Freitag, 4. November 2011

Deutsche Utopien III/2

in memoriam Heinrich Böll


Für ein Treffen auf EU-Ebene hat Angela Merkel etwas Besonderes organisiert. Bei einem Stadtspiel sollen sich die Delegationen mit 200.- Euro einen Tag durchschlagen, sollen sich ernähren und etwas kaufen, all das, um den Wert des Geldes wieder neu kennen zu lernen. Bei Tee und Gebäck im Kanzleramt wird schon erregt diskutiert: Wo gibt es billigen Kaffee, wo bezahlbares Brot, wo sind die besten Flohmärkte? Fröhlichkeit beherrscht die Szene, leicht scheint die Aufgabe, fast zu leicht, Kaffee und Brot muss ja zu bekommen sein und auch Märkte, auf denen man handeln kann, muss es ja in einer grossen Stadt geben.
Am Abend Ernüchterung: Müde und hungrig trudeln Italiener, Franzosen und auch die Deutschen ein, machen sich über die von der Bundeswehr gekochte Gulaschsuppe her, schwer war der Tag, zu teuer der Kaffee, das Brot und die Flohmärkte unauffindbar. Das Geld floss ihnen durch die Hände, ungewohnt der Umgang mit dem, was sie eigentlich verwalten.
Klare Sieger die Osteuropäer, die sofort weit über die ehemalige Grenze fuhren, in kleine, muffige Eckkneipen, wo es aber saftige Buletten und herrliche Kartoffeln gab, billig der Kaffee, bezahlbar das Brot, Nachschlag wurde gereicht, Schnaps ausgeschenkt, und später zog die Wirtin noch einen Kuchen aus dem Ofen. Es reichte auf dem Flohmarkt (Wedding) sogar noch für Bücher: Heine, Brecht, auch Böll, und eine Erstausgabe von „Haus ohne Hüter“ stellt sogar einen richtigen Wert dar.
Schwer war die Aufgabe, zu schwer, ganz gescheitert die Griechen, die sich ihr Geld stehlen liessen und nicht betteln wollten.
Unbedingter Wunsch nach baldiger Wiederholung bei allen: Geld wurde wieder real, eine Grösse für die man Essen, für die man Kaffee und Brot bekommt, notwendig so eine Übung, bitter notwendig.
Angela Merkel sagt zu, im nächsten Jahr wieder einzuladen.

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