Das neu- bzw. wiedereröffnete Schwimmbad Rialto ist ein Bijou. Ein Juwel, ein Schmuckstück. Was früher ein muffiger und dunkler Kabuff war, ist jetzt eine weisse, helle und fröhliche Halle, alles ist hübsch und sauber, rein und edel.
Mir gefallen auch die Umkleideräume, obwohl diese immer von sich reden machen, und eben von diesen soll nun auch die Rede sein.
Wenn man seine Kleidung, seine Tasche und seine Habseligkeiten im Kästchen verstaut hat, geht es ans Schliessen – das ist immer so. Nun haben die Macher des neu- bzw. wiedereröffneten Schwimmbades auf etwas verzichtet, was stets sehr störend war: Schlüssel.
Die Schrankschlüssel im Schwimmbad sind ja nun immer ein Thema, entweder muss man sie sich ums Handgelenk binden, was viele als unbequem empfinden, oft ist hier das Band zerschlissen und man pfriemelt ewig herum, oder man hat einen Karabiner, der auch immer lose ist. Gelungene Menschen – wie ich – haben Badehosen mit Taschen, wunderbar, solange dieselben keine Löcher haben.
Weh uns, wenn dann ein Schlüssel verloren geht! Man muss tauchen, tauchen, tauchen, durch den Tag, durch die Nacht, durch den Tag, tauchen, tauchen, tauchen, und wenn man ganz grosses Pech hat, ist der Boden ein Rost (braucht man, wenn man den Boden verstellen will), dann ist der Schlüssel für immer verloren.
Solche Erfahrung scheinen ja schon die Menschen im Mittelalter gemacht haben, und sicher ist Walther von der Vogelweide vor seinem Schwimmbadschrank gestanden und sprach zu seiner enganliegenden gestreiften Ritter-Hose:
verlorn ist das sluzzellîn:
dû muost ouch immêr darinne sîn.
Aber Spass beiseite. Wie gesagt, das neu- bzw. wiedereröffnete Schwimmbad Rialto ist ein Bijou. Ein Juwel, ein Schmuckstück. Was früher ein muffiger und dunkler Kabuff war, ist jetzt eine weisse, helle und fröhliche Halle, alles ist hübsch und sauber, rein und edel.
Und bei den Schränken hat man sich für ein Zahlen-System entschieden. Ein Zahlensystem, das auf ca. 50 Aushängen erklärt wird:
ERSTER SCHRITT: SCHLOSS AUF «AUF» STELLEN.
(darunter ein Bild, das mit dem einem Pfeil die Drehung des Riegels nach rechts zeigt.)
ZWEITER SCHRITT: CODE BEI GEÖFFNETER TÜRE EINGEBEN (Z.B. 1234)
(darunter ein Bild, auf dem eine Hand einen Zahlencode eingibt)
DRITTER SCHRITT: SCHLOSS AUF «ZU» STELLEN.
(darunter ein Bild, das mit dem einem Pfeil die Drehung des Riegels nach links zeigt.)
VIERTER SCHRITT: CODE VERSTELLEN
(darunter ein Bild, auf dem eine Hand die Zahlen verwischt)
Es ist nun völlig logisch, was passieren kann, wenn man diese Aushänge nicht liest, man dreht den Riegel nach links und beginnt «4567» oder «0000» oder «2929» einzugeben, dann verstellt man die Zahlen – und wird sein Kästchen nie wieder aufbekommen, denn das Schloss hat sich die Kombination gemerkt, die VOR dem Verschliessen eingestellt war, und die hat man natürlich keines Blickes gewürdigt.
Gut, man kann den Bademeister holen. Was die meisten tun – die wenigsten rennen in der Badehose auf die Strasse, gerade bei Novembertemperaturen ist das auch nicht so ratsam. Der Bademeister erzählt mir, dass er am Tag ca. 40 Male geholt wird und dass die Menschen dann immer furchtbar fluchen:
«Neumodisches Klump…»
«Moderner Scheiss…»
«Furzidee…»
usw.
usw.
Dabei wäre es so einfach. Man müsste den an allen vier Seiten (!) sämtlicher (!) Säulen sowie innen in allen (!) Kästchen hängenden Zettel genau durchlesen. Nicht denken, wie es sein könnte (eine Frau sagte mir lächelnd «Ich habe halt gedacht…»), sondern LESEN.
Mehr Info geht nicht.
Ein Bekannter, dem ich die Story erzähle, spricht grinsend: «Ja, man müsste die Zettel GELESEN aufhängen können.» Und er erzählt mir von Mails, die er schreibt, in denen er Zeit und Ort eines Treffens ansagt und dennoch wird er von Leuten angegangen: «Gibt es noch Infos für morgen?»
Ja, er hat vollkommen recht, man müsste
Mails gelesen verschicken
WhatsApp gelesen senden
Zettel gelesen aufhängen
Briefe gelesen einwerfen und
Flugblätter gelesen verteilen können.
Kann man aber leider nicht.
Das neu- bzw. wiedereröffnete Schwimmbad Rialto ist ein Bijou. Ein Juwel, ein Schmuckstück. Was früher ein muffiger und dunkler Kabuff war, ist jetzt eine weisse, helle und fröhliche Halle, alles ist hübsch und sauber, rein und edel.
Mir gefallen auch die Umkleideräume, und mir gefällt das Schliesssystem. Und als ich zum ersten Male dort war, habe ich dreimal hintereinander den aufgehängten Zettel durchgelesen.
Dienstag, 19. November 2024
Man kann Zettel nicht gelesen aufhängen
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