Freitag, 23. Juli 2021

Helikoptereltern - Blogpause

Es gab sie immer schon. Es gab sie schon in meiner Jugend, während der Kindergartenzeit, während der Grundschule und des Gymnasiums. Und schon während der Kindergartenzeit, während der Grundschule und des Gymnasiums bevölkerten sie die Elternabende und Sommerfeste, die Sprechzeiten und Abschlussfeiern:
Die Helikoptereltern.
Aber sie waren in der Unterzahl.
Wenn ich mich an meine Kindergartenzeit, Grundschule und Gymnasium erinnere, an die Elternabende und Sommerfeste, die Sprechzeiten und Abschlussfeiern, dann kommen mir nette Situationen und Geschichten in den Sinn, in denen es die Heli-Eltern gab, aber diese eher komische Nummern waren.

Beim ersten Elternabend des Gymnasiums (für meine Schweizer Leser: man ist dann 10) bat eine Mutter den Sportlehrer, nach dem Schwimmunterricht doch jedem Schüler und jeder Schülerin eigenhändig die Kappe aufzusetzen, ihre Tochter habe neulich eine Erkältung wegen nasser Haare in der kalten Luft bekommen.
Es vergingen ein paar schweigsame Sekunden, dann fingen alle Väter und Mütter an zu lachen, sie kugelten sich, wälzten sich auf dem Boden, sie schlugen auf die Tische, sie schrien und johlten und die Tränen liefen ihnen über die Wangen.
Dann sagte der Sportlehrer, er könne und wolle (!!!!) bei einer Klassenstärke von 35 (war damals so!) nicht jede und jeden einzeln kontrollieren, er sage zweimal: „Zieht eine Mütze an, ihr habt nasse Haare und es ist kalt.“ Und das war es.

Vor dem ersten Ski-Schullandheim bat ein Vater, ihn doch täglich anzurufen, sein Sohn habe manchmal kleinere Probleme und Sorgen, zum Beispiel habe er sehr grosse Angst vor dem Liftfahren.
Wiederum das gleiche Bild: Alle Väter und Mütter fingen an zu lachen, sie machten Rollen vorwärts und rückwärts, kugelten sich, lagen auf dem Boden, sie schlugen auf die Fenster und Wände, sie schrien, grölten und johlten und Tränen liefen ihnen über die Wangen.
Dann schlug der Klassenlehrer vor, er werde den Vater anrufen, wenn es dem Sohnemann NICHT gut gehe. 10 Minuten Applaus von der Elternschaft, der Vater verliess erbost den Raum.

Diese Geschichte gehört nicht in meine Schulzeit, aber ist auch sehr nett.
Frau Daum, Frau Herter (meine Mutter) und Frau Schölzel – das sind alles echte Personen – standen bei Frau Striffler, unserer Bäckerin, im Laden. Erbost berichtete Frau Daum, ihr Sohn sei diesen Morgen erst um 6.00, dazu leicht angetrunken, nach Hause gekommen. Auf die zarte Nachfrage meiner Mutter, wie alt den der Herr Daum sei («so jung kann er doch nicht mehr sein, Frau Daum???»), erwiderte diese: «24. Aber das tut nichts zur Sache.»
Wieder ein Ähnliches: Alle lachten, sie wälzten sich auf dem Boden, sie warfen mit Torten und Kuchen, sie schlugen auf die Theke, sie schrien und johlten.
Und man musste Berta Daum klar machen, dass ihr Sohn erwachsen sei.

Es gab sie immer schon. Es gab sie schon in meiner Jugend, während der Kindergartenzeit, während der Grundschule und des Gymnasiums. Und schon während der Kindergartenzeit, während der Grundschule und des Gymnasiums bevölkerten sie die Elternabende und Sommerfeste, die Sprechzeiten und Abschlussfeiern:
Die Helikoptereltern.
Aber sie waren in der Unterzahl.

Seit wann hat dieses Phänomen so zugenommen?
Seit wann ist ein Verhalten wie oben geschildert normal?
Seit wann gelten Eltern, die sich NICHT so verhalten, als sozial gefährdet?
Und vor allem: Warum?
Vielleicht ist hier – wie bei so vielen Dingen – unsere weltweite Vernetzung mit Schuld.

Wir schauen Videos an, in denen uns Ärzte erklären, wie gefährlich es ist, wenn Kinder auf dem Bett (oder auf dem Sofa) Trampolin springen, dazu zeigt man Ausschnitte von Buben und Mädchen, die stürzen und verunglücken, Knochen splittern und Beine brechen und wir lassen unsere Kinder nie mehr solche Dinge tun.
Dabei sind wir selbst unendlich oft auf allen Dingen gehopst, sind auch mal gestürzt, es gab blaue Flecken, aber das war es.

Wir lesen Berichte, in denen Kinder von Hunden und Katzen verletzt werden, Berichte, in denen Schildkröten und Hamster, Wellensichte und Fische Kindern lebensbedrohliche Wunden zufügen. Und natürlich werden wir unsere Kinder nie in solche Gefahr lassen. Werden wir sie nie in die Nähe von Hunden und Katzen, Schildkröten und Hamstern, Wellensichten und Fischen lassen, obwohl wir selbst JEDES Tier, auch Wildsäue und Hirsche streichelten und nie etwas passierte.

Es gab sie immer schon. Es gab sie schon in meiner Jugend, während der Kindergartenzeit, während der Grundschule und des Gymnasiums.
Die Helikoptereltern.
Die Eltern, die ihre Kinder am liebsten immer an der Leine geführt hätten.
Aber sie waren in der Unterzahl.

Jetzt machen wir erst einmal eine Sommerpause bis zum 13. August, am 17. August geht es weiter.










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