Donnerstag, 15. Dezember 2016

Seminar "Stressfreie Weihnachten"



Ich hatte neulich im Zug eine nette Begegnung. Mein Gegenüber im IC-Restaurant entpuppte sich nicht nur als interessanter Gesprächspartner, Literaturkenner, Opernfan, sondern auch als Mensch mit sehr spannenden Geschäftsideen. Dr. Thomas Neuboldner, Psychotherapeut, Coach, Lebensberater, Dozent und Trainer, bietet Seminare zu diversen Themen an. Zurzeit reist er durch die Republik und bietet eine Veranstaltung an, die er als Anti-Weihnachts-Stress-Seminar bezeichnet, und damit ist natürlich nicht gemeint, dass er Stress macht, um damit eine Anti-Weihnachts-Stimmung zu generieren, sondern dass er daran arbeitet, den Weihnachtsstresse zu minimieren.

Die erste Stunde, so Thomas, wir waren beim Kaffee – und Grappa, ich gebe es ehrlich zu – zum Du übergegangen, müssten die Teilnehmer sich den wichtigsten Fragen stellen und die Antworten auf grosse Packpapiere schreiben:

1)      WAS WÄRE FÜR SIE EIN SCHÖNES WEIHNACHTSFEST?
2)      WAS VERHINDERT EIN GELUNGENES WEIHNACHTEN?
3)      WAS WÜRDE EIN HARMONISCHES WEIHNACHTEN ERMÖGLICHEN?
4)      WAS WÜRDEN SIE 24.12.-26.12. EIGENTLICH GERNE TUN?
5)      WARUM TUN SIE ES NICHT?

Das sei, so Thomas, schon eine grosse Herausforderung, einmal ehrlich zu sich zu sein, einmal frei von der Leber weg zu sagen, zu denken, zu meinen, was Sache sei, hier bräuchten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer (es seien aber doch zu 80% Frauen) viel Ermutigung und Unterstützung. Eine Frau in Freysenhaus-Zumpthof habe dann nach vielem Zögern folgende Antworten geschrieben:

1)      Eines ohne meine Schwägerin.
2)      Meine Schwägerin.
3)      Das Fernbleiben meiner Schwägerin.
4)      Schichter feiern, sonst Im Bett bleiben, lesen, gammeln, dösen.
5)      Weil meine Schwägerin kommt.

Die Schwägerin entlarvte sich als das, was man als «widerlich perfekt» bezeichnen könnte. Sie kennen solche Menschen: Sie haben alles im Griff, haben nirgends Probleme und alles ist gut und edel und schön. Die Gattin des Bruders jener Frau habe, so die Teilnehmerin, einen Lehrstuhl, für Romanistik, zwei wohlerzogene, adrett gekleidete und hübsche Buben, die nicht einmal wissen, was ein Game ist, geschweige denn auf ihren Handys spielen, sie selbst trage stets die neueste Mode und scheine immer gerade von Friseur, Maniküre und Kosmetikerin zu kommen. Besuche man sie, strahle das ganze Haus und auf dem Tisch, der mühelos das Titelbild von HEIM & GARTEN bilden könnte, steht ein selbstgebackener Kuchen, natürlich mit Beeren aus dem Garten und Bio, versteht sich von selbst.
Das Schreckliche sei nun aber, dass jene Schwägerin einen so heftig spüren lasse, dass bei einem selber eben NICHTS stimme, NICHTS perfekt sei, man selber eigentlich die letzte Schlampe sei. Die Blicke, die man bekomme, wenn man es am 23.12. eben nicht zum Coiffeur geschafft habe, wenn die eigenen Jungs bei Tisch versuchen zu gamen, die Blicke, mit denen Tischdekoration, Essen, Kaffee, mit denen Weihnachtsbaum und Kerzen, mit denen Plätzchen und Boden bedacht werden, gingen einem durch Mark und Bein.

Nun stiegen sie, so Thomas beim zweiten Kaffee – und vierten Grappa, ich bin ja geständig – in ein Rollenspiel ein. Eine Teilnehmerin mime die Schwägerin und besagte Frau müsse ihr mitteilen, dass sie an Weihnachten nicht willkommen sei, ein gleiches Gespräch müsse mit dem Bruder geführt werden. Das brauche nun viele Anläufe, Versuche, da müsse man die richtigen Worte finden und lernen, sich auszudrücken.
Thomas gab einen kleinen Auszug zum Besten:

Frau:                   Du lässt nie ein gutes Haar an mir…
Schwägerin:       Ich habe nie etwas gesagt.
Frau:                   Aber du guckst…
Schwägerin:       Ich gucke?
Frau:                   Du guckst. Es ist die Art, wie du im Zimmer herumschaust und alles, was nicht so
                           Perfekt wie bei dir ist, mit diesen kleinen Seufzern belegst.
Schwägerin:       Na ja, die Servietten z.B. sind ja auch nie ordentlich gefaltet.
Frau:                   NA UND? Sie werden nach 23 Sekunden entfaltet. Ich scheisse auf gefaltete
                           Servietten!

Hier werde, so Thomas, viel Energie frei, auch Wut, Zorn, und das sei auch gut so.
Andere Antworten auf seine 5 Fragen brächten natürlich wieder ganz andere Themen und auch Strategien aufs Tapet.
Ich hoffe, dass einige von Ihnen es noch schaffen, den weihnachtlichen Stress zu minimieren. Wer sich für Thomas Neuboldner und seine Seminare interessiert:

oder
                                

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