Liebe
Leserin, lieber Leser
Ein gutes und
gesundes 2019!
Ein
glückliches neues Jahr.
Mögen alle
Ihre Wünsche in Erfüllung gehen.
Halt mal.
Das ist
jetzt eigentlich politisch und sozial auch schon wieder sehr unkorrekt.
Vielleicht gehören Sie einer ethnischen oder religiösen Gruppe an, die zu einem
ganz anderen Termin das neue Annum einläutet oder sich in einem ganz anderen
Jahr befindet. Wenn Sie zum Beispiel Jüdin oder Jude sind, dann sind Sie ja
schon längst im neuen Jahr, und zwar im Jahr 5779 (gezählt nach der Geburt
Adams), wenn Sie Khmer oder Tamile, orthodox oder Bahà’i oder Kopte sind, dann
feiern Sie zu einem ganz anderen Termin das neue Jahr, auch wenn Sie aus China
kommen. Die Anzahl der verschiedenen Jahreswechsel-Terminierungen ist gross.
Ich will also nicht unhöflich erscheinen und formuliere um:
Ein gutes und
Jahr X!
Ein
glückliches und gesundes Jahr, ganz egal ob es für Sie neu oder alt ist.
Mögen alle
Ihre Wünsche in Erfüllung gehen.
Noch mal
stopp.
Was ist denn
«gut», und was bedeutet «gesund»? Das sind doch alles wahnsinnig schwierige
Kategorien. Bedeutet «gut» erfolgreich, geldgesegnet und prominent, bedeutet
«gut», dass Sie (endlich!) in den Society-Seiten der GALA auftauchen, dass Sie
(endlich!) zum Kundenstamm von Engel&Völkers gehören oder (endlich!) in die
Etage aufrutschen, wo Sie Ihre Büromöbel selber bestimmen dürfen? Oder dürfen
Sie «gut» selber bestimmen?
Und gesund?
Das kann doch heissen, dass ich Ihnen wünsche, dass Sie gesund bleiben, es kann
aber auch den Touch von «gesundem Essen», «gesunder Luft» oder «gesundem Leben»
haben, nach dem Motto: Zum Jahreswechsel wünsche ich Ihnen, dass Sie verdammter
Idiot, Sie verdammte Idiotin endlich bemerken, wie ungesund Sie leben und mal
was dagegen tun. Ein «gesundes 2019» zu wünschen kann also durchaus Befehle
beinhalten, Befehle wie
Geh mal
wieder schwimmen!
Rauch
weniger!
Abnehmen!
Also alle
die Sachen, die Sie sich schon 2014, 2015 und 2016, ebenso 2017 und natürlich
auch 2018 vorgenommen aber schon 2014, 2015 und 2016, ebenso 2017 und natürlich
auch 2018 nicht verwirklicht haben, wenn ich also von «gesund» rede, könnte ich
in ein riesengrosses Fettnäpfchen treten.
Daher
nochmals geändert:
Ein nach
Ihren Kategorien als positiv einzustufendes und keim- und virenfreies Jahr X!
Ein
glückliches Jahr, ganz egal ob es für Sie neu oder alt ist.
Mögen alle
Ihre Wünsche in Erfüllung gehen.
Aber
«Glück»?
Das ist doch
die komplexeste Sache der Welt. Horden von Vor-Denkern und Nach-Denker,
Schwärme und Heere von Theologen und Philosophen, Armeen von Essayisten und
Kolumnisten, Tausende von Propheten und Gurus haben sich mit diesem Wort
herumgeschlagen und sind zu ganz, ganz, ganz, ganz verschiedenen Meinungen
gekommen. Und die Meinung der Leute selber, die nach Ansicht der Vor-Denker und
Nach-Denker glücklich oder unglücklich sein müssten, differiert auch noch
einmal von diesen Meinungen. Vielleicht müssten Sie laut der Schrift «De
Beatitudine» von Albertus Hognus (1687 – 1756) oder laut «Happyness as a social
question» von James Blinton (1897 – 1980) kreuzunglücklich sein, scheren sich
aber keinen Deut um diese Schriften, vor allem, weil Sie sie nicht kennen…
Also
nächster Versuch:
Ein nach
Ihren Kategorien als positiv einzustufendes und keim- und virenfreies Jahr X!
Ein nach der
Meinung der meisten Philosophen als glücklich anzusehendes Jahr, ganz egal ob
es für Sie neu oder alt ist.
Mögen alle
Ihre Wünsche in Erfüllung gehen.
Und das
letzte müssen wir auch noch kappen:
Was wäre,
wenn Sie meinen Tod wünschen? Wenn Sie etwas anderes Böses, Gemeines, etwas
Fieses und Menschenverachtendes wünschen? Wenn Sie wollen, dass die AfD die
absolute Mehrheit bekommt, dass mehr Waffen und weniger Windräder, dass mehr
Bomben und weniger Kindergärten gebaut werden?
Also lautet
jetzt der endgültige, korrekt formulierte und abgesicherte Neujahrswunsch:
Ein nach
Ihren Kategorien als positiv einzustufendes und keim- und virenfreies Jahr X!
Ein nach der
Meinung der meisten Philosophen als glücklich anzusehendes Jahr, ganz egal ob
es für Sie neu oder alt ist.
Mögen alle
Ihre Wünsche in Erfüllung gehen, sofern sie mit der UN-Charta, dem BGB, den
Zehn Geboten und den Grundsätzen des Zen übereinstimmen.
Prost!
(Wobei das
wieder heikel im Sinne der AA ist, aber wir lassen das mal so stehen.)
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