Dienstag, 6. Dezember 2016

10 Goldene Regeln für den 6.12.



1.)    Kommen Sie nicht auf die Idee, einen Bekannten, Verwandten, den Götti oder den Grossvater, den Onkel oder den Schwager den Samichlaus machen zu lassen. In unserer Zeit, unserer professionalisierten Zeit hat ein solcher Dilettantismus keinen Platz mehr. Richtige Nikoläuse sind geschult, sie haben Kurse besucht, das deutsche oder das schweizerische Nikolaus-Zertifikat erworben und sind über diverse Agenturen buchbar.

2.)    Wählen Sie aus den vielen Möglichkeiten eine gute, seriöse Agentur. Die Stiftung Warentest hat letztes Jahr einige Nikolaus-Agenturen getestet, und die Ergebnisse waren ziemlich mittelmässig. Nur SANTA® (sehr gut) und SAMI® (gut) gingen als brauchbare Vermittler für den Dienst am 6.12. hervor. Alle anderen Anbieter waren im unteren Bereich.

3.)    Meiden Sie Discount-Agenturen. Für 20.- incl. Mwst. bekommen Sie keinen vernünftigen Nikolaus. Die dort eingesetzten Personen sind zum Teil nicht einmal der deutschen Sprache mächtig. Wie soll so jemand, der sich kaum selber verständigen kann, die Korrektheit des Gedichtes kontrollieren? Wie die Gut-Böse-Bilanz korrekt vorlesen?

4.)    Apropos Gedicht oder Lied: Suchen Sie für Ihre Sprösslinge etwas Originelles heraus. Schliesslich wollen Sie das Ganze ja filmen und auf YouTube stellen. Mit Lieber, guter Nikolaus... oder Von drauss’ vom Walde komm ich her locken Sie keinen Hund hinter dem Ofen hervor. Warum nicht mal etwas Modernes, Freches? Einen Rap zum Beispiel? 120000 Klicks werden der Auswahl Recht geben. Oder lassen Sie Lied und Gedicht sein und lassen Sie Benny (4) für den Samichlaus gleich Für Elise spielen. Schliesslich will der Gute ja Konzertpianist werden.

5.)    Apropos Gut-Böse-Bilanz: Bleiben Sie bezüglich der Tatenwertung des Jahres bei herkömmlichen Mustern, Muster, die die Kinder erwarten. Mit «Schön, dass du dem Nachbarn ins Gesicht gespuckt hast.» (Wir hätten es sonst selber tun müssen.) und «Schlecht, dass du schon wieder Klassenbester bist.» (Was für einen Spiesser und Streber haben wir uns da herangezogen?) irritieren Sie die Kleinen sehr.

6.)    Lassen Sie den Nikolaus unter keinen Umständen Äpfel, Nuss und Mandelkern selber mitbringen; wer weiss, wo der liebe Mann einkauft. Stellen Sie sich vor, er bringt das Obst und die Knabberware vom LIDL oder DENNER, und das, wo doch Ihre Söhne und Töchter nur Bio-Produkte gewohnt sind. Dass sich hochgiftige Substanzen wie Schokolade oder Bonbons von vornherein verbieten, muss hier wohl nicht extra erwähnt werden.

7.)    Die Geschenke am 6.12. haben inzwischen Dimensionen erreicht, die vor 30 Jahren selbst am 24.12. nur von VIPs, Millionären und Adligen gestemmt werden konnten; da kommen Sie auch nicht mehr drum herum. Die 1800 Franken oder Euro, die Sie für den Nikolausabend budgetiert haben, sollten allerdings pädagogisch sinnvoll angelegt werden: Keine Games! Keine Elektronik! Warum nicht für Lisette (7) die neue, sehr ansprechende Habermas-Gesamtausgabe, schliesslich will sie ja einmal einen Lehrstuhl für Philosophie? Warum nicht für Roby (5) ein neues Rennvelo? Die Tour de France 2031 kommt schneller als man denkt.

8.)    Buchen Sie bei der Agentur rechtzeitig, damit Sie ein sinnvolles Zeitfenster bekommen. 15.00, 16.00, 17.00 sind zu früh, es ist noch nicht einmal dunkel, und Sie selbst müssen so hetzen und können nach dem Büro nicht einmal mehr ins Fitness-Studio, 18.00, 19.00, 20.00 sind optimal. Danach ist es ganz übel, der Samichlaus ist müde und abgekämpft, ausserdem hat er bei allen Familien ein Gläschen trinken müssen und ist so besoffen, dass er kaum stehen kann. Einen Nikolaus, der ihren Kleinen mit übelster Fahne ein «Scheiss-Gedicht» ins Gesicht lallt, wollen sie denen doch ersparen.

9.)    Apropos: Fragen Sie den Nikolaus, was er trinken möchte. Vielleicht sind Sie die fünfte Familie, und der Gute sehnt sich nach Weisswein (Familie Huber), Rotwein (Familie Müller), Grappa (Familie Klein) und Whiskey (Familie Streller) nach einem starken, duftenden, lebensgeisterweckenden Espresso, einem doppelten.

10.) Warum ich bis jetzt nur von einer Person geredet habe? Das ist die zehnte Regel: Verzichten Sie auf den Schmutzli, den Knecht Ruprecht, oder wie der andere Kerl in Ihren Breiten heisst. Er kostet Sie nur extra, und er macht nichts anderes als dem Heiligen den Sack hinterherzutragen und ein wenig zu brummen. Das ist Zeug aus dem vorigen Jahrhundert, die Zeit der Faktoten ist abgelaufen.

Nun wünsche ich Ihnen ein schönen Abend. 

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