Freitag, 14. Dezember 2012

Intelligente Geschenke und blödes Verkaufspersonal

"Ist dieses Buch für eine achtzigjährige Dame geeignet?", frage ich die Verkäuferin im THALIA. Sie blickt kurz in die Ecke, in der ich stehe (Philosophie und Lebenshilfe) und meint: "Ja, durchaus." "Herr Herter", grinst meine Lieblingsverkäuferin im OLYMPUS & HADES, "eher nicht, aber warum nicht das neue Buch von Dobelli?" Das Buch, das ich in diesem Experiment hochhhielt, war Gespräche mit Sterbenden von Kübler-Ross. Das kann ein Mensch im letzten Lebensabschnitt doch ein bisschen missverstehen.
Als Zwanzigjähriger - und diese Story ist jetzt wahr - wollte ich Haydns Schöpfung in einer Aufnahme mit Originalinstrumenten. Meine Mutter war am Heiligabend sehr enttäuscht, als ich beim Auspacken feststellte, dass es moderne waren. Sie hatte nämlich den Verkäufer viermal gefragt, ob diese CD wirklich, wirklich, aber auch wirklich mit historischen Instrumenten gemacht sei. Er hatte es viermal bejaht, weil auf dem Cover Harnoncourt stand. Allerdings arbeitete zu dieser Zeit der gute Nikolaus auch schon mit modernen, bestehenden Orchestern. Bei Hengelbrock könnte man heute den gleichen Fehler machen.
Liebesgeschenke, bei denen man etwas Spezielles, Besonderes will, setzen geschultes Personal voraus. Oder eine gewisse Hartnäckigkeit. Daher hier ein paar Tipps.
Bestehen Sie darauf, dass das Verkaufspersonal sich den Artikel genau anschaut. Hier gilt die Faustregel: Mit jedem Meter, den der Verkäufer oder die Verkäuferin näher an das Produkt herantritt, vervierfacht sich die Genauigkeit. Manchmal gibt es sogar ganz tolle Typen, die das potentielle Geschenk sogar in die Hand nehmen und - glänzender Gipfel des Glücks! - auspacken! Da sieht man dann solche Hinweise wie mit den Instrumenten.
Gehen Sie in kleine Läden! Es gibt nämlich in Basel Buchhändlerinnen, die selber lesen. Es gibt Sportartikelverkäufer, die selber schwimmen und laufen. Es gibt Gewürzhändlerinnen, die selber kochen, aber nicht in der MANOR.
Wenn Sie doch in ein Massenkaufhaus gehen - und ich rechne THALIA dazu, den DENNER der Literatur, den Buch-ALDI, den COOP für Buchstaben, heute im Angebot: 450 Seiten für nur 20 Rappen pro Seite, beim Kauf von 5 Nikolaus Sparks gibt es einen gratis - dann seien sie wirklich standfest. Das kann dann so aussehen:
"Ich hätte gerne den Steppenwolf in der RoRoRo-Ausgabe." "Rowohlt hat das nicht verlegt." "Ist aber im Verzeichnis, das hinten in den Büchern drin ist." "Das ist nicht auf dem neuesten Stand." "Die schreiben da Bücher rein, die sie nicht im Angebot haben?" "Manchmal schon." "Erzählen Sie das ihrem Goldhamster und schauen Sie jetzt endlich im Computer nach!"
Sie sehen, Liebesgeschenke erfordern Geduld, Kraft, Hingabe und Durchhaltevermögen. Aber sie lohnen sich.
Ich kaufte dann für meine achtzigjährige Dame den neuen Dobelli, in dem es um Denkfehler geht. Denn für Denk- und Handlungsfehler ist man ja nie zu alt.

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