Dienstag, 24. Oktober 2023

Herbstreisen (1) - Die Balance

Wie geht es eigentlich Ihrer Balance? Haben Sie sich in den letzten Monaten mal um ihre Balance gekümmert?

Also, ich hatte mich ja auch nie so um Balance gekümmert, das sehe ich daran, dass das Wort in all den Posts nur einmal auftaucht, und da auch in einem völlig verqueren Zusammenhang, als englische Übersetzung für «Heuwaage», «Hay Balance».
Aber nun ging es richtig zur Sache, denn wir waren in Bernau im Schwarzwald im «Haus der Balance», und nun habe ich meine Balance gefunden. Oder ich glaube zumindest, sie gefunden zu haben.

Ich habe ja seit einiger Zeit, einigen Monaten, ja eigentlich seit einigen Jahren Problemen mit der Balance. Ich kann nicht mehr so wie früher auf einen Stuhl klettern und dort auf einem Bein stehen, jedenfalls nicht für längere Zeit. Die Menschen, denen ich von diesem Problem berichte, schlagen mir «Alter» oder «Alterserscheinung» als Lösung vor, das will ich aber nicht hören, das kann sicher nicht sein. Es muss andere Gründe haben. Nun hoffe ich doch sehr, dass sich im «Haus der Balance» dieses Problem gelöst hat, ich werde gleich nachher auf einen Stuhl steigen, ein Bein an das andere anwinkeln und in dieser Yogaposition eine halbe Stunde verharren…

Wie geht es Ihrer Balance? Haben Sie Ihre Balance im Griff?

Balance kann ja ganz verschiedene Bereiche betreffen. Und die Einstellungen dazu ändern sich auch. Früher war man zum Beispiel der Meinung, im finanziellen Bereich sollte eine Ausgewogenheit zwischen Ausgaben und Einnahmen bestehen. Heute besteht eher – Sie verzeihen mir das blöde Wortspiel – eine Balance zwischen Eingaben und Ausnahmen, man gibt einen Wunsch ein, und der Finanzsektor macht eine Ausnahme. Hierbei wird nun wieder darauf geschaut, dass alle abstrusen Wünsche gut ausbalanciert und im Lot sind. Bekommt das Militär 10 Milliarden (die man nicht hat), bekommt auch die Kultur 10 Milliarden (die man nicht hat). Erhalten die Autobahnen 20 Milliarden (die man nicht hat), erhalten auch die Schulen 20 Milliarden (die man nicht hat). Das nennt man dann einen ausgewogenen Haushalt. Und der Finanzminister erklärt das dann alles so ruhig, so besonnen, so gelassen, dass man annehmen muss, dass er eine Woche Yoga im «Haus der Balance» gemacht hat; oder er nimmt Drogen. Wer weiss.

Wie geht es Ihrer Balance? Ist alles ausgewogen bei Ihnen?

Work-Life-Balance, das ist ja auch so ein Stichwort. Gab es früher auch nicht. Oder nein, es gab sie viel mehr als heute, aber man nannte das nicht so. Meine Grossmutter sagte immer beim Wirtschaften:
Wir arbeiten langsam und gediegen
Und was nicht fertig wird, bleibt liegen.
Das war eigentlich gut ausbalanciert. Dann kam in den 90er das Stichwort auf, aber je mehr man sich darum kümmerte, umso mehr verschwand das. Eines von verrücktesten Dingen war ein Workshop zum Thema «Work-Life-Balance», den die Firma, in der ein Freund arbeitete, anordnete. Die Fortbildung – natürlich geleitet von einem Coach, der aus San Francisco eingeflogen wurde und mit Flug, Hotel und Gage so mal locker 60ˋ000,-- verschlang – war an einem Donnerstag und an einem Freitag, blöd war jetzt, dass mein Bekannter nur Mo-Mi am Arbeitsplatz war. Seine Weigerung, zur Fortbildung «Work-Life-Balance» zu gehen, begründete er mit eben dieser Balance, einem Argument, dem man nichts entgegensetzen konnte…
Nein, wir sind natürlich weit von einer Balance entfernt. Die wäre erreicht, wenn einen die Chefinnen und Chefs nicht mehr am Sonntagmorgen aus den Federn klingeln würden. (Was meine nicht tun!)

Wie geht es Ihrer Balance? Waren Sie auch schon in einem Balance-Hotel, einem «Haus der Balance», einem Balance-Camp?

Wenn Sie Musikerin oder Musiker sind, dann haben Sie ja viel mit Balance zu tun. Schon wenn Sie in einem Chor singen, dann kennen Sie das: Der Mensch, der diesen Chor leitet, geht irgendwann «hören», sprich er begibt sich in den Saal oder die Kirche und «hört», ob der Chor zu hören ist, meistens ist er es nicht, weil das Orchester zu laut ist, man hat sich aus Prestigegründen ein 50köpfiges Monstrum geleistet, dass die Stimmen total übertönt. Und dann kommt das:
Orchester ist zu laut…
Orchester leiser…
Blech zu laut…
Blech leiser…
Selten bekommt man zu hören, dass der Chor schlicht und einfach zu leise ist. Warum muss es auch ein Riesenorchester sein, wenn man mit 20 Nasen die Balance hätte? Wäre ja auch historisch richtig, oft.

Ich hatte mich ja auch nie so um Balance gekümmert, das sehe ich daran, dass das Wort in all den Posts nur einmal auftaucht, und da auch in einem völlig verqueren Zusammenhang, als englische Übersetzung für «Heuwaage», «Hay Balance».
Aber nun ging es richtig zur Sache, denn wir waren in Bernau im Schwarzwald im «Haus der Balance», und nun habe ich meine Balance gefunden. Oder ich glaube zumindest, sie gefunden zu haben.

So viel für heute. Jetzt stelle ich mich in Yogaposition auf den Stuhl. Ich schreibe dann, wie es war. Falls ich mir den Arm breche, gibt es wieder eine Blogpause.



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