Freitag, 11. November 2011

11.11.2011

Was haben Sie heute an diesem denkwürdigen Tag gemacht? Geheiratet? Den oder die Richtige? Oder sich ver-heiratet? Für viele ist der 11.11. ja der Anfang einer fröhlichen und wilden Zeit, nennen wir sie Fasching, Fasnet, Fastnacht, Kaneval oder wie auch immer, so auch für mich: Ich habe eine Pappnase auf und höre "Das Beste aus 50 Jahren Mainz bleibt Mainz" (12 CDs im Schuber für 39.90.-). Dabei komme ich ein bisschen ins Nachdenken:
Früher war der 11.11. eine willkommene Unterbrechung des Trauermonats November. Aber seit die Triade Reformationsfest - Allerheiligen - Allerseelen durch Halloween ersetzt wurde, haben wir nur noch Trubel, man schlägt sich eine direkte Brücke von der Weinlesezeit bis zu einer früh beginnenden Weihnachtszeit, die auch nur noch Party ist: Lampen blinken, Kunstschnee fällt, es wird erlesen gespeist und aus dem Radio tönt Musik, die wegen ihrer Tanzbarkeit ausgesucht wird (Last Christmas I gave you my heart...). Wir haben den November abgeschafft, und das ist ganz natürlich, denn wir haben ja auch den Tod scheinbar überwunden: Wir machen Anti-Aging, Gehirnjogging und Aquafit, wir essen cholesterin- und lactosefrei, wir sind alle schrecklich gesund und unsterblich. Neulich machte ich folgende Rechnung auf: Menschen, die 90 Minuten Sport pro Woche machen, leben drei Jahre länger, ziehe ich die zwei Jahre ab, die Raucher früher das Zeitliche segnen, bleibt ein Jahr, das ich länger da sein darf. Aber länger als was?
Die 80 Jahre Lebenserwartung sind ein Durchschnittswert. Für jeden 110jährigen müssen Menschen früher sterben. Und das tun sie auch. Ich habe schon etliche Freunde verloren, die in meinem Alter waren (Ich bin 46).  Der Tod existiert immer noch.
Ihnen ist das zu düster? Aber das ist doch das Problem: Menschen älterer Zeiten nahmen das Sterben als normal, als zum Leben zugehörig hin, wir halten das Thema für schrecklich, dunkel, düster und tabuisieren es. Man kann es sogar sehr wild und ausgelassen angehen. Dies tun die Mexikaner an ihrem "Tag der Toten": Man isst und singt auf dem Grab eines geliebten Menschen: Tequilla fliesst in Strömen, als Sensenmänner Verkleidete stürmen vorbei, Plastikskelette werden geschwenkt und Düfte verbreitet.
Das wäre doch etwas für Sie? Aber wenn Sie den ganzen November nicht ertragen, fliegen Sie lieber nach Gran Canaria, bis zur Weihnachtsparty, damit Sie ja nicht zur Besinnung kommen, wobei Besinnung ja auch etwas mit Sinnen zutun hat, sprich mit den Dingen, die wir riechen, schmecken, hören, fühlen und sehen. Schaltet Sie Ihre Sinne ab: Es könnte sein, dass Sie an Dinge geraten, die unserer Spass- und Stylegesellschaft widersprechen. 
So, jetzt gehe ich ins Bett. Vielleicht wache ich morgen gar nicht auf, ich kann mich ja auf die 80 Jahre nicht verlassen. Also nehme ich die Pappnase ab, ich will so nicht in die Ewigkeit. Da laufen schon genügend Pappnasen herum.

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