Dienstag, 2. Dezember 2025

Die Bastion der Lateiner ist gefallen! (Vatikan gibt Latein als erste Amtssprache auf)

Salvete, lectores columnae Martis-Veneris.

Das heisst (für Nichthumanisten) «Seid gegrüsst, Leser der Dienstag-Freitag-Glosse». Es geht heute nämlich um Latein, und das hat einen Grund: Unsere letzte Bastion ist gefallen. Der Vatikan verzichtet.

Ich habe mit dem Latein eine lange Geschichte. Ich habe Ihnen am 25. 3. dieses Jahres davon erzählt:
Ich habe meine Lateinkenntnisse bei Prof. Dr. Werner Stegmaier erworben. Später Ordinarius in Greifswald, war er in 70ern und 80ern Lehrer am Wagenburg-Gymnasium in Stuttgart. (Erfinde ich jetzt nicht, Sie können ihn googeln und er hat auch einen Wikipedia-Eintrag…)
Es gehört übrigens zu den Merkwürdigkeiten meiner Laufbahn, dass ich am mathematisch-naturwissenschaftlichen Wagenburg den besten Lateinunterricht erhielt, aber eine katastrophale Matheausbildung, und dass es sich dann am altsprachlichen Eberhard-Ludwigs-Gymnasium umdrehte, den besten Matheunterricht der ganzen Stadt und in Latein eine totale Pfeife als Lehrer.

Wie ging es dann weiter?
Nun, Latein wurde mein Wissenschaftliches Beifach an der Uni, ich habe also neben Schulmusik an der Musikhochschule auch Klassische Philologie des Lateinischen an der Albert-Ludwigs-Universität studiert. Und mir wurde einmal eine riesengrosse Ehre zuteil: Im Jahre 1991durfte ich beim «Colloquium Rhenanum», beim Treffen der Freiburger und Strassburger Latinisten den Vortrag der deutschen Seite halten (über die Phaedrus-Fabel III/7 «lupus ad canem»), eine Ehre, die sonst Nebenfächlern nicht zusteht…

In Diskussionen mit Menschen, die dem Latein ein wenig kritisch gegenüberstehen, die meine Studien belächelten, die meinten, es sei ja eine tote Sprache, die es für überflüssig halten, in diesen Diskussionen konnte man nun immer ein Schild hochhalten:
Den Vatikan.
Jener kleine Staat, in dem die Amtssprache das Latein sei, der Latein schreibt und redet und denkt, und der sogar neue Wörter erfindet. Ja! Echt! Schauen sie einmal her:
De sociali quaestione universali agitur, quae humanae vitae dignitati arcte coniungitur. Foederatarum Civitatum Americae Septentrionalis Episcopi socialem nostrae sollicitudinis de caeli status mutatione sensum optime significaverunt, qui tractationem oecologicam tantum praetergreditur, quandoquidem «nostra alterius cura itemque nostra terrae cura penitus nectuntur.
Heisst auf Deutsch:
Es ist ein globales soziales Problem, das eng mit der Würde des menschlichen Lebens zusammenhängt. Die Bischöfe der Vereinigten Staaten haben den sozialen Sinn unserer Sorge um den Klimawandel, der über einen rein ökologischen Ansatz hinausgeht, sehr gut zum Ausdruck gebracht, denn »unsere Sorge füreinander und unsere Sorge für die Erde sind eng miteinander verbunden.
(aus dem Schreiben «Laudate Deum»)

Und nun das:
Der Vatikan, der Sehnsuchtsort der Latinisten, die Bastion in der englischdominierten Welt, das kleine gallische Dorf, die letzte Zufluchtsstätte, dieser Vatikan hat kapituliert.
Die Kurie gibt Latein als erste Amtssprache auf.

Aber ich muss mich ja an die eigene Nase fassen: Mein Latein ist ja auch ziemlich am Ende. Da ich nie an einem BW-Gymnasium unterrichtete, habe ich mein Latein vernachlässigt, ich könnte die meisten Texte heute nicht mehr a prima vista übersetzen. Und das ist im Vatikan eben auch so, viele Leute reden eben doch Englisch miteinander. Der Papst hat nur reagiert, reagiert auf das, was eh Tatsache ist.
Schade ist es doch.

Valete, lectores columnae Martis-Veneris!





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