Montag, 12. Dezember 2016

Wichteln?????



Liebe Onliner,

Sie kennen das wahrscheinlich alle: Man plant eine Weihnachtsfeier, im Kollegenkreis, im Verein, man plant ein Raclette oder ein Fondue, man will vor den Winterferien noch einmal gemütlich zusammensitzen, will noch einmal nett essen und trinken, vielleicht sogar viel essen und viel trinken, auf jeden Fall will man es noch einmal richtig schön haben, und dann erhebt irgendjemand die Stimme und sagt jene unheilvollen Worte, jene Worte, die so viele Raclette, so viele Fondue, so viele Feiern vernichtet haben, er oder sie sagt:

«Man könnte doch wichteln…»

Wenn jetzt nicht eingegriffen wird, sofort eingegriffen wird, derjenige oder diejenige sofort mundtot gemacht wird, gefesselt, geknebelt, mit den verbundenen Füssen in den See geworfen wird, wenn die unheilvolle Idee, die jetzt im Raum schwebt, nicht sofort totgeschlagen wird, vernichtet, gekillt, dann ist die Bescherung da, und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Hier muss gehandelt, agiert werden, und zwar am besten schon beim Atemholen des oder der Betreffenden, besser noch bevor gesagt wird:

«Man könnte doch wichteln…»

Die harmloseste Variante ist hier noch das Schrottwichteln. Hier tut jede(r) einen Gegenstand in den Sack, der von milder oder herber Scheusslichkeit ist, eine Sache, die er oder sie nicht mehr haben will oder nie haben wollte. Alle ziehen dann aus dem Sack und sind gespannt, welches (Un)ding sie da in der Hand halten. Findet man das Präsent genauso furchtbar wie die Person, die es hineintat, so ist nichts verloren, manchmal aber sind die Geschmäcker eben so verschieden, dass man sich extrem freut. Es kann ja sein, dass die Meditations-CD Gesänge der Koalas, die einem nun seit einem Jahr das CD-Regal verpestet, von einem eher esoterischen Menschen mit Freude ausgepackt wird. Es kann ja sein, dass der aufblasbare Bauchmuskel-Trainer, den Sie nie benutzt haben, vom Kollegen Meyer dann doch jeden Tag verwendet wird. Es kann sein, dass die Diddl-Tasse (gibt’s eigentlich noch Diddl-Produkte??) die Tochter der Kollegin Schroeter zu wahren Freudenschreien führen wird.

 «Man könnte doch wichteln…»

Die schlimmere Variante ist das normale Zufallswichteln. Sie funktioniert wie das Schrottwichteln, aber mit Dingen, über die sich der Zieher oder die Zieherin freuen sollte. Was um alles in der Welt tut man jetzt in den Sack? Welches Geschenk ist so formschön, praktisch, abwaschbar und vollkommen zweckfrei, dass es jeder und jedem gefällt? (Natürlich, der Familienbenutzer, aber den gibt es ja nicht…) Alkoholika fallen weg, es gibt immer mehr Abstinenzler, ebenso Süssigkeiten, 50% der Menschen, die ich kenne, sind gerade auf Diät. Ein schöner Duft? Müsste dann aber unisex und relativ neutral sein. Eine Rolle Klebstreifen? Das können nun wirklich alle gebrauchen, aber so etwas schenkt man eben nicht. (Warum eigentlich nicht?) Und wer jetzt meint, ein nettes Buch mit weihnachtlichen Texten, ein Weihnachtsbuch, eine Weihnachts-Anthologie, der oder die hat meinen letzten Post nicht gelesen.

«Man könnte doch wichteln…»

Die allerschlimmste Variante, jene Variante, die schon viele Menschen entzweit hat, die Firmen in Krisen und Vereine in Aus befördert hat, jene Variante, vor der allen graut, jene Variante, die wie die pandorische Büchse, wie die Dose der Götter Unfrieden, Krieg, Seuchen und Katastrophen über die Menschheit brachte, ist das Wir-Losen-Eine(n)-Partner(in)-Aus-Wichteln. Hier zieht man jemand, den man mit einem Präsent glücklich machen darf. Der oder die Arme weiss nicht, von wem das Geschenk kommt, muss aber beim Auspacken in Freudenstürme ausbrechen, weil man ja davon ausgeht, der/die Schenkerin habe sich was gedacht. Gut ist, wenn man den anderen, die andere mag, dann kann man gemäss seinen Hobbys, seinen Vorlieben schenken und ihm wirklich eine Freude machen. Hobbys und Vorlieben sind ja nun seit Facebook, seit Instagram, seit LinkedIn und Twitter, seit der ganzen Sozialmedia kein Geheimnis mehr. Hasst man die Person, hat man zwei Möglichkeiten: Etwas zu geben, was er/sie hasst oder – ganz tückisch und in Mobbing-Betrieben sehr verbreitet – etwas in den Sack zu legen, was ihn/sie entlarvt. So legt man z.B. für den nichtgeouteten, verheirateten Kollegen Schmitz den Kalender Men and Boys 2017 hinein und freut sich auf seine Ehekrise. Oder der Kollegin Suter GARD® Colour Nice Black und stellt damit klar, dass die Achsojunggebliebene eben doch ihre Haare tönt.

So sollten Sie, wenn Sie eine Weihnachtsfeier planen, ein Raclette, ein Fondue, wenn Sie mal gemütlich zusammensitzen wollen, das Jahr noch einmal revue passieren lassen, noch einmal nett essen und trinken, vielleicht sogar viel essen und viel trinken, auf jeden Fall noch einmal richtig schön haben, vorn vorherein die Worte sprechen:

«ES WIRD NICHT GEWICHTELT!»

1 Kommentar:

  1. Absolut iverstande. Und do isch d Problematik vom selber zieh no gar nid agsproche xD
    https://www.docdroid.net/ew5rS2q/wichteln.pdf.html

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