Highlights doch einen gewissen Abstand haben.
Die Welt will belogen sein und wird belogen.
Ehrlich sagte dies die Stadtführerin in Friedrichstadt an der Eider auf die Frage nach ihrer Tracht: "Ein bisschen dies und ein bisschen das, was tut man nicht für die Touristen."
Der finnische Begriff heisst übrigens - nun sei es endlich gesagt - seuraava asema.
Jetzt mal ganz ehrlich: Das klingt nun wirklich nicht finnisch, da muss man doch etwas anderes erfinden.


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