Nachdem Herr
K. von mehreren Leuten gehört hatte, dass ihm das «gewisse Etwas» fehle,
beschloss er, die Beschaffung eines «gewissen Etwas» zur Hauptaufgabe der
nächsten Zeit zu machen. Herr L., sein Chef, hatte Herrn M. und nicht ihn zum
Leiter des Vertriebes gemacht, eben weil ihm, K., das «gewisse Etwas» fehle und
er war Single, weil seine Freundin nicht mit jemand leben konnte, der nicht das
«gewisse Etwas» hat.
Herr K. ging
in einen Friseurladen und liess sich einen neuen Haarschnitt verpassen. Der Coiffeur
schnitt und rasierte eine Stunde an ihm herum und Herr K. war mit dem Ergebnis
sehr zufrieden. Er sah jünger aus und dynamischer, seine Haut glänzte
bronzehaft und sein Kopf wirkte nicht so mondig. «Schade, dass es nicht perfekt
ist», sagte der Friseur, «aber dazu, dass Sie aussehen wie ein Model, reicht es
nicht. Dazu fehlt Ihnen das «gewisse Etwas».
Herr K. ging
in ein Warenhaus und kaufte sich neue Kleider. Er wählte ein dunkelblaues
Beinkleid und einen rot-weiss-gemusterten Pullover. Sich im Spiegel
betrachtend, fand er sich – seit langem einmal wieder – sehr attraktiv. Deshalb
nahm er auch noch das Hosenmodell in rot und den Pulli in blau-weiss. «Gute
Wahl», sagte der Verkäufer, «Sie sehen sehr chic aus. Wenn Sie jetzt noch das
«gewisse Etwas» hätten, wären Sie der perfekte Mann.»
Herr K. ging
zum Juwelier und wollte sich einen Ring kaufen, aber keinen 0815-Ring, sondern
einen auffälligen, extravaganten, einen, der ihm das «gewisse Etwas» verleihen
würde. Der Juwelier präsentierte ihm etliche schmale Ringe in Silber und Gold,
schlicht in der Form, unauffällig im Design. Herr K. hatte aber die ganze Zeit
auf einen fetten Ring mit einem wulstigen roten Stein gestarrt. «Den möchte ich
anprobieren», meinte Herr K. «Den können nur Leute tragen, die das «gewisse
Etwas» besitzen», konterte der Juwelier.
Herr K. war
nun ein wenig enttäuscht. An seinem Äusseren konnte es scheinbar nicht liegen,
dass ihm das «gewisse Etwas» fehlte.
Herr K. ging zu einer Sprachtrainerin, die mit ihm in 6 Lektionen deutliche
Aussprache, Satzmelodie und Phrasierung übte und ihm half, dialektale
Einfärbungen zu vermeiden. Aber nach insgesamt 360 Minuten Sprechtraining kam
auch hier der übliche Spruch, seine Vokaläusserungen seien nun wirklich
brillant, wenn er jetzt noch das «gewisse Etwas»…
Herr K. ging
in einen Kunstgeschichte- und in einen Musikwissenschaftskurs.
Herr K. lernte
Computer zu bedienen.
Herr K.
lernte Finnisch und Japanisch.
Herr K.
eignete sich Wissen über Kois, Automarken und die Polregionen an, er begriff
die Polo-, Golf-, Kricket- und Bridgeregeln.
Aber es half
alles nichts: «Gebildet», so lautete das Urteil, «sprachlich gewandt,
geschickt, gutaussehend, gut gekleidet und sauber frisiert, aber kein «gewisses
Etwas».
Aber alles
sollte noch ein gutes Ende nehmen. An einem Sonntag stiess Herr K. in der
Wochenendbeilage seiner Tageszeitung auf ein Inserat:
SIE SUCHEN DAS «GEWISSE
ETWAS»? WIR GEBEN ES IHNEN! 1 STUNDE BEHANDLUNG FÜR 800 EURO.
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Herr K.
begab sich eine Woche später zu der angegebenen Adresse. Dort vollzogen zwei
selbsternannte Magier ein ziemlich blödsinniges Ritual. Sie hoben Herrn K. hoch,
stellten ihn wieder hin, bespritzten ihn mit Wasser und murmelten die ganze
Zeit Verse in einer unverständlichen Sprache.
Da aber Herr
K. sich sicher war, dass dieses Heben und Senken, dieses Murmeln und Besprengen
die Lösung aller seiner Probleme sei, verliess er die Stube der beiden
Scharlatane als anderer Mensch. Sein Gang war aufrechter, sein Kopf gereckter
und sein Schritt fester. Und auf einmal wirkten alle Dinge: Seine Kleidung kam
zur Geltung, sein Ring begann zu glänzen und seine Frisur wirkte; wenn er
sprach, dann klangen seine Worte aus einem erhoben Kopf viel besser, und auch
seine Koi-, Finnisch-
Golf-,
Computer- und Autokenntnisse kamen auf einmal an den Mann und an die Frau.
Man war sich
einig: Herr K. sei nicht nur schön, gut coiffiert, edel beschmuckt und edel
beanzugt, sei nicht nur sprachgewandt, allgemeingebildet und belesen, sei nicht
nur gewandt und liebenswert.
Nein, er
habe es auch…
Das «gewisse
Etwas».
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