Freitag, 13. Januar 2012

Veränderungen

Am Mittwoch war ich mit ehemaligen Schülern Pizza essen. Sie hatten meinen To-do-Post gelesen und äusserten noch diverse Vorschläge für Punkte auf den Listen. "Chatten, Gamen, Mails", so Pepe, und ich musste ihm Recht geben, ich bin jetzt kein Chatter oder Gamer, aber die tägliche Kommunikationsbewältigung ist sicher ein Thema. Das merkt jeder, der nach vier Wochen Südsee in die Firma zurückkommt, wer hier am ersten Tag eine andere Pendenz ausser "Mail" hat, ist arm dran, es können bis zu 500 Mails sein. Marcello meinte, W... würde jetzt jeden Tag ganz oben auf seiner Liste stehen, meinetwegen, er ist 16 und wenn es ihm gut tut... Allerdings gab ich zurück, dass es lustig sei, dies als Pendenz zu führen, denn pendent sei es ja erst hinterher, aber wir verlieren gerade Niveau...
Ich wurde dann doch nach meinen guten Vorsätzen für 2012 gefragt, und ich konnte doch einige nennen: "Jeden Tag Sport, viel ÖV benutzen, Wohnung regelmässig putzen, gute Bücher lesen."
Pepe lachte: "Das machst du doch eh schon!", und Marcello ergänzte: "Das gilt nicht, das sind keine Vorsätze." Aber wieso gilt das nicht? Warum kann mein Vorsatz nicht der Spruch dieser elganten Dame auf dem Schiff in der Kaffewerbung sein: "Alles soll so bleiben, wie es ist"? Ich habe nichts gegen Veränderung, aber sie ist kein Selbstzweck. Wenn in meinem Lieblingslokal das deliziöse (this one´s for you, Mr. Jerman) Putensandwich von der Karte verschwindet, obwohl es das meistbestellte Gericht ist, ist das idiotisch. Wenn ich im Schwimmbad in die Damendusche laufe, weil man die Bereiche geändert hat, ist das ärgerlich.
Woher kommt der Veränderungswahn?
Ich will es Ihnen sagen: Wie immer aus der Industrie. Ausgangspunkt war die boomende Beratungsbranche. Wer nun viel Geld für eine Firmenanalyse bekommt, kann ja schlecht bekanntgeben, dass das Management alles richtig macht. Er brauch eine Wunderwaffe. Diese Wunderkanone heisst "Restrukturierung". Sie geht immer nach 5 klaren Punkten vor:
1.) Die Zahl der Ebenen im Organigramm muss sich drastisch ändern.
2.) Die Anzahl der Mitarbeiter muss sich in allen Gruppen, Abteilungen und Hauptabteilungen ändern.
3.) Bereiche, die gut laufen, werden ausgelagert.
4.) Mitarbeiter, die gut zusammenarbeiten, dürfen nicht mehr in der gleichen Gruppe sein.
5.) Infrastukturänderungen werden nicht zeitgleich durchgeführt. (Erst den alten PC umziehen, dann am neuen Ort einen neuen.)
Wer jetzt stöhnt: "Früher war es besser!", hat nichts begriffen, es geht bei Restrukturierungen nicht um besser oder schlechter, es geht um "anders". Es geht um Veränderung.
Marcello hatte dann nach der vierten Flasche Montepulciano die zündende Idee: "Nimm dir doch für 2012 vor, Auto zu fahren, fett zu werden, die Wohnung verlottern zu lassen und zu verblöden, dann hast du für 2013 wieder richtig gute Vorsätze, nämlich den Zustand von 2011."
Marcello ist ein Genie.

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