Freitag, 7. Februar 2025

Bitte kein AfD-Bashing mehr!

Ich habe am Anfang der AfD einige böse Dinge über sie geschrieben. Nun habe ich mich – und das wunderte Sie (jetzt grossgeschrieben) vielleicht – seit langem, langem, langem nicht am kollektiven AfD-Bashing beteiligt. Und zwar aus einem Grund: Ich möchte nicht, dass die AfD noch stärker wird.
Sie haben ganz richtig gelesen, ich halte das alles für kontraproduktiv. Sie wissen, was kontraproduktiv meint? Das ist, wenn es mehr schadet als nutzt.

Das kontraproduktive Verhalten ist wohl eine typische menschliche Sache.
Kein Tier könnte sich das erlauben. Was würde passieren, wenn ein Löwe brüllt, wenn er sich an die Antilope anschleicht? Genau, sie würde wegrennen. Und wenn der Löwe das immer und ständig macht, dann verhungert er. Natürlich brüllen Löwen, sie brüllen laut und kräftig, aber eben nicht beim Anschleichen.
Das schönste Beispiel sind alle Parasiten, sie nutzen das Wirtstier aus, aber eben nur so weit, dass es den Wirt nicht völlig tötet. Das wäre kontraproduktiv, denn stirbt der Wirt, stirbt der Parasit auch…

Eine der kontraproduktivsten Einrichtungen ist wohl die katholische Kirche.
In Zeiten der Aufklärung und Rebellion, in Zeiten des Eigen-Sinns und der Auflehnung sind alle ihre Verbote ja fast Einladungen. Im 19. Jahrhundert galt es bei manchen Literaten als eine Auszeichnung, auf dem «Index Librorum Prohibitorum», auf der Liste der verbotenen Bücher zu stehen. Ja, man besorgte sich den Index als Empfehlungsliste, so wie man sich heute die SWR-Bestenliste herunterlädt, oder wie man auf die Longlists und Shortlists der Bücherpreise achtet, so wie man die Podcasts und Videos diverser Literaturkritiker anschaut.
Und dieses Index-Gucken war auch unter Klerikern weit verbreitet, wie ein Schüttelreim aus dem Neunzehnten Saeculum zeigt:

So mancher, den die Stola ziert,
Vergnügt in seinen Zola stiert.

Wir alle kennen ein kontraproduktives Verhalten aus unseren Jugendtagen:
Es ist 23.30 und man sitzt vor dem Fernseher und man ist müde und man will eigentlich ins Bett. Morgen ist wieder Schule, man wird eh schon unausgeschlafen sein und halb zwölf ist höchste Zeit. Und der in der Programmzeitschrift angekündigte Film «Über allen Wassern und Tiefen» klingt nach Langeweile. Aber dann…
Aber dann…
Aber dann erscheinen die magischen, die aufrüttelnden, die weckenden Worte:

DIE NACHFOLGENDE SENDUNG IST FÜR JUGENDLICHE UNTER 18 JAHREN NICHT GEEIGNET

Und natürlich bleibt man jetzt wach. Trotz Müdigkeit. Trotz Schule. Trotz allem. Denn «Über allen Wassern und Tiefen» scheint ja pornografische Szenen zu haben, oder Blut und Gewalt. Oder – noch besser! – beides. Und die Jugendschutzbehörde hatte das Gegenteil von dem erreicht, was sie wollte.

Ein schönes Beispiel bringt auch Böll in seinem «Haus ohne Hüter»: Irgendjemand schreibt immer in den Hausflur ein hässliches, obszönes Wort. Und der im Haus wohnende Tischlermeister kratzt es mit einem Nagel wieder aus. Und der Unbekannte schreibt es wieder. Und der Schreiner kratzt es aus. Ein stummer Kampf. Und durch diesen stummen Kampf hat sich das Wort immer weiter, immer weiter, unauslöschlich in die Wand gegraben.

Sehen Sie, genauso ist es mit dem AfD-Bashing.
Die AfD wird niedergemacht und schlecht hingestellt und geprügelt und gebasht – und sie wird immer stärker. Gerade die letzte Aktion im Bundestag hat ja vor allem der CDU geschadet und nicht ihnen. Es ist eine wirklich spannende Frage, warum man die Strategien nicht ändert, wenn man merkt, dass sie absolut nutzlos sind. Wem würde eine Verbotskampagne nützen? Klar, der AfD, denn sie wäre ja das Opfer. Abgesehen davon, dass man sich gar nicht ausmalen kann, was geschehen würde, wenn das Verfahren scheitert.

Ich denke, wir kommen nicht umhin, in jedem Einzelthema die lieben Damen und Herren unter die Lupe zu nehmen. Und zwar ohne Bashing und ohne Hass:
Traditionelle Familie als Leitbild.
Was heisst das für mich als Schwulen? Konkret? Wieder §175? Oder einfach in der Öffentlichkeit nicht mehr Händchenhalten? Alles schlimm genug.
Windkraft abschalten.
Und das obwohl schon ein eklatanter Teil der Energie aus der Windkraft kommt? Und die Windräder dann abreissen? Und das alles umweltkonform?
EU-Austritt.
Super Idee? Eine bessere Idee wäre – wie die Schweiz – gar nicht reinzugehen und verhandeln, verhandeln, verhandeln. Aber ist «Wir wollen, dass Deutschland vor 70 Jahren die EWG nicht mitgründet» ein sinnvolles Wahlziel?

Ich habe am Anfang der AfD einige böse Dinge über sie geschrieben. Nun habe ich mich – und das wunderte Sie (jetzt grossgeschrieben) vielleicht – seit langem, langem, langem nicht am kollektiven AfD-Bashing beteiligt. Und zwar aus einem Grund: Ich möchte nicht, dass die AfD noch stärker wird.



 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

         

 


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