Freitag, 27. Dezember 2024

Musik zu Weihnachten

Liebe Leserin, lieber Leser
hatten Sie eigentlich schöne Musik an Weihnachten? Weihnachtliche Musik? Musik zum Christfest? Wenn ja, dann war das sicher schön.

Obwohl…
Was nun wirklich weihnachtliche Musik ist, da gehen die Meinungen ja sehr auseinander. Wenn man eine Umfrage auf der Strasse machen würde, dann würden die Antworten von «Jauchzet, Frohlocket!» über «Stille Nacht» und «O du fröhliche» bis zu «Jingle Bells» und «Last Christmas» reichen.
Einig wären sich alle Befragten wahrscheinlich in einem: Musik zu Weihnachten, weihnachtliche Musik ist harmonisch und melodiös.

Hatten Sie eigentlich schöne Musik an Weihnachten? Weihnachtliche Musik? Musik zum Christfest? Was verbinden Sie mit diesen Begriffen? Haben Sie Bach oder Corelli gehört oder gar Schoenberg?

Man kann bei der Klassischen Musik ja die ganze Sache so auf den Punkt bringen, dass die Zuhörerinnen und Zuhörer jegliche Art von Barockmusik als EXTREM weihnachtlich empfinden und jede Art von Musik NACH 1900 NICHT. Warum das so ist, weiss ich nicht, vielleicht denken wir, weil Mister Corelli eben dieses Concerto grosso in g-Moll geschrieben hat, das in einer Pastorale endet (kennen Sie: daa-da-daa-da-dadada-daa-da-dadada-daa-da…), sei jedes seiner Concerti grossi ein Weihnachtsstück, bei Bach und Händel ist das ähnlich.
Warum wir so denken, da könnte man sich jetzt lange austauschen, vielleicht erliegen alle Zuhörer beim Anhören von Telemann und Purcell einer Art weihnachtlichen Synästhesie – und wir wissen, dass Synästhesie sich auf dem schmalen Grad zwischen Genialität und absolutem psychischem Irrsinn bewegt – einer Art weihnachtlicher Synästhesie, die Barock-Kammermusik und Renaissance-Doppelchörigkeit sofort mit Duft nach Zimt, Anis, Nelken und Mandeln und mit dem Anblick von Kerzen und Tanne verbindet.

Umgekehrt wollen wir natürlich nix Modernes zu Weihnachten. Ein befreundeter Chorleiter hatte zum 25. Dezember 2024 in seiner Kirche Anton Webern Kantate I geplant. Er fand, das passe sehr gut, denn im Evangelium ginge es ja um das Wort («Im Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott und Gott war das Wort…») und im Kantatentext von Hildegard Jone auch («Zündender Lichtblitz des Lebens schlug ein aus der Wolke des Wortes…»). Sein Pfarrer hatte das genehmigt, weil er das «N» im Namen des Komponisten nicht gehört hatte und dachte, es sei ein Stück von CARL MARIA VON geplant. Ich konnte meinem Kumpel das (wunderbare und herrliche) Werk ausreden, es hätte zu mindestens 100 Kirchenaustritten geführt, eine Anzahl, die sich in dieser Zeit keine Gemeinde mehr erlauben kann.

Musik zu Weihnachten…
Viele der populäreren Stücke sind ja eigentlich gar keine Weihnachtssachen mehr. In «Jingle Bells» geht es ums Schlittenfahren, im meistverkauften Christmas-Song aller Zeiten geht es um «White Christmas» (also auch um Schnee), und in «Last Christmas» und in «Alle I want for Christmas» geht es um die Liebe.
Hier hat die Plattenindustrie – das muss man jetzt einmal so ganz fies und polemisch und pointiert sagen – das erreicht, was die Nazis nicht geschafft haben: Das Christliche und Jesushafte aus den Weihnachtsliedern zu verbannen. So wurden dem schönen Lied «Es ist für uns eine Zeit angekommen» die Verse, die vom Heiland berichten, gestrichen und Winterverse über das weite Feld und den Schnee eingefügt, Verse, die übrigens immer noch in der BRD kursieren, ich habe das eigentliche Lied erst in der Schweiz kennengelernt.
Und dann schrieb man ein unsägliches Liedmachwerk, das auch immer noch in den Liedbänden des Bärenreiter-Verlags steht:

Hohe Nacht der klaren Sterne, die wie helle Zeichen steh'n
Über einer weiten Ferne, d'rüber uns're Herzen geh'n
Hohe Nacht mit großen Feuern, die auf allen Bergen sind,
Heut' muss sich die Erd' erneuern, wie ein junggeboren Kind!
Mütter, euch sind alle Feuer, alle Sterne aufgestellt;
Mütter, tief in euren Herzen, schlägt das Herz der weiten Welt!

Damals hat das nicht funktioniert, die meisten blieben bei ihren Luther-Chorälen und bei der Stillen Nacht, bei Krippe und Propheten, bei Lukas und den Hirten, heute geht die Saat auf, und wir trällern «Jingle Bells» und «White Christmas» und «Last Christmas» und «All I want» und merken gar nicht, dass das Jesuskind längst aus unseren Liedern verschwunden ist.

Liebe Leserin, lieber Leser
hatten Sie eigentlich schöne Musik an Weihnachten? Weihnachtliche Musik? Musik zum Christfest? Wenn ja, dann war das sicher schön.
Ich hatte übrigens «Jauchzet, Frohlocket» am 24. Und das Schöne war, die Musik war haargenau so, wie ich sie gerne habe.
Wie das ging?
Nun, ich habe selber dirigiert.

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