Mittwoch, 3. Juli 2024

Wir klicken zu schnell, wenn man uns Geld schenken will

Ich muss einen Satz aus einem Post relativieren:
Ich hatte neulich gesagt, ich habe Verständnis für Menschen, die auf Links klicken, wenn Dinge sie betreffen – oder meinen, sie beträfen sie.
Ja, das gilt, wenn man Ihnen Angst macht mit «Kreditkarte gesperrt».
Nein, das gilt nicht, wenn man Ihnen Geld schenken will.
Wie als Ergänzung zum Post vom 25. Juni mit dem Titel «Wir klicken zu schnell» bekam ich eine Mail an meine Firmenadresse:

Hallo,
Mein Name ist Warren E. Buffett, ein amerikanischer Wirtschaftsmagnat, Investor und Philanthrop. Ich bin der erfolgreichste Investor der Welt und CEO von Berkshire Hathaway. Ich glaube fest daran, dass man im Leben geben sollte. Ich hatte eine Idee, die sich nie geändert hat: dass man sein Vermögen nutzen sollte, um Menschen zu helfen, und ich habe beschlossen, {1.500.000,00 Euro} eine Million fünfhunderttausend Euro an zufällig ausgewählte Personen weltweit zu spenden. Wenn Sie diese E-Mail erhalten, können Sie sich zu den glücklichen Menschen zählen. Ihre E-Mail-Adresse wurde bei einer zufälligen Online-Suche ausgewählt. Bitte melden Sie sich so bald wie möglich bei mir, damit ich weiß, dass Ihre E-Mail-Adresse gültig ist.
Ich warte auf Ihre Antwort an meine persönliche E-Mail-Adresse: xxxxxxxxxxxxxxxxxxxx

Das ist jetzt nicht erfunden, Leute! Das ist echt wahr. So schön könnte ich gar keinen Stuss erfinden. Und deshalb habe ich auch die 20 x gesetzt und nicht die Mailadresse gelassen, Sie sind ja gewohnt, dass alle meine blau gesetzten Links zu nix führen, weil sie erstunken und erlogen sind, hier hätte aber ein Klicken auf die Adresse (Name des angeblichen Absenders, alles klein, dreistellige Zahl und das bei Gmail) zu einem Absturz Ihres PCs geführt.

Was ist aber nun mit Leuten, die so eine Mail glauben? Mit welchem Wort kann man sie beschreiben? Ich muss an eine Passage bei Böll denken, in der es um einen Kleriker geht:

…als ich die Stimme des Bischofs aus dem Lautsprecher hörte, fiel mir plötzlich das Adjektiv ein, nach dem ich immer gesucht hatte. Ich hatte gewusst, dass es ein einfaches Adjektiv war, es hatte mir auf der Zunge geschwebt, war weggerutscht…und ich wusste plötzlich das Wort, das ich jahrelang gesucht hatte, das aber zu einfach war, um mir einzufallen: Der Bischof war dumm.
(aus: «Und sagte kein einziges Wort»)

Manchmal ist es eben so einfach:
Dumm.
Wer meint, dass Menschen wie Mister Buffet, der bei jeder Investition sich genau, genauest, ganz sorgfältig, sorgfältigst überlegt, einen Beschenkten einfach auslost, der oder die ist dumm.
Wer überhaupt meint, dass 100000000000000000 Euro einfach so verschenkt werden, der oder die ist dumm.
Wer auf einen Link klickt, weil dort ein Haufen Gold wartet, der oder die ist dumm.

Das gilt nun sicher auch für den folgenden Fall, über den SRF berichtete:
Im September 2021 erhielt ein 78-jähriger St. Galler eine E-Mail von einem angeblichen afrikanischen Anwalt. Er teilte ihm mit, dass ihm eine Erbschaft in Kolumbien zusteht – Reise inklusive. Der Ehemann sah die optimale Chance, um das 30-jährige Ehejubiläum zu feiern. Seine damals 68-jährige Frau zögerte zunächst, folgte ihrem Mann aber.
Am 18. September 2021 landete das Paar in Bogotá. Nach ein paar Tagen informierte die Kontaktperson vor Ort das Paar über eine Planänderung: Sie sollten mit einem Paket im Gepäck nach Belgrad reisen, um das Erbe anzutreten. Die Frau hatte erneut Bedenken, aber ihr Mann überzeugte sie dennoch.
Am Flughafen von Bogotá entdeckte die Polizei dann mehr als drei Kilogramm reines Kokain in einem Koffer. Das Gepäckstück trug den Namen der Frau. Sie wurde festgenommen, als sie bereits im Flugzeug sass.

Wie blöd muss man sein, um zu glauben, dass einem eine Erbschaft in Kolumbien zusteht?
In Kolumbien, obwohl man niemand dort kennt?
Dass man persönlich dorthin reisen muss, um das Geld zu erhalten?
Dass einem der Flug auch noch spendiert wird?
Dass der Flug spendiert wird, wenn man via Belgrad fliegt?
Und dort noch ein kleines Päckchen mitnimmt?

Ich muss einen Satz aus einem Post relativieren:
Ich hatte neulich gesagt, ich habe Verständnis für Menschen, die auf Links klicken, wenn Dinge sie betreffen – oder meinen, sie beträfen sie.
Ja, das gilt, wenn man Ihnen Angst macht mit «Kreditkarte gesperrt».
Nein, das gilt nicht, wenn man Ihnen Geld schenken will.

Denn man bekommt nix geschenkt.
Und erst recht nicht per Mail.

 

 

 

 

 

 

 

 

     

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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