Dienstag, 17. April 2018

Wer schreibt diese blöden Bildunterschriften?


Schauen Sie auch so gerne alte Fotoalben an?
Es doch wunderbar, sich zu erinnern, oder – wenn man jüngeren Datums ist – mitzubekommen, wie damals alles aussah. Also, ich mache das wahnsinnig gerne. Was war ich für ein herziges Kind! Wie süss sehe ich auf dem Foto aus, wo ich auf unserer Veranda die die kleinen Brothäppchen in mich hineinmampfe (meine Mutter nannte sie «Reiterchen»), wie goldig schaue ich auf dem Bild aus, wo ich im Grunewald auf dem Boden sitze und im Sand buddele, wie allerliebst ist die Aufnahme, wo ich mit meinen Kollegen mit der Schultüte vor dem Hause stehe…
Aber auch Fotos von Landschaften und Gebäuden sehe ich mit gerne wieder an: Ich war also doch schon einmal auf Schloss Hibbelburg! War das ein schöner Tag damals im Jugtal! So also sah die Klossstrasse in Bad Wurben 1975 aus!

Was mich manchmal ein wenig, nein, sehr, nein, extremst (sic) zum Wahnsinn treibt, sind die Bildunterschriften. Da steht so wenig Informatives, da steht so wenig Intelligentes oder Witziges, dass es einem ganz schrecklich graust.
Die am wenigsten üblen sind noch die ganz sachlichen.
Der Eiffelturm
steht da unter einem Bild, und das Einzige, was man sich fragt, ist, ob der Bildunterschreiber wirklich Angst hatte, dass man das Bauwerk – eines der bekanntesten der Welt – nach 30 Jahren nicht meht identifizieren kann. Die ganz Genauen schreiben dann noch
Eiffelturm, 23. 6. 1976
Was ja total wichtig ist, schliesslich sieht der Turm jeden Tag anders aus. Wenn Sie allerdings
Eiffelturm, 3. 5. 1974, 11.30 Uhr
entdecken, lässt dies auf einen Fall von Asperger-Syndrom beim Beschrifter schliessen.

Schlimm wird es nun, wenn unter den Bildern Sätze stehen, die heiter und originell, die extravagant und humoristisch, intelligent oder gebildet klingen sollen.
Zur Weltausstellung aus der Taufe gehoben (und immer noch da)
liest man da. Und:
Und ragt und ragt und ragt…
Gustaves Kind lässt sich nicht unterkriegen
Das Wahrzeichen im Morgennebel
Der echteste Pariser weit und breit
Monument aus Stahl vor Wolken aus Wasser
Brauchen Sie noch mehr Beispiele? Sicher nicht.

Nun scheinen aber die Menschen, die in Gratis-Zeitungen und Gratis-Zeitschriften, die in Wurfheftchen und Stadtteilblättchen die Bilder beschriften, aus dem gleichen Holz geschnitzt zu sein wie die Leute, die früher ihren Unsinn in die Fotoalben schrieben. Und da wird es jetzt richtig blöde. Da blicken Sie auf das Foto eines jungen Mannes, der deshalb Karriere macht, weil er einen berühmten Vater hat, also Schwarzenegger Jr. oder Smith Jr. Und Sie lesen dann
Sieht seinem Vater ähnlich
 – Gute Güte! Die meisten Kindern sehen ihren Vätern ähnlich, das hat mit den Chromosomen zu tun, aber dafür hätte man halt ein wenig in Biologie aufpassen müssen. Oder will man damit sagen, dass Schwarzenegger und Smith nun doch eindeutig die Väter sind – gegen alle Gerüchte?
Da schauen Sie auf das Bild einer Sportlerin im Endspurt eines 1000m-Laufes und lesen mit verzerrter Mine
XY Legt sich mächtig ins Zeug
Was soll sie denn sonst machen? Mit Dolce Farniente und Laissez-faire gewinnt man halt keine Rennen.

Der absolute Höhepunkt des Wir-schreiben-blödsinnige-Bildunterschriften sind aber die Pseudo-VIP-Seiten. Sie alle kennen das: Da hat man für die örtliche Zeitung eine Gesellschaftsreporterin angestellt, eine Schreibtrulla, die sich um die Prominenz und den Adel in der Stadt zu kümmern hat, die versuchen soll, sich in die Anlässe der High Society, die Partys der Oberen Zehntausend zu mischen; dummerweise hat es gar keine wirkliche Prominenz und erst recht keinen Adel in der Gemeinde und die VIP-Anlässe sind die Herbst-Modenschau des Bekleidungshauses PALLGUBBER und die Premiere der Laienbühne, die wichtigsten Termine sind die Buchvernissage einer steinalten Kolumnentunte und das Spiel des Fussballclubs um den Einstieg in die 5. Bundesliga.
Und dann geht unsere Schreibtrulla halt hin und versucht, das Beste aus solchen Abenden zu machen und schiesst halt auch viele Fotos und dann lesen sie:

In Feierlaune: Modezar Pallgruber mit Frau
In bester Stimmung: Bürgermeister Schmidt mit Gattin und Söhnen
Kommen extra aus der Nachbarstadt: Franz Neuhengst und Detlev Pschrichke
Immer dabei: Partytigerin Amanda von Hallenstein
Darf auch mal einen heben: Starkicker Zammer mit seiner Verlobten
Edel in Schwarz-weiss: Stilikone Sara von Burgberg

Nein, da sind doch die Bilder schlimm genug, da muss man doch nicht noch etwas drunterschreiben. Freuen wir uns also über jedes schöne Foto, das nicht von einer dummen und pseudowitzigen Unterschrift verunstaltet wird.  


    

 
 



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