Dienstag, 8. September 2015

Robotik I: Das Dröhnchen


to: hans.manser@bluewin.ch


Werter Herr Manser,
Ich komme noch einmal auf den Vorfall letzten Sonntag im Waldrestaurant “Sonne” zurück. Da wir uns an Ort und Stelle nicht einigen konnten, wäre dringend geboten, uns noch einmal zu treffen und die Angelegenheit zu besprechen. Sie kommen ja um die Tatsache nicht herum, dass Sie mir eine Drohne im Wert von SFr 5000.-  kaputtgemacht haben. Das Gerät war so zerstört, ich muss sogar sagen zerquetscht, zermalmt, dass sich jeglicher Reparaturversuch verbot. Bitte kontaktieren Sie mich schnell.
Mit freundlichen Grüssen Gerd Glubser

to: glubser.g@gmx.ch

Werter Herr Glubser,
Wie ich Ihnen schon damals sagte, habe ich ihr komisches Gerät für eine Wespe gehalten. Dieses Jahr waren diese Biester besonders schlimm und ich kriege einfach Panik, wenn es um mich herum surrt und schwirrt und brummt. Dann haue ich zu. Dass ich bedauerlicherweise Ihren Flugroboter erwischt habe, tut mir leid. Weiteren Handlungs- oder Gesprächsbedarf sehe ich nicht.
Mit freundlichen Grüssen Hans Manser

to: hans.manser@bluewin.ch

Werter Herr Manser,
So leicht kommen Sie mir nicht davon. Sie hauen einfach zu, ja? Tun Sie das auch bei Hunden und Katzen und bei Ihren Kindern und bei Ihrer Frau? Man muss doch hingucken, bevor man einfach die Hand erhebt und zuschlägt. Wenn Sie einen Moment gezögert und einen einzigen Blick gewagt hätten, hätten Sie gesehen, dass das Objekt Ihrer Wut keine Wespe, Biene, keine Fliege oder Bremse, sondern ein technisches Wunderwerk ist, dass Sie in Ihrem Zorn zunichte gemacht haben. Wie gesagt, das Teil hat mich 5000.- gekostet. Bitte lassen Sie uns einen Termin vereinbaren, sonst muss ich die Sache meinem Anwalt übergeben.
Mit freundlichen Grüssen Gerd Glubser

from:hans.manser@bluewin.ch
to: glubser.g@gmx.ch

Werter Herr Glubser,
Der Vergleich hinkt. Natürlich schlage ich im täglichen Leben nicht einfach um mich und treffe dabei Frau, Kind und Katze. Ich schlage um mich, wenn in einem WALDrestaurant mir Dinge um den Kopf brummen, weil das im Normalfall Bienen und Wespen und Bremsen sind, die ich einfach nicht vertrage. Kind und Katze schwirren nicht um meinen Kopf, genausowenig technische Apparaturen, die sich dann als Hightech und Higprice entpuppen. Warum lassen Sie solche Teile nicht auf der freien Wiese los sondern auf einer Kaffeeterrasse?
Verklagen Sie mich ruhig, Sie bekommen keinen Rappen.
Mit freundlichen Grüssen Hans Manser

to: hans.manser@bluewin.ch

Werter Herr Manser,
Ich würde es sehr bedauern, wenn ich Sie verklagen müsste. Das Ziel müsste doch eine aussergerichtliche Einigung sein. Sie haben doch sicher eine Haftpflicht?
Ich wundere mich allerdings, dass Sie ein Mensch zu sein scheinen, der nicht ganz auf der Höhe der Zeit ist. In der Schweiz fliegen in diesen Tagen ca. 20000 Kleinstdrohnen durch die Lüfte. Wie können Sie da noch annehmen, das Gebrumme komme von einem Insekt? Von einer Wespe oder Biene? Ein Mensch, der nicht komplett im 20. Jahrhundert stecken geblieben ist, schaut dann doch nach, wenn es brummt und surrt und schwirrt. Warum ich meine Drohne in Restaurantnähe starte? Sie sollte ja gar nicht NAH an der „Sonne“ fliegen, nein, vielmehr HINEIN. Ich lasse, wenn ich einen Gasthausbesuch vorhabe, immer mein Dröhnchen los, das mir dann Fotos von Kuchen und Torten schickt, sonst weiss ich ja nicht, was auf mich zukommt.
Bitte lassen Sie uns einen Termin machen.
Mit freundlichen Grüssen Gerd Glubser

to: glubser.g@gmx.ch

Werter Herr Glubser,
Die Sache ist erledigt. Die AVENIR-Haft übernimmt die Kosten. Nach Auskunft meiner Sachbearbeiterin ist mein Fall schon der 56. in diesem Jahr. D.h. 55 Leute haben das Geschwirre und Gebrumme dieser blöden Mini-Robots für das von Insekten gehalten. Die AVENIR-Haft hat einen Musterprozess geführt und verloren. Nennen Sie mir Ihre Kontonummer.
Dennoch halte ich Ihr Meine-Drohne-filmt-das-Kuchenbuffet-Gehabe für SINNLOS BESCHEUERT.
Ihr Hans Manser

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