Dienstag, 26. Juni 2012

Ronaldo und die Statistik

Unser Portugiese bleibt Thema. "Maschine Ronaldo" titelt am Freitag die andere Wurfzeitung, und fügt beeindruckende Zahlen hinzu: Seine Bälle beschleunigten dreimal schneller als Weltraumraketen, er habe weniger Körperfett als ein Topmodel, er springe höher als NBA-Stars. Schön und gut, aber wenn man sich die Zahlen ein wenig genauer ansieht, schmelzen sie like ice in the sunshine.
Fussbälle sind rasend schnell, weil hier ein kleiner, leichter Gegenstand auf kurze Distanz in Fahrt gebracht wird. Mondrakete? Hier werden doch nicht Äpfel mit Birnen, sondern Äpfel mit Baumnüssen verglichen. Es wäre doch viel spannender, die Beschleunigung von Ronaldo mit der von Streller und Schweinsteiger zu vergleichen.
Christiano hat eine enorme Muskelmasse, und diese Muskeln liegen direkt unter der Haut, die androgynen Hungerharken-Bubi-Boy-Models haben keine Muskeln, und wenn sie nicht ein bisschen Fett (14%, Ronaldo 10%) hätten, sähen Catwalks wie Onkologie-Ausflüge aus.
NBA-Spieler müssen gar nicht so hoch springen, sie sind vier Köpfe grösser wie unser Portugiese und reichen mit ausgestrecktem Arm schon an den Korb.
"Ich glaube keiner Statistik, die ich nicht selber gefälscht habe." So Churchill.
Richtig heikel wird es aber bei Statistiken, die gefährliche, unsinnige oder auch nur kostspielige Massnahmen begründen. Die regelmässige Mammographie erniedrige die Todesrate bei Brustrebs um 20%, damit wirbt man für eine - inzwischen sehr umstrittene - jährliche Untersuchung bei Frauen. In absoluten Zahlen sieht das so aus: Von 1000 Erkrankten mit Mammographie sterben 4, ohne sind es 5. Das sind die 20 Prozent. Es gäbe im medizinisch-pharmazeutischen Bereich noch hundert Beispiele.
Warum sind die Menschen so vernarrt in Statistiken, Zahlen, Superlative, Ranglisten?
Eine der absurdesten habe ich neulich gelesen: In der Altstadt Kleinbasel gehen die Menschen am häufigsten fremd (12%), es führt damit die Rangliste an, die auf dem Bruderholz endet, kein Wunder, in einem Quartier, in dem jeder jeden bespitzelt, ist es einfach nicht möglich, den Milchmann ins Haus und auf den Flurteppich zu ziehen.
Unsinnig auch die Angabe von Seitenaufrufen. Die Mezzosopranistin Carla Maggi gibt 20.000 Aufrufe auf ihrer Homepage an. Ob die alle zu ihrem würzigem Gesang wollten oder vielleicht eher zu würziger Suppe?

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