Hus hatte alle verärgert, die Kardinäle und Bischöfe, die
Könige und Päpste (ja, Plural, es gab derzeit 3 davon), aber sicher auch die
wichtigste Person, die Nutte Imperia, die Sie heute am Eingang des Konstanzer
Hafens sehen können, frech ihre Scham zeigend und Kaiser und Papst in der Hand
haltend. Imperia war auf jeden Fall sauer auf den Ketzer, dennn Männer, die die
Oberen der Unmoral zeihen, sind schlecht fürs Geschäft. Man stelle sich vor,
die Kirchenleute hätten sich auf einmal ihres Gelübdes erinnert…
Hus‘ Botschaft war so simpel wie heikel: Untertanentum und
Unterwerfung müssten aus freiem Willen
geschehen und die Menschen sollten mit ihrem Verstand prüfen, wem sie dienen,
sollten ihren Grips also benutzen, er war also quasi ein Vorreiter der Reformation
und der Aufklärung. Was mich aber an den Beiträgen, die in der NZZ und ZEIT, in
SRF und SWR zum 600. Jubiläums seiner Verbrennung erschienen, so stört, ist, dass alle
betonen, in unseren Zeiten seien seine Ideen verwirklicht.
Stellen Sie sich vor, Sie bekommen am Freitag eine Mail, die Sie zu einem völlig überflüssigen Meeting (Pleonasmus?) am Montag einlädt, und Sie schlagen bei Hus nach. Danach schreiben Sie Ihrem Chef, Sie hätten nachgedacht (Fehler!), die Frage sei nur bilateral zu klären (Fehler!) und das ganze Meeting sei unnotwendig (grober Fehler!). Gut, man wird Sie nicht verbrennen oder sonstwie Ihren Körper traktieren. Es gibt zwar Gerüchte, dass in den ursprünglichen Entwürfen des Novartis-Campus bucerien geplant gewesen seien, die man dann nur aus architekturästhetischen, nicht aus ethischen Gründen nicht gebaut habe, aber das sind Gerüchte. Man weiss auch nicht, was im Kellergeschoss des Roche-Towers alles sein wird, es wird ja keinen Publikumszugang geben, von Streckbänken und Nagelbrettern, von Verliessen und Folterkammern wird da gemunkelt, aber eben nur gemunkelt.
Fest steht, man wird Sie böse abstrafen, selbst gedacht, Verstand gebraucht, Chef widersprochen, das gibt (best case) eine Sozialnote C und damit einen Bonusabzug von 10.000.- oder man macht (worst case) kurzen Prozess und schmeisst Sie raus. (Erinnert die Phrase „kurzer Prozess“ wiederum nicht sehr an die Inquisition?)
Nein, nach der kurzen Zeit der Illumination, bei der der
Mensch aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit trat, sind wir wieder im
Mittelalter angekommen.
Was würde Jan zu einem Autofahrer sagen, der um 12.00 auf
der A5, von Freiburg nach Karlsruhe wollend, in die Sonne hineinfährt, weil
sein Navi das sagt? (You remember: Im Norden ist sie nie zu sehn…)Was würde Jan dazu sagen, dass Leute 4 Wochen lang nur gegrillte Pfifferlinge essen, weil irgendein Star in seinem Pilz-Blitz-Diät-Buch das vorschlägt, und dann von einer Mangelerscheinung in die andere kippen?
Was würde Hus dazu meinen, dass in einem Online-Knigge die SMS muss nachdenken, melde mich LG als unhöflich gebrandmarkt wird, weil man eine SMS innert 3 Sekunden zu beantworten habe? Was würde der 1415 für das Denken Gestorbene zu unserer Zeit äussern, wo eben nicht mehr gedacht, überlegt, sinniert, wo nicht mehr gegrübelt, philosophiert und in Ruhe dargelegt wird?
Käme er zurück und würde er sein „Prüfe, wem du folgst“ in
die Runde werfen, er bekäme einen solchen Shitstorm ab, dass er freiwillig nach
Konstanz fahren, dort starke Scheite aufschichten und sich selbst verbrennen
würde.
Oder er würde einer der vielen anderen Tötungsarten wählen,
die wir alle so nett umschreiben.
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