Insgeheim hatte Angie doch gehofft, dass nicht alles klappt.
Vielleicht hätten die Zugtoiletten kurz vor der Jungfernfahrt den Geist aufgeben können oder die Fenster wären nicht durchsichtig gewesen, oder es wäre eine Kuh auf den Gleisen gestanden oder irgendein Depp hätte die Notbremse gezogen. Einfach irgendwas Schräges und Schiefes.
Natürlich
würde Angie so etwas niemals laut sagen oder laut denken, aber insgeheim doch.
Denn:
Es ist schon peinlich, was diese winzige Eidgenossenschaft dem Grossen Kanton da vormacht: Ein Jahrhundertbauwerk, viel zu früh fertig und in tadelloser Funktion.
Und die Kosten sind auch nicht aus dem Rahmen gelaufen.
Insgeheim hatte Angie ja doch noch gehofft, dass irgendetwas schiefgeht.
Hollande
übrigens auch, der noch mehr. Wenn der an seine EM denkt, dann kriegt er solche
Schweissausbrüche, dass er fünfmal am Tag sein Hemd wechseln muss. Da kann es
immer noch sein, dass anreisende Fans in Grenzbahnhöfen festsitzen, weil die
SNCF streikt. Oder sie kommen mit dem Auto und es gibt kein Benzin, oder wildgewordene
Bürger blockieren gleich die Stadioneingänge, das haben sie immerhin angedroht.
Nein, das wird noch eine Zitterpartie. Auf die Frage des Studiomoderators, ob
denn bis zur Meisterschaft alles wieder normal sei, sagte die Paris-
Korrespondentin: «Was ist in Frankreich schon normal?»
Die Helvetier haben wieder einmal alle vorgeführt. Haben Berlin, Paris, Rom und Wien vorgeführt und gezeigt, wie man es macht. Haben übrigens auch Brüssel vorgeführt, das aber (zum grossen Ärger Berns) gar nicht erschien.
Und alle haben gehofft, dass es noch eine Panne gibt.
Umsonst.
Ganz kurz
hatte die Uckermarklady noch überlegt, ob man nicht via BND den Eidgenossen
eine Warnung zukommen liesse: Man hätte terroristische Aktivitäten bemerkt, und
eine Bombe im Jungfernzug, das sei doch nun nicht arg schön…Und dann hätte
alles abgesagt werden müssen. Aber wahrscheinlich hätten die Schweizer nur
gelacht. Da alle Teilnehmer im ersten Zug – ja, der erste Zug war für
ausgeloste Bürger, der zweite für die Promis, eine Geste, die beispiellos ist –
waren ja durch die Tombola namentlich bekannt und sicher von oben und unten,
von links und von rechts überprüft.
Nein, die
Helvetier haben es wieder allen gezeigt.
Das Schlimme
kommt aber noch: Das Herz des europäischen Fernverkehrs wird noch eine Weile
ohne Schlagadern bleiben.
Denn der
Tunnel braucht ja Zufahrten, Zulieferung, braucht Gleise, die auf ihn
hinleiten. Und da sind die beiden Nachbarländer im Norden und im Süden noch
mächtig hintendrein. Die Uckermarklady gab das gestern auch zu und versprach,
man werde so schnell wie möglich bauen. Nur:
Was heisst in Deutschland «so schnell wie möglich»?
Zugegeben, die Eidgenossen sind ein Jahr zu früh fertig geworden. Dieses Jahr muss die Rheintalstrecke noch nicht vierspurig sein. Man könnte also 2017 liefern. Wird man aber nicht. Man wird nächstes Jahr nicht fertig, auch übernächstes Jahr nicht, auch überübernächstes Jahr nicht und auch von 2020 ist keine Rede. Dazu müsste man nämlich erst einmal anfangen. Und das kann man nicht wegen der vielen Einsprachen. Im Gegensatz zu den Nachbarn im Süden hat man nämlich in Baden die Anrainer nicht gefragt, ob sie die Gleise wollen (oder eine 1000 Meter hohe Schallschutzwand im Ort, die zwar den Schall schluckt – das ist ihre Aufgabe – aber einfach nicht so schön aussieht, selbst wenn man sie begrünt oder mit einem netten Fresko schmückt.) Aber selbst wenn man 2017 anfinge, würde man x Jahre brauchen und das deutschübliche Fiasko durchspielen:
2017 Baubeginn
2018 Feststellung, man hat das falsche Material
2019 Teilabriss
2020 Baustopp: Die Kosten laufen aus dem Ruder.
2021 Fortsetzung der Baumassnahmen
2022 Feststellung, man hat die falsche Strecke
2023 Baustopp
usw.
usw.
Da gibt es
doch diesen Witz: Im Himmel ist Vollversammlung. Einziger Antrag: Endgültige
Festlegung des Dies Irae auf den 3.6.2050. Da sagt die Heilige Cäcilie,
Beschützerin der Kirchenmusik und Erfinderin der Orgel, sie hätte doch gerne
die Orgel in der Elbphilharmonie noch gehört.
Und St. Christopherus, der Patron des Verkehrs, meint, er würde doch gerne den FBB noch anschauen. Da sagt Gottvater: «Kinder, bei aller Liebe, so lange kann ich nicht mehr warten.»
Und St. Christopherus, der Patron des Verkehrs, meint, er würde doch gerne den FBB noch anschauen. Da sagt Gottvater: «Kinder, bei aller Liebe, so lange kann ich nicht mehr warten.»
Die Eidgenossen haben es wieder einmal allen gezeigt.
Und dürfen stolz sein auf ihre Leistung.
Und irgendwann werden die Deutschen und Italiener auch ihre Hausaufgaben gemacht haben.
Irgendwann.
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