Dienstag, 24. Januar 2017

Vom neuen Umgang mit Journalisten



Die Freie Bibeltreue Gemeinde Schöggingen (FBGS) plante letztes Jahr eine Zeltmission, drei Wochen davor lud sie die örtlichen, regionalen und überregionalen Zeitungen zu einer Pressekonferenz. Man hatte sich gut vorbereitet, man hatte die möglichen Fragen der Journalisten aufgelistet und sich ordentliche Antworten überlegt: Was würden sie wissen wollen? Wo würden sie bohren? Wo würden sie nachhaken? Sicher bei der Frage nach der wörtlichen oder historisch-kritischen Sicht der Bibel, in Kombination mit der Kreationismusfrage, sicher bei der Einstellung der FBGS zu Familie und Sexualität, und sicher würde man auch das gute alte liebe Theodizee (Wie kann Gott das Böse zulassen?) in den Raum werfen.
Eine spannende Stunde also, voll von interessanten theologischen und philosophischen Fragen, eine Stunde der sachlichen Diskussion und Fairness in der Rede, denn die FBGS war sich voll bewusst, dass sie nicht mit dem Zeitgeist geht und ziemlich viel Gegenwind mit ihrer Sache hervorruft

So sollten Pressekonferenzen (wir kürzen das jetzt mal mit PK ab) nämlich ablaufen. Der oder die vorne überlegt sich, was gefragt werden könnte und bereitet sich darauf vor. Leider ist das in vielen Fällen auf der Welt nicht so.

Ein echter Diktator macht gar keine PKs. Wozu auch? Die gleichgeschaltete Presse druckt sowieso, was man ihr sagt, also kommt von der Propaganda-Abteilung gleich der Text, und der Redakteur muss nur noch die Fehler ausmerzen. Die allerdings sehr, sehr, sehr, sehr gründlich; man will ja nicht den Kopf riskieren, weil da ein Orthographiefehler schwarz auf weiss steht oder ein falscher Kasus. Da wird schnell mal ein Journalist an die Wand gestellt, weil die Satzstellung nicht stimmt und kein Mitarbeiter aus dem Propaganda-Ministerium würde zugeben, dass ER die Landessprache nicht fehlerfrei beherrscht…

In Schein-Demokratien wird es mit der Presse, dem Rundfunk, dem Fernsehen schon schwieriger. Aber auch hier findet man einen guten Weg: Die Fragen werden einfach vorher eingereicht. So kann sich der Staatschef, der Minister, kann sich die Staatschefin oder Ministerin auf die Antwort gründlich vorbereiten. So wurde das z.B. in der DDR gehandhabt. «Wird das Plansoll dieses Jahr erreicht?» Leichte Frage, wenn man sich für eine Replik eine Woche Zeit lassen kann und vor allem noch bei Lenin nachgucken, was der so sagte, als 1920 und 1921 und 1922 die Pläne schiefgingen.
Einmal dann allerdings traf dann eine vorher nicht eingereichte Frage den armen Mann da vorne wie ein Tennisball. Wir alle kennen sie, es war die Frage, ob die Reisefreiheit ab sofort gelte. Die gestammelte, gestotterte, die hervorgepresste und genuschelte Antwort löste einen Run auf die Mauer aus – mit bis heute schrecklichen Folgen, die Wiedervereinigung und Angela Merkel.

Leider häufen sich in der letzten Zeit die Anzeichen, dass wir wieder in eine Phase rutschen, in der Journalismus als ekliges Übel und als schlimme Krankheit gesehen wird.
Trumpie zum Beispiel hat einen ganz eigenen Weg im Umgang mit Presse, Funk und Fernsehen entwickelt. Grundsätzlich sind erst alle einmal eingeladen, gut so. Aber dann wird vor versammelter Mannschaft selektiert.
«Mr. President…»
«You are from the CENTRAL MAGAZINE?»
«Yes. Mr. President…»
«I don’t answer your question. I don’t like your paper. You are fucking socialists.»
«MR PRESIDENT…»
«Shut up!!!!!!!»
Wäre es hier nicht besser, die Pressetext-liefern-wir-selber-Methode oder Fragen-vorher-einreichen-Strategie anzuwenden? Oder wenigstens ehrlicher?

Die versammelten europäischen Rechten hatten am Samstag in Konstanz auch eine nette Konzeption. Es gab zwar eine PK, auf der man allerlei behaupten konnte, überprüfbar war das aber nicht, weil die unabhängigen und kritischen Medien nicht in den Saal durften. Immerhin, so hiess es, gebe es einen Livestream…
Auch hier wäre eine radikale Methode geschickter; keine PK, kein Livestream, man schickt der Presse einfach die zentralen Botschaften von Petri, Wilders und Le Pen, dem Funk gesprochene Fassungen
und dem Fernsehen Videos, dann muss sich niemand ärgern, und die Botschaften kommen voll an.

Wir rennen düsteren Zeiten entgegen. Zeiten, in denen Staatsoberhäupter den Medien das Maul verbieten und Parteien dem Journalismus die Türe weisen.

Wie lief nun die PK der FBGS ab?
So fair und diskutierend wie geplant?
Ja, sie wäre so gewesen, wenn jemand gekommen wäre.  Die örtlichen, regionalen und überregionalen Zeitungen hielten faktisch die Mission der FBGS nicht für wichtig genug.


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