Dienstag, 24. April 2018

Der Zigarettenstummel - eine Tragikomödie


Freitag, den 21. April 2018, 11.06 Uhr – Basel Barfi, vor dem Copy Quick
Ich zünde mir eine Zigarette an. Ich weiss, dass man eigentlich nicht raucht, dass das ungesund ist, dass man Krebs und Herzinfarkt davon bekommt, dass man eigentlich damit aufhören sollte, aber wenn man zwei Stunden kopiert hat, hat man eine Belohnung verdient, und für Alkohol ist es viel zu früh – und Schokolade ist ja auch nicht gesund.

Freitag, den 21. April 2018, 11.13 Uhr – Basel Barfi, am Eingang der Gerbergasse
Die Zigarette ist aufgeraucht.
Nun müsste ich einen Abfalleimer, einen Mistkübel finden um meinen Stummel zu entsorgen. Auf den Boden schmeissen ist in Basel nicht nur streng verpönt, sondern inzwischen auch illegal und wird mit einer Busse von 80 (in Worten achtzig) Franken belegt.

Freitag, den 21. April 2018, 11.14 Uhr – Gerbergasse, Höhe Nudel-Imbiss
Es ist kein Mistkübel in Sicht.

Freitag, den 21. April 2018, 11.15 Uhr – Gerbergasse, Höhe Schuhgeschäft
Es ist kein Mistkübel in Sicht.

Freitag, den 21. April 2018, 11.16 Uhr – Gerbergasse, Höhe des überteuerten Yuppie-Cafés
Es ist kein Mistkübel in Sicht. Wohin also mit dem Stummel? Einstecken? Dann stinkt die Hose wochenlang. Ins Zigarettenpäckli? Auch eklig. Ich hebe schon die Hand zum Stummelwurf – da sehe ich einen Polizisten. Nein, den Gefallen, mir Geld abzuknöpfen, mache ich dem nicht. Also weiter mit dem Stummel in der Hand.

Freitag, den 21. April 2018, 11.22 Uhr – Markplatz, Höhe COOP City
Mein Handy klingelt, und es steckt in der Hosentasche. Da ich noch einen Rucksack auf der Schulter habe, bräuchte ich eine dritte Hand – oder meine normale rechte, die immer noch den Filter in den Fingern hält. Ich lasse das Handy klingeln und hoffe, es war nicht zu wichtig.

Freitag, den 21. April 2018, 11.24 Uhr – Markplatz, Höhe Computersupermarkt
Es ist kein Mistkübel in Sicht. Der Computersupermarkt bietet heute (und nur heute) USB-Sticks mit 56 GB für nur 8,99.-! Nichts wie rein, das ist ja wie geschenkt – aber halt, geht ja nicht mit der Kippe in der Pranke, wieder die Hand zum Stummelwurf gehoben, wieder ein Polizist an der Ecke, wieder der Entschluss, ihm den Spass nicht zu gönnen.

Freitag, den 21. April 2018, 11.30 Uhr – Schifflände
Mein Handy klingelt erneut, Mist, scheint doch was Wichtiges zu sein, ich werde zurückrufen, wenn, ja wenn…

Freitag, den 21. April 2018, 11.36 Uhr – auf der Mittleren Brücke
Es ist kein Mistkübel in Sicht. Ich halte nun seit einer halben Stunde einen Zigarettenfilter in der Hand. Bis 11.13 war es eine Zigarette, seitdem ist es ein Stummel. Nun geht mein Schuhbändel auf. Jetzt bin ich wirklich ein wenig in der Bedrängnis; ich möchte nicht weiterlaufen und stolpern und mir die Nase brechen, nur weil ich nur eine Hand frei habe. Da kommt mir der Wortlaut des Verbotstextes in den Sinn: «…wird es mit 80.- gebüsst, wenn man eine Zigarette auf den Boden wirft…» Halleluja! Unter mir ist kein Boden! Unter mir ist Wasser! Danke, lieber Rhein! Danke, lieber Fluss! Und um 11. 38 landet meine Kippe in der Strömung unter mir.

Aber jetzt mal im Ernst:
Als Heidelberg vor 10 Jahren eine Busse für weggeworfene Zigarettenstummel einführte, hatte die deutsche Stadt VORHER die Innenstadt mit einem Heer von Abfalleimern, einer Legion von Mistkübeln ausgestattet. Wenn ich meine Kippe nicht mehr auf den Boden schmeissen soll, dann brauche ich Entsorgungsmöglichkeiten, und zwar genügend.
Oder ist es der Trick, mit den eigegangenen Bussen die Abfalleimer zu finanzieren? Das wäre perfide. Es müssten ja auch nicht die Basel-Edel-Mistkübel mit dem ausgesägten Bischofsstab sein (die schon einmal einen Post wert waren…), es könnten ja ganz schlichte, simple, ganz poplige Aschenbecher aufgestellt werden.
Aber eine halbe Stunde mit dem Zigarettenrest rumlaufen macht keinen Spass.

EPILOG

Montag, 23.4. 2018, 13.00 – zuhause
Ich erhalte einen eingeschriebenen Brief des Ordnungsamtes, der mir eine Busse von 150.- wegen «Verunreinigung von Gewässern nach § 345 d ankündigt.










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