Donnerstag, 20. September 2012

Ukraine II

Wie versprochen, heute etwas über die liebliche und schöne Ukraine:
An meinem freien Tag fahre ich mit einem Leihwagen über Land, durch die waldige, hügelige Landschaft und gerate in ein kleines Dorf, wo gerade ein Fest gefeiert wird. Schon von weitem sehe ich die Menge der parkierten Autos und höre den Lärm. Ich stelle meinen Wagen ab, schlendere durch die Gassen und komme auf den Kirchplatz. Alle Häuser sind geschmückt, mit Girlanden, Zweigen und Bildern. Und: Musik! Aber keine aus der Konserve, eine Kapelle spielt auf, Akkordeon, Geige und Bass und die Menschen singen dazu. Ich verstehe zwar kein Wort, aber ich geniesse die Melodien und die wunderbare Sprache. Tservone dubschja, Tservone dubschja, donju, donju tilvschi donju... Tservone kenne ich sogar, das heisst Rot, wahrscheinlich singen sie von den roten Lippen des Mädchens oder vom roten Mohn.
Auf einem Bretterboden tanzen die Jungen. Was sind diese Menschen schön! Die jungen Frauen haben schlanke Taillen und edle Gesichter, die Männer stemmen ihre starken Arme in die Hüften und recken ihre Schultern. Die Ukrainer sind fast ein wenig eitel, mir ist schon aufgefallen, dass in jeder Halle mindestens dreissig Ganzkörperspiegel angebracht sind. Aber sie haben auch einen Blick für die Schönheit anderer, ein Mädchen springt auf mich zu und sagt in gebrochenem Englisch: "You ere butiful." Endlich merkt das mal eine.
Ich hole mir etwas zu essen. Hier wird nicht Diät gereicht, wie bei unseren Anlässen, hier gibt es für so Hänflinge wie mich etwas auf die Rippen! Kartoffeln, Fleisch, Gemüse sind gebadet in Öl. Und erst der Wein! Keine saure Brühe wie bei uns, der Wein ist süss und wohlschmeckend, mit ein wenig Duschgel und Nagellack im Abgang, fast noch ein klein wenig Seife.
Verständigung? Ich zeige auf die Speisen und der Ortsansässige zeigt mir den Preis mit den Fingern. Als er noch einen kleinen Schein haben möchte, lässt er sich meinen Geldbeutel zeigen und holt das Gewünschte heraus. Wie praktisch!
Nach einigen Stunden und einigen Wodkas schlingere ich heim. Mir kommen jetzt doch ein paar Gedanken: Handelte das Tservone-Lied vielleicht doch nicht von Liebe und Natur, sondern von der Roten Armee? Hatte das I-love-you-girl etwa eine Wette abgeschlossen? Und hat der Wirt......
Tatsächlich, er hat, es fehlen 100 Griwna, aber das sind 10 Euro, kann man verschmerzen. In der Ukraine sind sogar die Diebe bescheiden und anständig.

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