Freitag, 16. Juli 2021

Was testet ein Quiz wirklich?

 Ich mache ein Quiz über das Königreich Württemberg:

Wer installierte das Königreich Württemberg?
Napoleon (S) Caesar (Z) Karl der Grosse (M) Friedrich der Grosse (U)
Wie hiess der Geliebte von Karl I.?
Woodstock (L) Woodstar (M) Woodcock (P) Woodman (S)
Aus welchem Land kamen die württembergischen Regentinnen?
Frankreich (M) Russland (I) Niederlande (P) Österreich (F)
In welches Gebäude zog Wilhelm II. um?
Wilhelmshaus (U) Königsbau (F) Altes Schloss (D) Wilhelmspalais (T)
Wo starb er?
Bebenhausen (Z) Karlsruhe (I) Heilbronn (T) Ulm (R)
Die Antwort ergibt ein Tier, das in der württembergischen Geschichte auftaucht.

Während ich noch grüble und notiere, schaut mir meine Kollegin Flora über die Schulter: «Napoleon, Woodcock, Russland, Wilhelmspalais, Bebenhausen.» Ich glotze sie entgeistert an, Flora ist eine in Basel geborene Seconda mit italienischen und spanischen Wurzeln. Sie weiss viel über Italien, Spanien und die Schweiz, aber woher kennt sie auch die Geschichte auf der anderen Seite der Grenze? Flora grinst: «Kann von den Buchstaben nicht anders sein.»
Ich stutze, ich überlege, ich schaue hin und ich bemerke, dass sie recht hat.

Napoleon ist klar, den muss man wissen. Ist aber auch logisch, denn der hat ja ganz Europa neu geordnet (auch die Schweiz…) Dann kann man sich aber weiterhangeln: Nach einem S geht nur ein P, Sl, Sm, Ss sind keine Wortanfänge. Nun brauchen wir unbedingt einen Vokal, also Spi…
Und dann geht es weiter: Spiu, Spif und Spid sind zwar phonetisch möglich, es gibt aber keine deutschen Worte, die so anfangen, wohl aber Spit, daraus machen wir mit dem Z einen Spitz und haben die Hunde von Wilhelm II. (Wir erinnern uns: Jeden Morgen ging der Monarch, der eigentlich mehr ein Grossbürger war mit seinen Hunden im Schlosspark spazieren und die Bürger, die ihm begegneten, grüssten ihn mit «Guta Morga Herr Keenig», nicht etwa mit «Majestät»)

Was sagt uns nun diese Geschichte?
Das Rätsel wollte eigentlich das Wissen über die Geschichte des Königreichs Württemberg testen, im Falle Floras testet es aber das Wissen über Linguistik. Flora hat keinen blassen Schimmer von der Historie jenseits der Grenze, aber sie hat viel Ahnung von deutscher Phonetik. Das wollten wir aber damit nicht testen. Und nun kommen wir zur entscheidenden Frage: Was ist der richtige Weg, um bestimmtes Wissen oder bestimmte Sachverhalte zu testen?

Bei einer Einbürgerung könnten drei Fragen die Einstiegsfrage sein, welche ist die beste?
- Wo kaufen Sie guten Käse, gute Krawatten und gute Stifte ein?
- Wann wurde die Kathedrale erbaut?
- Nennen Sie die 8 Museen der Stadt.
Die erste Frage ist die beste, sie kann man nicht googeln. Ein Ami klagte in der Innerschweiz gegen diese Frage – und bekam unrecht: Das Wissen um Einkaufsmöglichkeiten zeige ganz klar, ob jemand sich regelmässig in der Gemeinde bewege oder ob er oder sie nur zuhause hocke und Käse, Krawatten und Stifte bei Amazon® oder Galaxus® bestelle. Zudem zeige es auch, ob man soziale Kontakte zu Schweizern, zu Einheimischen habe, denn wo man bestimmte Sachen bekommt, ist ja eine Frage die man Insidern, Bewohnern, Einheimischen stellt.

Was ist der richtige Weg, um bestimmtes Wissen oder bestimmte Sachverhalte zu testen?
Wir haben uns daran gewöhnt, dass die üblichen Corona-Tests eine Infizierung mit Covid19 beweisen. Das tun sie natürlich nicht, um eine wirkliche Viruslast nachzuweisen, muss man Bluttests machen, bei heiklen Fällen (Aids! Aids! Aids!) macht man sogar zwei.

Was ist der richtige Weg, um bestimmtes Wissen oder bestimmte Sachverhalte zu testen?
Bei den Flüchtlingen versagen unsere Verfahren dann gleich ganz. Da wir einen Aufenthalt an eine Verfolgung koppeln, sagt z.B. Achmed (30, aus dem Sudan), dass er als Homosexueller mit dem Tod rechnen müsse. Wie testen wir nun die Schwulheit von Achmed? Bilder zeigen und bestimmte körperliche Reaktionen dokumentieren? Jene körperlichen Reaktionen, die in Stresssituationen einfach versagen? Oder wie sonst?

Ich glaube, dass ganz häufig Menschen richtige Antworten wissen, obwohl sie von dem, was getestet werden soll, keinen blassen Schimmer haben.

Ich mache ein Quiz über das Königreich Württemberg und während ich noch grüble, guckt mir meine Kollegin Flora über die Schultern: «Napoleon, Woodcock, Russland, Wilhelmspalais, Bebenhausen.» Ich glotze sie entgeistert an, sie weiss viel über Spanien, Italien und die Schweiz, aber woher kennt sie auch die Geschichte auf der anderen Seite der Grenze? «Kann von den Buchstaben nicht anders sein.»







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