Einen gesegneten Stephanstag!
By the way: Wissen Sie eigentlich, warum es «Stephanstag» heisst?
Nein, nicht weil Stefan Raab im Fernsehen kommt. Der kommt erstens gar nicht im Fernsehen, und natürlich ist der Tag älter als dieser Entertainer.
Nein, auch nicht, weil Stefan Zweig da den Literaturnobelpreis bekommen hat, der wird nämlich im Oktober verkündet und lange vor Weihnachten verliehen.
Nein, auch nicht die Geste von Stefan Effenberg! Die war erstens im Sommer (1994) bei einer WM und sehr, sehr, sehr unweihnachtlich. (Sie erinnern sich: Es war der Mittelfinger.)
Auch der Stephansdom hat nur bedingt damit zu tun, er heisst zwar nach dem gleichen Mann, ist aber nicht Namensgeber für den Tag.
Der Stephanstag ist der des Heiligen Stephanus. Des ersten Märtyrers der Kirche.
Die Apostelgeschichte berichtet sehr eindrücklich von der Steinigung dieses Christen der ersten Generation.
Der Hohe Rat hatte den jungen Mann einbestellt, um ihm Gelegenheit zu geben, allen Unsinn, den er (und andere) verzapft hatten, richtigzustellen. Stephanus nutzt aber nicht nur diese Chance nicht, sondern er hält eine lange Predigt, in der er die ganze Geschichte des Volkes Israel erzählt, und zwar so erzählt, dass alles auf diesen Jesus von Nazareth hinführt. Damit macht er sich natürlich keine Freunde, und so zerren sie ihn vor die Stadt und werfen so lange Felsbrocken auf ihn, bis er stirbt.
Interessant ist noch die Tatsache, dass ein Mann auf die Garderobe der Steiniger aufpasst. (Anscheinend wurde eher sportlich, in leichter Kleidung exekutiert.) Dieser Mann, der erste urkundlich erwähnte Garderobier, war Saulus von Tarsus, der spätere Paulus…
Der Stephanstag ist also Märtyrertag, in der katholischen Kirche tragen die Priester rot (im Gegensatz zu den Freudentagen wie Weihnachten = weiss, normal = grün und Fastenzeit = violett).
Und alle Märtyrer (oder solche, die es sein wollen) fühlen sich angesprochen…
Es gibt und gab ja inzwischen unglaublich viele Märtyrer – auf allen Seiten.
Da gab es zum Beispiel den Christen, der unbedingt ins Me'a Sche'arim laufen musste und dort evangelikale Lieder anstimmen und viermal «Jeshua Ha-Mashiach» rufen. Letzteres heisst «Jesus ist der Messias» und das hören die Bewohner des Me'a Sche'arim nicht so gerne, weil sie zu 90% ultraorthodoxe Juden sind. Der Mann wurde mit Eiern, Tomaten, Steinen und Kot beworfen. Und von seinen Kollegen als Märtyrer gefeiert. (Übrigens muss man gar nicht ins Me'a Sche'arim, die Leute dort möchten einfach in Ruhe gelassen werden…)
Da gibt es den rechtslastigen Populisten, der konsequent die empfohlene Redezeit überzieht. Nach etlichen Ermahnungen («Bitte, Herr W…», «Herr W…, Sie sollten zum Ende…», «Herr W…, Sie haben Ihre Zeit nun um 60 Minuten überschritten…») stellt man ihm das Mikrophon ab. Worauf er – ganz Märtyrer – behaupten kann, man liesse ihn im Rat nicht zu Worte kommen. Was ja nicht stimmt, er schwatzt ja doppelt so viel wie andere.
Da gibt es den Schwulen, der der Meinung ist, dass jeder seinen phänomenalen Hintern sehen muss. Zugegeben, sein Po IST phänomenal, und er macht in seinen Jockstraps auch Bella Figura bei jedem CSD und in jeder Gay-Disco. Aber nach Salzburg, nach Bayreuth gehören diese Teile halt nicht, genauso wenig wie ins Casino Monaco oder ein ***-Restaurant. Und wenn er dort nicht reindarf, ist das nicht, wie er – ganz Märtyrer – behauptet, schwulenfeindlich. Denn die Damen müssen auch den Unterschied zwischen Décolleté und «oben ohne» kennen.
Da gibt es noch…
Da gibt es noch…
Da gibt es noch…
Die Reihe liesse sich beliebig fortsetzen. Jemand hat gesagt, vom «Genie zum Wahnsinn» sei es nur ein Schritt, ich füge hinzu, «vom Märtyrer zum Dummkopf ist es auch nur ein Schritt».
Die Frage, warum man nicht auf Politiker schiessen sollte, ist wohl auch beantwortet. Eben weil dann Despot X und Tyrann Y, weil Machthaber Z zum Märtyrer werden.
Heute feiern wir den Tag des Heiligen Stephan. Und die Katholische Kirche hat noch viele andere Märtyrer.
Aber wir brauchen keine neuen.
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