Ok, der Herr Gerer möchte keine Bücher. Ich möchte übrigens
kein Autozubehör – ich habe keinen Wagen. Wie aber schenkt man nun richtig? Wem
schenkt man was? Ich denke, das Wichtige ist, sich zunächst über die Motivation
klar zu werden. Hat man eine eindeutige Motivation, und sei sie noch so fies,
findet man sofort das Richtige. Die Präsentologie (Wissenschaft vom Schenken)
teilt in der Regel in drei Motivationskategorien ein, nämlich das Hassgeschenk,
das Pflichtgeschenk und das Liebesgeschenk. (dazu: Donator, Paul und Giver,
Michael: Einführung in die Präsentologie, Castrop-Rauxel 1998)
Das Hassgeschenk
hat als klare Triebkraft, den Beschenkten zu ärgern. Bei Wilhelm Busch kommen
drei Tanten überein, ihrer Nichte ein Kleid in einer Farbe zu schenken, die
diese nicht leiden kann. Der dritten Tante war das recht:
Ja, sprach sie, mit gelben Ranken
Ich weiss, sie ärgert sich nicht schlecht
und muss sich auch noch bedanken.
Das ist eine schöne, eindeutige Motivation: Ich schenke, um den Mitmenschen zur Weissglut zu treiben. Ich schenke Mozart-Hassern eine Zauberflöten-CD und Vegetariern Bündnerfleisch, ich schenke Pazifisten eine Kalaschnikow und Reisemuffeln ein Flugticket. Eine Steigerung ist das Enttäuschungsgeschenk: So kann man zum Beispiel seinem schwulen Kumpel eine Karte für eine Men-Strip-Show schicken, erst beim Einlass wird er merken: Women only. Oder diese wunderbare DVD des Albanischen Kultregisseurs Tochu Manndru, da funktionieren die Untertitel nicht.
Das Pflichtgeschenk
ist eine Gabe nach dem Motto: Ich muss doch irgendetwas mitbringen. Hier eignen
sich Geschenkartikel. Der Geschenkartikel ist eine Erfindung des
20. Jahrhunderts. Bis dahin schenkte man Dinge, die eine Funktion hatten, sie
sollten gelesen, gegessen, getrunken, gehört oder gespielt werden, der Geschenkartikel
hat nur die Aufgabe, geschenkt zu werden. Er wird in speziellen Läden
verkauft, schillernde kleine Teile, die sich drehen und hüpfen und jeder fragt:
„Was soll ich denn damit?“ Ja, nichts, du sollst ihn geschenkt bekommen, damit
hat es sich. Der Geschenkartikel
erfüllt seine Aufgabe im Akt des Schenkens, dann kann er in den Schrank.
Erfinder dieser tollen Sache ist Loriot. Wer erinnert sich nicht an den Familienbenutzer? Formschön, abwaschbar
und vollkommen zweckfrei, GELL?
Das Liebesgeschenk
ist das Schwierigste: Es soll dem anderen Menschen Freude machen. Es ist so schwer, da etwas Passendes zu finden. Aber warum eigentlich?
Warum fragen wir nicht einfach mal: Du als Büchernarr – magst du Walser? Du als
Beatles-Fan – hast du schon die Aufnahme, wo Lennon Didgeridoo spielt? Du als
Sportler – es gibt jetzt die neue ADIDAS-Kollektion in Minzgrün und
Schweinchenrosa. Also nicht fragen: „Was wünschst du dir?“, sondern: „Könnte
dir das gefallen?“
Das ideale Präsent ist natürlich die Einführung in die Präsentologie,
denn sie erfüllt alle drei Funktionen: Sie sagt:
…so sehr habe ich mir Gedanken über das Schenken gemacht.…ich musste ja was mitbringen
…damit du mal endlich – zum ersten Mal seit 2003 – etwas Anständiges schenkst!
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