Freitag, 7. Januar 2022

Post 997: Martini geschüttelt

Der 997. Post.

997 – woran erinnert mich das? Ist das eine Banknummer von mir, eine PIN, eine TAN, ein Password? Ist das eine Telefonnummer? Gut, meine fängt mit 79 an, wie so viele («0-7-9», het sie gseit «Du weisch immer no nüt», het sie gseit, nidmau tschüss het sie gseit, ey – das verstehen jetzt die deutschen Leser nicht, das ist ein Song, in dem der Sänger um die Telefonnummer der jungen Dame bei der Auskunft bittet und sie ihm zynisch die ersten beiden Nummern gibt…) Nein, es ist keine Telefonnummer, es ist eine Nummer, die ich jeden Tag vor Augen habe. Wo bin ich jeden Tag? Natürlich, im Lift. Und tatsächlich ist die Nummer meines Liftes 1437791. Da haben wir es. 779. Nee, das ist ja 779 und nicht 997.
Ich googele.
997 liefert mir einen Porsche: Porsche 997 ist die interne Modellbezeichnung von Porsche für das von 2004 bis Ende 2012 produzierte 911-Modell. Die sechste Generation des 911 ähnelt durch die Wiedereinführung der runden Scheinwerfer stärker dem Urelfer von 1963 als der Vorgänger vom Typ 996. (so Wikipedia). Aber ich interessiere mich nicht für Autos. Erst recht nicht für Porsche – obwohl ich aus seiner Herstellungsstadt komme.

Was ist nun 9 – 9 – 7?
Woran erinnert mich 9 – 9 – 7?
Na klar!!
997 ist so wie 007. Ein Agent seiner Majestät. Angeblich bedeutet ja die Doppel-Null eine «Lizenz zum Töten», ist Quatsch, aber die Idee ist zu schön. Aber wenn 00X die Lizenz zum Töten bedeutet, was bedeutet dann 99X? Was ist das diametrale Gegenteil von Töten? Was könnten die Zahlen heissen? Ich gerate ins Phantasieren:
00X – Lizenz zum Töten. / 11X – Lizenz zum Verletzen. / 22X – Lizenz zum Schlagen.
33X – Lizenz zum Streiten. / 44X – Lizenz zum Disputieren. / 55X – Lizenz zum Schreien.
66X – Lizenz zum Reden. / 77X – Lizenz zum noch mehr Reden. / 88X Lizenz zum Quasseln.
99X Lizenz zum…
zum…
zum…
Schreiben!

Und hier gleite ich vollständig in einen Tagtraum ab:

VORGESCHICHTE
Musik: Dudaduduuuuuuuuuuuuuu – dum di dum di dum di dum di / dum di dum di dum di dum di – damdadadaaa dadada damdadaaaa dadada
Agent 997 sitzt über einem Kreuzworträtsel, er weiss, er hat nur noch Sekunden Zeit, die Bombe zum Schweigen zu bringen. Nur wenn er alles löst, wird der Sprengstoff nicht losgehen. Agent 997 schwitzt und stöhnt. Ein Kampf gegen die Uhr. Hauptstadt von Armenien? – Eriwan. Romanfigur bei Mann? – Krull? Wichtiger Himmelsbote? – das ist das letzte Wort, aber es fällt ihm nicht ein. 9 Sekunden, 8 Sekunden, 7 Sekunden… O Wort, o Wort, das mir fehlt. Dann in letzter Sekunde:
E – R – Z – E – N – G – E – L.

VORSPANN
Der Song des 997-Films ist Words don`t come easy aus den 80ern. Duke Fry, Agent 997 schiebt sich in gewohnt der gewohnten 70er-Graphik mit rotierenden Kreisen und laufender Flüssigkeit (hier natürlich Tinte…) über die Leinwand – und er hält uns natürlich keine Pistole entgegen, sondern einen Kugelschreiber. Darüber die Worte
Rolf Herter
as Duke Fry – Agent 997
in
The Uneasy Words

BEGINN
Duke Fry betritt eine Kneipe, die nur von einer unglaublichen Blondine bevölkert wird. Sie schreibt ziemlich heftig in ein Laptop. Duke geht an die Theke und sagt zur Blondine gewandt: «Mein Name ist Fry, Duke Fry.»

…und hier erwache ich aus meinem Tagtraum und stelle mir zwei entscheidende Fragen:
Kann Schreiben die Welt retten?
Brauchen wir eine Lizenz zum Schreiben?
…und beantworte beide Fragen mit NEIN.

Schreiben kann die Welt nicht retten, es kann wachrütteln, kann aufmerksam machen, es kann Dinge klarstellen, es kann zum Handeln auffordern, aber das Handeln kann es nicht ersetzen. Dies zeigt ja allein, dass bei jeder Konferenz ein DOKUMENT am Ende steht, ein DOKUMENT, in dem alles Mögliche ausgedrückt wird, viel Hoffnung, viel Wille und viel Begeisterung, aber trotz des DOKUMENTES, trotz viel Hoffnung, viel Wille und viel Begeisterung geschieht erst einmal nix. Machen ist wie Denken, nur krasser sagt die Klimastreik-Bewegung. Und das gilt leider auch für das Schreiben: Machen ist wie Schreiben, nur krasser.

Und die Lizenz? Nein, jeder der schreiben will, soll es dürfen. Auch wenn die Gedichte zu Opas 80sten, die wir gelegentlich in z.B. dem Deitinger Wochenboten oder dem Buuser Wochenblatt finden, ein Verbrechen gegen Stil, Rhythmus, Wortschatz und Grammatik sind, wir müssen sie ja nicht lesen.

Und so kehre ich aus meinem Traum in die Realität zurück.
Wobei ich mich als Agent 997 schon geil fühlen würde.
Und ich gehe in meine Stammkneipe, trabe an die Theke und spreche mit heiserer Stimme: «Ein Martini, geschüttelt, nicht gerührt.»



  

 

 

 

 

 

 

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